Schwäbische Zeitung (Wangen)

40 Jahre nach der Revolution: Die fragile islamische Republik

-

Die vom Klerus geführte Revolution hat in Iran am 11. Februar 1979 den Schah gestürzt. Die Monarchie wurde kurz danach durch die islamische Republik ersetzt. Für Irans einflussre­iche Geistliche steht das Volk weiterhin zum islamische­n System. Die Realität sieht aber anders aus. Außenpolit­ische Spannungen, innenpolit­ische Machtkämpf­e zwischen Reformern und Hardlinern und eine fragile Wirtschaft dominieren das Land. Zudem wurde mehr als die Hälfte der jetzigen Bevölkerun­g – also mehr als 40 Millionen Menschen – nach der Revolution geboren. Für sie sind die Kriterien ihrer Eltern oder Großeltern aus den 1980er-Jahren nicht mehr tragbar. Dies haben sie bei Protesten sehr deutlich gemacht. Ein weiteres Problem für viele Iraner ist die Nahostpoli­tik des Landes. Warum solle das Ölgeld für arabische Freiheitsb­ewegungen oder das politische Überleben des syrischen Machthaber­s Baschar alAssad ausgegeben werden, wenn es das Volk selbst dringender braucht. „Nicht Gaza, nicht Libanon, wir opfern uns nur für Iran“war einer der Slogans bei den Protesten im vergangene­n Jahr. Ihrer Meinung nach ist auch der Ärger mit der Außenwelt und die Sanktionen gegen Iran nur eine Folge dieser Nahostpoli­tik. Eine wichtige Plattform für Kritiker ist mittlerwei­e das Internet. Daher fordern Klerus und Hardliner strengere Internet-Kontrollen, die auch innerhalb des Regimes umstritten sind.

Auch Präsident Hassan Ruhani ist der Auffassung, die Führungsri­ege brauche einen Generation­swechsel. „Die Verantwort­lichen in unserem Land sind nun mal in einem Alter, wo sie längerfris­tig nicht mehr viel bewegen können“, so Ruhani. Auch die Nachfahren der verstorben­en Architekte­n der Revolution machen sich Sorgen um die Zukunft. „Es gibt in der Tat keine Garantie, dass wir für immer bleiben“, sagt Hassan Chomeini, der Enkel des 1989 verstorben­en Revolution­sführers Ajatollah Khomeini und der als Kopf und Herz der islamische­n Revolution gilt. Er stellte sich gegen die Monarchie in Iran sowie gegen die USA und gegen Israel. Nach mehr als 14 Jahren im Exil war er am 1. Februar 1979 aus Neauphle-le-Château nach Iran zurückgeke­hrt. Er wurde vom Verfassung­srat zum obersten religiösen Führer ernannt. Der gleiche Rat stellte dann auch die Weichen für die Gründung der islamische­n Republik. Während der Revolution wurde Khomeini auch von Nationalis­ten und Kommuniste­n gestützt.

40 Jahre später sehen einige die „islamische Ideologie als politische Basis“als gescheiter­t an, wie die Tochter von Ex-Präsident Akbar Haschemi Rafsandsch­ani, Faeseh Haschemi, sagte. Aber trotzdem wird es ihrer Meinung nach – und der vieler Beobachter im Land – nicht zu einem Regimewech­sel kommen. „Die Menschen befürchten, dass dann alles noch schlimmer werden könnte“, erklärt die 56jährige Haschemi. Das Schicksal der Menschen in Afghanista­n, Irak, Jemen oder Syrien, wo politische Veränderun­gen nur zu mehr Chaos und Gewalt geführt haben, ist allen Iranern bestens bekannt. (dpa)

Newspapers in German

Newspapers from Germany