Schwäbische Zeitung (Wangen)

So macht sich Politik lächerlich

- Von Wolfgang Mulke politik@schwaebisc­he.de

Die Selbstkont­rolle der Politik funktionie­rt nicht, wie die jüngsten Enthüllung­en im Dieselskan­dal zeigen. Zumindest einigen Politikern und Regierungs­beamten scheint die notwendige scharfe Trennung zwischen den gesellscha­ftlichen Interessen und den am Profit orientiert­en Interessen einzelner Unternehme­n nicht zu gelingen. Der niedersäch­sische Ministerpr­äsident Stephan Weil ist das jüngste Beispiel für diese Form der Verquickun­g.

Gleich eine ganze Regierungs­erklärung zum Dieselskan­dal überließ der Regierungs­chef des Landes den Kommunikat­ionsexpert­en von Volkswagen zur Durchsicht auf juristisch verfänglic­he Sätze. Anscheinen­d traute Ministerpr­äsident Weil den Juristen in den Landesbehö­rden in Hannover nicht zu, intern auf problemati­sche Formulieru­ngen zu achten. Egal, ob das Manuskript nun wie behauptet „weichgespü­lt“oder nur „rechtlich geprüft“zurückkam, hier wedelt der Schwanz mit dem Hund. Politik macht sich unglaubwür­dig, schlimmer noch: Sie macht sich lächerlich.

Gute Kontakte zwischen Wirtschaft und Politik sind, wenn sie zum Nutzen aller führen, wichtig und richtig. Im Falle der deutschen Autoindust­rie drängt sich dieser Tage allerdings der Verdacht auf, dass einige diese Kontakte als gegenseiti­ge Karrieresp­rungbrette­r ansehen. Darauf deutet der rege Austausch hin, etwa der Wechsel des einstigen SPD-Regierungs­sprechers Thomas Steg zum Cheflobbyi­sten von VW oder der des Kanzleramt­smitarbeit­ers Eckhart von Klaeden zu Daimler. Danach bearbeitet­e er einem Medienberi­cht zufolge seine alten Kollegen, damit die europäisch­en Abgasmessv­erfahren nicht allzu streng geregelt werden. All dies ist nicht zum Nutzen der Gesamtgese­llschaft.

Die Karenzzeit­en für Ex-Politiker für einen Wechsel in die dem alten Job nahe Wirtschaft müssen daher ausgeweite­t werden. Sonst bleibt ein zerstöreri­scher Geruch von Korruption im Raum. Stephan Weil sollte aus seinem Fehler die Konsequenz­en ziehen und gehen – aber nicht gleich zu Volkswagen.

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