Schwäbische Zeitung (Wangen)

„Täuschungs­alarm“: Nur selten brennt es wirklich

In der Berger Halde wird häufig Feueralarm ausgelöst – Die Feuerwehr rückt dabei jedes Mal aus

- Von Alexander Mayer

FRIEDRICHS­HAFEN - Etwas andere Hilferufe kommen derzeit aus der Berger Halde 10. Dort steht eine betreute Wohnanlage. Hilferufe kommen von Bewohnern wegen Feueralarm­en, die in der Wohnanlage ausgelöst werden. Hier wird warmes Wasser gekocht oder etwas zu lange gebraten – die Brandmelde­anlage löst Feueralarm aus. Die Feuerwehr kommt, wenn es letztendli­ch nichts zu löschen gibt. Eine Rechnung der Stadt freilich kommt auch. Bezahlen muss sie der Betreiber der Brandmelde­anlage. In diesem Fall die Stiftung Liebenau.

Auch Wilhelm Enser bewohnt mit seiner Ehefrau in der Anlage zwei Zimmer. „Wir haben nur Spargel abgekocht“, erzählt der 90-Jährige. Als die Frau schließlic­h in den Sud ein Saucenpulv­er eingerührt habe, sei kurz danach die Feuerwehr im Haus erschienen. Zu löschen habe es nichts gegeben. Der Rettungstr­upp der Wehr ist unverricht­eter Dinge wieder abgezogen. In der Berger Halde ausgelöste Feueralarm­e sind kein Einzelfall. Das bestätigt auch Helga Raible, Sprecherin der Stiftung Liebenau, die die Wohnanlage betreibt. „Die Situation ist uns bekannt“, meint die Sprecherin auf Anfrage der „Schwäbisch­en Zeitung“. In der Wohnanlage seien ältere Menschen untergebra­cht, die zwar keine stationäre Pflege bräuchten, in ihrer alten Wohnung aber nicht mehr die notwendige Sicherheit hätten. Zur Sicherheit bei dieser Art von Wohnen gehöre ein Notruf in der Wohnung, die tägliche Anwesenhei­t einer Mitarbeite­rin und noch so manch anderes. Zur Sicherheit gehörten aber auch Brandmelde­r in den Wohnungen, die der Lebenssitu­ation der Bewohner geschuldet, „direkt bei der Feuerwehr aufgeschal­tet sind“. Helga Raible meint, dass solche Alarmsyste­me zwar Sicherheit böten, im Fall des Falles kommt die Feuerwehr – aber auch dann, wenn nicht gelöscht werden muss.“

Gut findet die Sprecherin der Liebenau diese Situation allerdings nicht. „Es gab und es wird weiter Gespräche geben, wie wir diese Fehlalarme reduzieren, möglicherw­eise verhindern können.“Die Gespräche führen Liebenau-Mitarbeite­r mit den Bewohnern. Erklärtes Ziel: Verhaltens­weisen bei den kochenden Bewohnern so zu verändern, dass unnötiges Auslösen des Alarms vorgebeugt wird. „Eine andere Lösung für die Bewohner sehen wird nicht“, erklärt Raible. „Die Sicherheit der Bewohner muss weiterhin oberste Priorität haben.“

In zehn bis 20 Prozent ein Feuer

Wenn in Friedrichs­hafen eine Brandmelde­anlage die Feuerwehr alarmiert, rücken die Retter mit einem Standard-Löschzug aus. Das sind 20 Mann mit vier Fahrzeugen inklusive Drehleiter. Die Feuerwehrm­änner treffen bei den Einsätzen „resultiere­nd aus Brandmelde­anlagen“aber nur in zehn bis 20 Prozent auf ein tatsächlic­hes Feuer, sagt Stadtbrand­meister Louis Laurösch. Laurösch spricht in solchen Fällen von sogenannte­n „Täuschungs­alarmen“(anders als Fehlalarme, entstanden durch eine Fehlübertr­agung innerhalb einer Brandmelde­anlage). Die Feuerwehr beziehungs­weise die Stadt bleibt übrigens nicht auf den Kosten von „Täuschungs­alarm“-Einsätzen sitzen. Laurösch: „Der Betreiber der Brandmelde­anlage bekommt die Rechnung.“

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FOTO: ALEXANDER MAYER Feuerwehre­insatz nach einem Täuschungs­alarm: Brennen tut’s nur in den wenigsten Fällen. Eine Rechnung der Stadt aber kommt trotzdem.

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