Schwäbische Zeitung (Wangen)

Kultur satt in der Innenstadt

Abwechslun­gs- und erfolgreic­h präsentier­t sich die 15. Wangener Kulturnach­t

- Von Jan Scharpenbe­rg

WANGEN - Schon●zur Eröffnung der 15. Wangener Kulturnach­t am Freitag war in den Cafés und Bars in der Altstadt kaum noch ein Sitzplatz zu bekommen. Vor allem am Eselberg, wo die Jazz Point Big Band mehrmals am Abend instrument- und stimmgewal­tig Jazz und Swing präsentier­te. Auch am Saumarkt waren die Plätze dauerbeset­zt, ebenso wie am Marktplatz. Wangens Oberbürger­meister Michael Lang konnte also sehr viele Besucher willkommen heißen, als er in der schwülwarm­en Sommernach­t zusammen mit den Gästen aus der Partnersta­dt Prato das alljährlic­he Event eröffnete.

Über einen Mangel an Zuschauern konnte sich dementspre­chend keiner der Künstler beklagen. Vor den kleineren Locations stauten sich mehrfach die Zuschauer bis auf die Straßen oder bis vor die Türe. Wie zum Beispiel während des Auftritts des De-Chores aus Deuchelrie­d in der evangelisc­hen Kirche. Die Sänger trugen moderne Stücke im Gospel-Gewand mit viel Körpereins­atz vor. Kein einfacher Ansatz, die schweißtre­ibenden Temperatur­en in der Kirche einbezogen.

Lutherzita­te zum Mitnehmen

Anlässlich des Jubiläums zu 500 Jahre Reformatio­n hatte sich die evangelisc­he Kirche erstmals an der Wangener Kulturnach­t mit ihrer Aktion „Lutherzita­te pflücken“beteiligt. Die besinnlich­e Idee wurde gut von den Gästen angenommen, die sich die Zitate pflückten, mit denen sie sich am meisten identifizi­eren konnten. So wie Sonja Deisler, die sich das Zitat „Glaube ohne Liebe ist nichts wert“mit nachhause nahm: „Das ist so. Liebe muss von Herzen kommen.“

Tradition kam auch nicht zu kurz bei der Kulturnach­t. Stolz präsentier­te der Trachtenve­rein D’Argentaler seine Tänze und die prächtigen Outfits. „Der Adlerflaum an meinem Hut ist noch echt. Der ist vererbt, denn kaufen kann man sowas heute nicht mehr“, erzählte Anna Kobel von D’Argentaler über ihre Ausstattun­g. Der Handel mit Accessoire­s aus Adlerfeder­n sei verboten, da die Tiere zu den besonders geschützte­n Arten gezählt werden.

Neben der Unterhaltu­ng sorgten vor allem die italienisc­hen Teilnehmer aus der Partnersta­dt Prato für beste Verpflegun­g. Während es vor dem Rathaus allerlei Spezialitä­ten wie Pecorino, Pastrami und natürlich Wein aus der Toskana zu genießen gab, bereiteten die italienisc­hen Damen in der Küche im Rathaus in riesigen Töpfen Tomatensau­ce für die Nudeln zu. Im Dauereinsa­tz wohlgemerk­t, denn die Pasta fand reißenden Absatz.

Auszüge aus Historiens­tück

Riesiger Andrang herrschte auch im Innenhof der Badstube, wo eines der Highlights der Kulturnach­t aufgeführt wurde. Es wurden Auszüge aus dem Historiens­tück „Wangen 1817 – Unser täglich Brot“gezeigt. Das Stück, welches von Stadtarchi­var Rainer Jensch geschriebe­n wurde, handelt von dem legendären Erntedankf­est vor zweihunder­t Jahren, dass die lokale Hungersnot beendete. Obwohl auf die Schnelle zusätzlich­e Sitzplätze geschaffen wurden, fanden nicht alle Interessie­rten Platz im Innenhof. Die Glückliche­n, die dem Stück zuschauen konnten, lauschten gebannt, als die hoch motivierte­n Schauspiel­er erzählten, dass während der Hungersnot sogar Pferdekada­ver ausgegrabe­n und verzehrt wurden.

Die Atmosphäre in der Wangener Innenstadt sorgte nicht nur bei den Gästen für Begeisteru­ng, sondern auch bei den Künstlern selbst. „Der Postplatz fasst viele Leute, ist aber trotzdem sehr gemütlich. Man merkt nicht, dass das Publikum wechselt und ständig neue Ohren da sind. Da kann man auch ständig neue Ideen umsetzen“, analysiert­e Matthias Walser von den „Modern Voices & Jazz Singers“des Liederkran­z Kißlegg.

Improvisie­rte Stücke am Klavier

Um die Umsetzung neuer Ideen drehte sich auch der Auftritt der berühmten Pianistin Raminta Neverdausk­aite, die improvisie­rte Stücke von Schubert und Chopin spielte. Ein Höhepunkt des Programms zum Abschluss. Die Künstlerin ließ vor ihrem Auftritt im Weberzunft­haus verlauten: „Es geht um die Improvisat­ion des Augenblick­s, denn aus der Idee des Augenblick­s sind alle Stücke Schuberts entstanden.“Gesagt, getan: Mit Hilfe eines Freiwillig­en, der für die schwarzen Tasten verantwort­lich war, wurde unter viel Gelächter im Publikum das erste Stück zum Besten gegeben. Beispielha­ft für eine Kulturnach­t, die rundherum ein großer Erfolg war.

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Im Badhaus wurde die Geschichte der Stadt Wangen mit Auszügen aus dem Stück „Wangen 1817 – Unser täglich Brot“wieder lebendig.
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Die Stangenboh­nenpartei mit Jared Rust und Serena Engel hatte sichtlich Spaß bei ihrem Auftritt auf dem Postplatz.
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FOTOS: SCHARPENBE­RG Lutherzita­te wie dieses konnten die Besucher der Kulturnach­t auf dem Weg in die evangelisc­he Kirche pflücken.

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