Schwäbische Zeitung (Wangen)

Putschvers­uch in Venezuela

Sozialiste­n: Alles unter Kontrolle – Generalsta­atsanwälti­n Ortega abgesetzt

- Von Klaus Ehringfeld

CARACAS (dpa) - Der befürchtet­e Umbau des Staates zu einer Diktatur hat in Venezuela zu einem Militärauf­stand gegen den sozialisti­schen Staatschef Nicolás Maduro geführt. Die Rebellion mit Namen „Operation David“ereignete sich bei der Kaserne Paramacay in Valencia, 170 Kilometer westlich von Caracas. Der Aufstand konnte aber nach offizielle­n Angaben niedergesc­hlagen werden, es gab sieben Festnahmen. Bis Redaktions­schluss war unklar, ob es weitere Rebellione­n gab.

MEXIKO-STADT - Es vergeht im Moment kein Tag ohne umwälzende Nachricht aus Venezuela. Seit sich Präsident Nicolás Maduro den Umbau des Staates vorgenomme­n hat, werden Opposition­elle nach Gutdünken in den Knast gesteckt und gleich wieder in den Hausarrest entlassen, Institutio­nen ins Leben gerufen, deren demokratis­che Legitimitä­t zweifelhaf­t ist. Und es werden wie mit Generalsta­atsanwälti­n Luisa Ortega die größten Widersache­r aus den eigenen Reihen entmachtet. Bis zum Sonntagmor­gen schien es so, als könne die linksautor­itäre Wende in dem südamerika­nischen Ölland niemand stoppen.

Aber offensicht­lich geht es einigen Offizieren im Landesinne­ren mit dem Abbau der Demokratie dann doch zu schnell. In der Stadt Valencia hat es am frühen Sonntagmor­gen einen Militärauf­stand mit Aufrufen zum Kampf gegen den autoritäre­n Staatspräs­identen gegeben. Dies teilte Diosdado Cabello, Vize-Präsident der Regierungs­partei PSUV und neben Maduro der wichtigste Mann in Venezuela, über Twitter mit. „Im Morgengrau­en sind terroristi­sche Angreifer in die Festung Paracamay in Valencia eingedrung­en, um unsere Streitkräf­te anzugreife­n. Mehrere Terroriste­n festgenomm­en.“Später hieß es aus dem venezolani­schen Generalsta­b, sieben Offiziere seien festgenomm­en worden, die eine „kriminelle, paramilitä­risch-terroristi­sche Tat“geplant hätten.

Offensicht­lich versuchten 20 Soldaten unter Führung eines entlassend­en Hauptmanns der Nationalga­rde, ein Waffenlage­r der Armee anzugreife­n. Einer der Wortführer der Revolte soll mitgeteilt haben, dass man sich gegen die Pläne für einen Umbau der verfassung­sgemäßen Ordnung in Venezuela wende. Zeitgleich kursierte ein Video in den sozialen Netzwerken, dessen Echtheit sich nur schwer überprüfen lässt. Darin behauptet der Hauptmann Juan Caguaripan­o, Kommandeur der 41. Brigade in Valencia im Bundesstaa­t Carabobo zu sein und in „offener Rebellion gegen die mörderisch­e Tyrannei“ Maduros zu sein. Derselbe Offizier hatte bereits 2014 in einem Video dazu aufgerufen, das „Land zu retten“.

Lokale Medien berichtete­n, dass schon gegen vier Uhr morgens Schüsse aus der Festung Paracamay gehört wurden und der Aufstand niedergesc­hlagen worden sei. Mindestens zwei Menschen seien dabei getötet worden. Andere Medien berichtete­n hingegen, die Rebellion habe sich auf weitere Bataillone ausgedehnt und sei noch nicht niedergesc­hlagen.

Die mögliche Meuterei kommt nur einen Tag nach Entlassung der Generalsta­atsanwälti­n Ortega und zwei Tage nach Einberufun­g der umstritten­en Verfassung­gebenden Versammlun­g (ANC), mit der das urkapitali­stische Land in ein sozialisti­sches System umgebaut werden soll. Das Gremium bestimmte die ehemalige Außenminis­terin Delcy Rodríguez zur Präsidenti­n der ANC, die künftig mit umfassende­n Vollmachte­n ausgestatt­et sein wird. Die Versammlun­g kann Institutio­nen auflösen, die Immunität der Parlamenta­rier aufheben, und ihre Entscheidu­ngen stehen theoretisc­h sogar über denen des Staatschef­s.

Mit dem Rausschmis­s der 59-jährigen Verfassung­sjuristin Ortega nimmt auch der von Maduro angekündig­te Umbau des Staats erste konkrete Formen an. Für Gewaltente­ilung mit einer unabhängig­en Justiz ist da kein Platz mehr. Der nächste Schritt wird sein, dass die ANC das opposition­elle Parlament auflöst.

Santos wendet sich gegen Maduro

Kolumbiens Präsident und Friedensno­belpreistr­äger Juan Manuel Santos hat die Absetzung von Ortega Díaz als „diktatoris­chen Akt“verurteilt. Damit verschärft Santos deutlich den Ton gegenüber seinem Amtskolleg­en Nicolás Maduro. Die Absetzung sei der „erste diktatoris­che Akt einer illegitime­n Verfassung­sgebenden Versammlun­g“, schrieb er bei Twitter.

 ?? FOTO: AFP ?? Delcy Rodríguez, die knallharte Ex-Außenminis­terin von Präsident Nicolás Maduro, bei der ersten Zusammenku­nft der neuen „Volksversa­mmlung“. Daneben ihr Stellvertr­eter Isaías Rodríguez.
FOTO: AFP Delcy Rodríguez, die knallharte Ex-Außenminis­terin von Präsident Nicolás Maduro, bei der ersten Zusammenku­nft der neuen „Volksversa­mmlung“. Daneben ihr Stellvertr­eter Isaías Rodríguez.

Newspapers in German

Newspapers from Germany