Putschversuch in Venezuela
Sozialisten: Alles unter Kontrolle – Generalstaatsanwältin Ortega abgesetzt
CARACAS (dpa) - Der befürchtete Umbau des Staates zu einer Diktatur hat in Venezuela zu einem Militäraufstand gegen den sozialistischen Staatschef Nicolás Maduro geführt. Die Rebellion mit Namen „Operation David“ereignete sich bei der Kaserne Paramacay in Valencia, 170 Kilometer westlich von Caracas. Der Aufstand konnte aber nach offiziellen Angaben niedergeschlagen werden, es gab sieben Festnahmen. Bis Redaktionsschluss war unklar, ob es weitere Rebellionen gab.
MEXIKO-STADT - Es vergeht im Moment kein Tag ohne umwälzende Nachricht aus Venezuela. Seit sich Präsident Nicolás Maduro den Umbau des Staates vorgenommen hat, werden Oppositionelle nach Gutdünken in den Knast gesteckt und gleich wieder in den Hausarrest entlassen, Institutionen ins Leben gerufen, deren demokratische Legitimität zweifelhaft ist. Und es werden wie mit Generalstaatsanwältin Luisa Ortega die größten Widersacher aus den eigenen Reihen entmachtet. Bis zum Sonntagmorgen schien es so, als könne die linksautoritäre Wende in dem südamerikanischen Ölland niemand stoppen.
Aber offensichtlich geht es einigen Offizieren im Landesinneren mit dem Abbau der Demokratie dann doch zu schnell. In der Stadt Valencia hat es am frühen Sonntagmorgen einen Militäraufstand mit Aufrufen zum Kampf gegen den autoritären Staatspräsidenten gegeben. Dies teilte Diosdado Cabello, Vize-Präsident der Regierungspartei PSUV und neben Maduro der wichtigste Mann in Venezuela, über Twitter mit. „Im Morgengrauen sind terroristische Angreifer in die Festung Paracamay in Valencia eingedrungen, um unsere Streitkräfte anzugreifen. Mehrere Terroristen festgenommen.“Später hieß es aus dem venezolanischen Generalstab, sieben Offiziere seien festgenommen worden, die eine „kriminelle, paramilitärisch-terroristische Tat“geplant hätten.
Offensichtlich versuchten 20 Soldaten unter Führung eines entlassenden Hauptmanns der Nationalgarde, ein Waffenlager der Armee anzugreifen. Einer der Wortführer der Revolte soll mitgeteilt haben, dass man sich gegen die Pläne für einen Umbau der verfassungsgemäßen Ordnung in Venezuela wende. Zeitgleich kursierte ein Video in den sozialen Netzwerken, dessen Echtheit sich nur schwer überprüfen lässt. Darin behauptet der Hauptmann Juan Caguaripano, Kommandeur der 41. Brigade in Valencia im Bundesstaat Carabobo zu sein und in „offener Rebellion gegen die mörderische Tyrannei“ Maduros zu sein. Derselbe Offizier hatte bereits 2014 in einem Video dazu aufgerufen, das „Land zu retten“.
Lokale Medien berichteten, dass schon gegen vier Uhr morgens Schüsse aus der Festung Paracamay gehört wurden und der Aufstand niedergeschlagen worden sei. Mindestens zwei Menschen seien dabei getötet worden. Andere Medien berichteten hingegen, die Rebellion habe sich auf weitere Bataillone ausgedehnt und sei noch nicht niedergeschlagen.
Die mögliche Meuterei kommt nur einen Tag nach Entlassung der Generalstaatsanwältin Ortega und zwei Tage nach Einberufung der umstrittenen Verfassunggebenden Versammlung (ANC), mit der das urkapitalistische Land in ein sozialistisches System umgebaut werden soll. Das Gremium bestimmte die ehemalige Außenministerin Delcy Rodríguez zur Präsidentin der ANC, die künftig mit umfassenden Vollmachten ausgestattet sein wird. Die Versammlung kann Institutionen auflösen, die Immunität der Parlamentarier aufheben, und ihre Entscheidungen stehen theoretisch sogar über denen des Staatschefs.
Mit dem Rausschmiss der 59-jährigen Verfassungsjuristin Ortega nimmt auch der von Maduro angekündigte Umbau des Staats erste konkrete Formen an. Für Gewaltenteilung mit einer unabhängigen Justiz ist da kein Platz mehr. Der nächste Schritt wird sein, dass die ANC das oppositionelle Parlament auflöst.
Santos wendet sich gegen Maduro
Kolumbiens Präsident und Friedensnobelpreisträger Juan Manuel Santos hat die Absetzung von Ortega Díaz als „diktatorischen Akt“verurteilt. Damit verschärft Santos deutlich den Ton gegenüber seinem Amtskollegen Nicolás Maduro. Die Absetzung sei der „erste diktatorische Akt einer illegitimen Verfassungsgebenden Versammlung“, schrieb er bei Twitter.