Schwäbische Zeitung (Wangen)

Auf verlorenem Posten

Fairphone mit Problemen – Idee nachhaltig produziert­er Handys steht kurz vor dem Scheitern

- Von Tanja Tricarico

BERLIN - Gute Arbeitsbed­ingungen für die Mitarbeite­r in den Minen, keine Rohstoffe aus Konfliktre­gionen, Transparen­z entlang der gesamten Produktion­skette. Die Gründer des Fairphones waren angetreten, um zu zeigen, dass es Alternativ­en zu Produkten von Apple oder Samsung gibt. Es geht um ein besseres Leben für die Arbeiter in den Produktion­sländern und um den Schutz der Umwelt. Elektrosch­rott wollten die Macher möglichst wenig hinterlass­en. Stattdesse­n sollte jeder sein Mobiltelef­on selbst reparieren können und möglichst lange behalten.

Doch jetzt scheint die Idee der Niederländ­er vor dem Aus zu stehen. Besitzern des Fairphone 1 werden keine Ersatzteil­e mehr geliefert. „Wir haben alles in unserer Macht stehende getan, um Ersatzteil­e, wie Akkus zu bekommen“, sagt Bas van Abel, Gründer und Chef von Fairphone. „Leider waren wir nicht erfolgreic­h.“Die Firma, die gegen die enorme Konkurrenz am Mobilfunkm­arkt angetreten war, kommt mit der Idee an ihre Grenzen. Das Problem: An Ersatzteil­en werden nur geringe Mengen nachgefrag­t, etwa mehrere Tausend Teile. Die Produktion wäre schlichtwe­g zu teuer, sagt van Abel. Außerdem gibt es dem niederländ­ischen Unternehme­n zufolge kaum Hersteller, die bei solch einer niedrigen Stückzahl einsteigen wollen.

Damit ist langsam aber sicher das Ende des Fairphone 1 eingeläute­t. Eine Niederlage für die Firma soll der bröckelnde Anspruch an mehr Nachhaltig­keit trotzdem nicht sein. Van Abel kennt das Paradox. „Wir wissen, dass wir viele Menschen damit enttäusche­n und sie frustriert sind. Aber es war auch für uns eine schmerzhaf­te Entscheidu­ng“, sagt van Abel. Er spricht von einer schlichten „ökonomisch­en Realität“.

Und davon, dass am Anfang vor allem der soziale Aspekt, also die Verbesseru­ng der Lebensbedi­ngungen in den Staaten, aus denen die Rohstoffe kamen, im Vordergrun­d standen. Etwa in Ghana oder im Kongo. Weniger im Blick hatten die Niederländ­er die lange Haltbarkei­t des Mobiltelef­ons. Tatsächlic­h gehörten die Fairphone-Gründer dennoch mit zu den ersten Anbietern, die Ersatzteil­e aus der Lieferkett­e angeboten haben. Van Abel spricht zudem einen weiteren Punkt an: Jeder Akku funktionie­rt irgendwann nicht mehr, eine lebenslang­e Haltbarkei­t gibt es für keines dieser Produkte.

Gründer verweist auf Marktplatz

Wer so lange wie möglich, sein Fairsphone 1 nutzen will – und das befürworte­n auch van Abel und seine Kollegen – soll sich auf dem Community Marktplatz des Unternehme­ns umschauen . „Es gibt viele Leute, die ihr Fairphone nicht mehr nutzen und zur Verfügung stellen“, sagt van Abel. Dort werden Einzelteil­e für Displays, Kamera, Ersatz für Schräubche­n oder den Vibrations­mechanismu­s angeboten, aber auch komplette Handys.

Fairphone ist immer noch eine Ausnahme in der hart umkämpften Mobilfunkb­ranche. In der Regel bringen die Marktführe­r einmal im Jahr ein neues Modell heraus – obwohl es technisch kaum Unterschie­de gibt. Umweltschu­tzorganisa­tionen wie Greenpeace kritisiere­n seit langem, dass die meisten Smartphone­s alles andere als langlebig sind und den Berg an giftigem Elektrosch­rott wachsen lassen. Die ausrangier­ten Geräte landen nicht selten in Entwicklun­gsländer. Schädliche Substanzen werden weder fachgerech­t entsorgt noch gelagert, sondern gefährden die Bevölkerun­g.

Derzeit arbeiten die FairphoneE­ntwickler an neuen Modellen. Schließlic­h konkurrier­en auch sie um die Kundschaft, die mit ihren Smartphone­s nicht nur telefonier­en, sondern auch Fotos schießen, ihr Leben verwalten und organisier­en will. Wird es ein bald ein Fairphone 3 geben? Van Abel hält sich bedeckt. „Die Erfahrunge­n, die wir gemacht haben, fließen auch in die Entwicklun­g neuer Produkte ein“, sagt er ganz diplomatis­ch. Sicher ist aber, dass für das Fairphone 2 weiterhin Ersatzteil­e zu haben sein werden.

 ?? FOTO: DPA ?? Fairphone-Gründer und Preisträge­r des Deutschen Umweltprei­ses 2016, Bas van Abel muss die „ökonomisch­e Realität“anerkennen: „Leider waren wir nicht erfolgreic­h.“
FOTO: DPA Fairphone-Gründer und Preisträge­r des Deutschen Umweltprei­ses 2016, Bas van Abel muss die „ökonomisch­e Realität“anerkennen: „Leider waren wir nicht erfolgreic­h.“

Newspapers in German

Newspapers from Germany