„Täuschungsalarm“: Nur selten brennt es wirklich
In der Berger Halde wird häufig Feueralarm ausgelöst – Die Feuerwehr rückt dabei jedes Mal aus
FRIEDRICHSHAFEN - Etwas andere Hilferufe kommen derzeit aus der Berger Halde 10. Dort steht eine betreute Wohnanlage. Hilferufe kommen von Bewohnern wegen Feueralarmen, die in der Wohnanlage ausgelöst werden. Hier wird warmes Wasser gekocht oder etwas zu lange gebraten – die Brandmeldeanlage löst Feueralarm aus. Die Feuerwehr kommt, wenn es letztendlich nichts zu löschen gibt. Eine Rechnung der Stadt freilich kommt auch. Bezahlen muss sie der Betreiber der Brandmeldeanlage. In diesem Fall die Stiftung Liebenau.
Auch Wilhelm Enser bewohnt mit seiner Ehefrau in der Anlage zwei Zimmer. „Wir haben nur Spargel abgekocht“, erzählt der 90-Jährige. Als die Frau schließlich in den Sud ein Saucenpulver eingerührt habe, sei kurz danach die Feuerwehr im Haus erschienen. Zu löschen habe es nichts gegeben. Der Rettungstrupp der Wehr ist unverrichteter Dinge wieder abgezogen. In der Berger Halde ausgelöste Feueralarme sind kein Einzelfall. Das bestätigt auch Helga Raible, Sprecherin der Stiftung Liebenau, die die Wohnanlage betreibt. „Die Situation ist uns bekannt“, meint die Sprecherin auf Anfrage der „Schwäbischen Zeitung“. In der Wohnanlage seien ältere Menschen untergebracht, die zwar keine stationäre Pflege bräuchten, in ihrer alten Wohnung aber nicht mehr die notwendige Sicherheit hätten. Zur Sicherheit bei dieser Art von Wohnen gehöre ein Notruf in der Wohnung, die tägliche Anwesenheit einer Mitarbeiterin und noch so manch anderes. Zur Sicherheit gehörten aber auch Brandmelder in den Wohnungen, die der Lebenssituation der Bewohner geschuldet, „direkt bei der Feuerwehr aufgeschaltet sind“. Helga Raible meint, dass solche Alarmsysteme zwar Sicherheit böten, im Fall des Falles kommt die Feuerwehr – aber auch dann, wenn nicht gelöscht werden muss.“
Gut findet die Sprecherin der Liebenau diese Situation allerdings nicht. „Es gab und es wird weiter Gespräche geben, wie wir diese Fehlalarme reduzieren, möglicherweise verhindern können.“Die Gespräche führen Liebenau-Mitarbeiter mit den Bewohnern. Erklärtes Ziel: Verhaltensweisen bei den kochenden Bewohnern so zu verändern, dass unnötiges Auslösen des Alarms vorgebeugt wird. „Eine andere Lösung für die Bewohner sehen wird nicht“, erklärt Raible. „Die Sicherheit der Bewohner muss weiterhin oberste Priorität haben.“
In zehn bis 20 Prozent ein Feuer
Wenn in Friedrichshafen eine Brandmeldeanlage die Feuerwehr alarmiert, rücken die Retter mit einem Standard-Löschzug aus. Das sind 20 Mann mit vier Fahrzeugen inklusive Drehleiter. Die Feuerwehrmänner treffen bei den Einsätzen „resultierend aus Brandmeldeanlagen“aber nur in zehn bis 20 Prozent auf ein tatsächliches Feuer, sagt Stadtbrandmeister Louis Laurösch. Laurösch spricht in solchen Fällen von sogenannten „Täuschungsalarmen“(anders als Fehlalarme, entstanden durch eine Fehlübertragung innerhalb einer Brandmeldeanlage). Die Feuerwehr beziehungsweise die Stadt bleibt übrigens nicht auf den Kosten von „Täuschungsalarm“-Einsätzen sitzen. Laurösch: „Der Betreiber der Brandmeldeanlage bekommt die Rechnung.“