Bauarbeiten für die neue Thierschbrücke beginnen
Ersatzbrücke soll Ende September stehen – Radler und Fußgänger müssen sich Kiesweg bis Mai 2019 teilen
LINDAU-INSEL - 116 Jahre lang hat die Thierschbrücke Lindau gedient – nun ist es vorbei. Weil das in die Jahre gekommene Bauwerk nicht mehr tragfähig genug ist, muss es abgerissen und neu gebaut werden. Damit Radler und Autofahrer aber auch künftig problemlos auf die Hintere Insel kommen, wird zunächst eine Ersatzbrücke entstehen. Am Montagvormittag haben die Beteiligten Lindaus nächste große Baustelle eröffnet.
„Es ist ein ganz wichtiges Bauprojekt“, sagte Oberbürgermeister Gerhard Ecker. Die Thierschbrücke habe Lindau seit 1901 treue Dienste geleistet. „Jetzt ist sie nicht mehr sanierungsfähig, deswegen soll eine neue Brücke entstehen.“
Gebaut wird die neue Brücke nach den Plänen der Bewerbergemeinschaft der Büros Dr. Schütz Ingenieure aus Kempten, Kolb Ripke Architekten und NRT Landschaftsarchitekten aus Marzling. Sie hatte mit ihrem Entwurf einer Brücke mit wellenförmigem Geländer beim Wettbewerb für eine neue Thierschbrücke zwar nur den zweiten Platz belegt, der Plan überzeugte schließlich aber, weil er wesentlich günstiger war als der Siegerentwurf. Außerdem schone er die Bäume.
Trotzdem mussten im Februar insgesamt 40 Bäume vor allem für den Kreisverkehr an der Einmündung der Zeppelin- in die Zwanziger Straße und für die Behelfsbrücke fallen – darunter waren wie berichtet auch einige gesunde und stämmige Kastanien und Linden. Vier weitere Bäume konnte die Stadtgärtnerei versetzen. Wenn die Bauarbeiten abgeschlossen sind, wollen Stadt und Bahn die gleiche Zahl von Bäumen an der neuen Thierschbrücke wieder pflanzen.
Die Bäume auf der Lindenschanze haben zum Schutz vor den Bauarbeiten eine Art Schürze aus Holzlatten verpasst bekommen. Meinrad Gfall, Leiter der Stadtgärtnerei, bezeichnete diese Art von Baumschutz am Montag als sehr gelungen – und wichtig. „Die Bäume hier oben sind wunderschön“, sagte er.
Doch nicht nur die Bäume liegen dem Stadtgärtner am Herzen: Gfall verwies darauf, dass man schon beim Bau der ersten Thierschbrücke 1901 Wert darauf gelegt habe, dass die Schanzen erhalten bleiben. „Das ist auch jetzt so“, sagte er. „Die Schanzen sollen der Eingang zur Gartenschau werden.“
Gerhard Pahl, geschäftsführender Gesellschafter der Firma Dr. Schütz Ingenieure, zeigte sich beeindruckt davon, dass die alte Thierschbrücke mehr als hundert Jahre gehalten hat. „Die Brücke wurde gebaut, als auf der Erde 1,5 Milliarden Menschen lebten und die Lebenserwartung bei 50 Jahren lag“, sagte er. Trotzdem habe man schon damals eine Brücke konstruiert, die hundert Jahre gehalten habe. „Wir haben die neue Brücke auch für hundert Jahre konzipiert.“Wie Lindau dann aussehe, das würden allerdings höchstens die Kinder des Maria-Ward-Kindergartens erleben, die ebenfalls zum Spatenstich gekommen waren. Pahl sagte, er sei sich bewusst darüber, dass der Bau der neuen Thierschbrücke ein besonderes Projekt „von ungemeiner historischer Bedeutsamkeit“sei. „Der Spatenstich ist der Meilenstein, bei dem die Phase der Vorbereitung und Planung in die Phase der Ausführung übergeht“, sagte er. „Planen kann man ewig, beim Spatenstich wird es ernst.“
Radler und Fußgänger müssen sich Kiesweg bis Frühjahr 2019 teilen
Und ernst wird es nun tatsächlich: Die Baustelle ist bereits eingerichtet. Ende September soll laut Patricia Herpich von der Pressestelle der Stadt die Ersatzbrücke stehen, damit im Oktober die alte Brücke abgerissen werden kann. Die Gesamtkosten für das Projekt liegen laut Herpich bei 9,4 Millionen Euro, wovon die Stadt allerdings nur 2,8 Millionen Euro stemmen muss. Das liegt daran, dass sich Stadt Lindau und Bahn AG die Kosten teilen. Den Mammutanteil der Kosten der Stadt finanziert der Freistaat außerdem durch Fördergelder. Die neue Thierschbrücke soll dann im Frühjahr 2019 fertig sein. Weil der Radweg von und zum Bahndamm entlang der Brücke während der Bauarbeiten gesperrt ist, müssen sich Radler und Fußgänger so lange den Kiesweg, der direkt am kleinen See entlang führt, teilen. Diese Situation hatten einige Leser der Lindauer Zeitung bereits bemängelt: Der Weg sei schlicht zu schmal, zumal dort auch häufig Familien mit Kinderwägen und die Bewohner des MariaMartha-Stifts – teilweise mit Rollatoren – unterwegs sind.
Laut Herpich lässt sich diese Situation allerdings nicht ändern. „Man kann den Verkehr ja nicht durch eine Baustelle fließen lassen“, schreibt sie auf Anfrage der LZ. „Wir können nur an die Leute appellieren, dass sie Rücksicht aufeinander nehmen und sich fair verhalten.“