MiniDSP DDRC- 24
Es gibt oft diesen einen Platz, wo die Anlage am besten klingt, doch meistens steht der Lieblingssessel woanders. Der miniDSP Dirac DDRC- 24 bringt beide zusammen und zaubert noch ein wenig mehr.
Seien wir ehrlich: Wenn eine Anlage großartig klingt, ist praktisch immer auch ein großartiger Raum im Spiel. Die Boxen und die Sitzgelegenheit stehen frei im Raum. Das vermeidet kräftige, frühe Re exionen, die sonst oft Grund für Verfärbungen und begrenzte räumliche Staffelung sind. Die Wände idealer Räume sind weder zu sehr bedämpft noch zu schallhart und beugen damit dem leblosen Sound genauso vor wie einer angestrengt harte Wiedergabe. Wenn alles stimmt, reicht oft schon eine vergleichsweise kleine Anlage, um außer- gewöhnliche Musik erlebnisse zu bescheren.
Doch leider ist mancher Hörraum auch ein Wohnraum, den noch dazu auch weniger audiophile Familienmitglieder bevölkern, was Kompromissbereitschaft beim Klang erfordert. Eine Zeitlang versuchten HiFiFans, mit sogenannten Equalizern gegen ungünstige Räume und schlecht platzierte Lautsprecher und Hörplätze vorzugehen. Doch dabei war selten klar, was schlimmer ist: die Krankheit oder die Medizin. Denn die Equalizer waren zu grob in der Einstellung. Die Messsysteme, um sie zu justieren, orientierten sich an statischen Kriterien statt psychoakustische Modelle der Wahrnehmung zu berücksichtigen.
Eine erwähnenswerte Ausnahme der gescholtenen Equalizer bildete die Cello Audio Palette. Vom legendären Mark Levinson selbst per Gehör eingestellt, zauberte sie aus zum Teil historischen Aufnahmen einen Klang in einem kleinen Raum auf der HIGH END in Gravenbruch, den wohl keiner der Besucher je vergessen wird.
Doch seit den Tagen parametrischer Oktav- oder Terz- band- Equalizer hat sich eine Menge getan. Mittlerweile kann der Frequenzgang dank der gewaltigen Rechenleistung moderner Computer nach an der menschlichen Wahrnehmung orientierten Prinzipien beurteilt werden.
Die Korrektur identi zierter Fehler bewältigen digitale Signalprozessoren ( DSPs) heute in Echtzeit. Ein Pionier auf diesem Gebiet ist die Firma miniDSP, die gleich eine ganze Reihe von Prozessoren zum Eingriff in Lautsprecher- und Raumfrequenzgang herstellt. So bietet die Firma DSPs mit verschie-
denen Anschlussoptionen mit bis zu zehn analogen Ein- und Ausgängen an, mit denen sich auch Mehrkanal- Heimkinoanlagen betreiben oder aktive Mehr- Wege- Lautsprecher konstruieren lassen. Zudem gibt es neben den normalen Varianten auch HD- Typen, bei denen man Zeitfehler des Lautsprechers per FIR- Filter ( Finite Impulse Response) korrigieren kann.
Die teurere Dirac-Live- Serie beherrscht diese Option zur Optimierung der Impulswiedergabe eines Lautsprechers auch. Bei ihr müssen die Filter jedoch nicht per Hand getunt werden, die Dirac-Live- Software führt den Besitzer durch die nötigen Messungen und stellt den DSP dann automatisch mit den nötigen Korrektur- Parametern ein.
Dirac-Live- Prozessor
stereoplay hat das kleinste Modell aus der Dirac-Live- Serie, den DDRC- 24 für 650 Euro, beim Vertrieb Blue Planet Acoustic zum Test geordert. Der DDRC- 24 besitzt einen analogen Eingang für den rechten und linken Kanal. Dazu akzeptiert er Toslink oder USB- Audio. Zur Steuerung der Endstufen stehen zwei Stereo- Ausgänge zur Verfügung. So lassen sich auch aktive Zwei- Wege- Lautsprecher über eine intern exibel programmierbare Frequenzweiche realisieren oder ein externer Subwoofer ansteuern.
Der AD- und DA- Wandler AK4626 kommt von der japanischen Firma Asahi Kasei Microdevices ( AKM), die auch TEAC beliefert. Er ist bis 24 Bit und 192 Kilohertz einsetzbar, im DDRC arbeitet er bei 48 Kilohertz; digitale Eingangssignale von bis zu 192 Kilohertz werden konvertiert.
Im Messlabor machte der DDRC- 24 Eindruck. Der Frequenzgang ohne Korrektur ist erwartungsgemäß linealgerade, und der Rauschabstand ist mit 104 dB, bezogen auf Vollaussteuerung, hoch und brummfrei. Selbst wenn der Grundpegel deutlich gesenkt wird, um Frequenzgang- Anhebungen zu realisieren, bleibt das Rauschen in einer normalen Kette nur mit dem Ohr am Hochtöner wahrnehmbar. Etwaige Verzerrungen verschwinden bei - 120 dB prak- tisch im geringen Grundrauschen. AV- Receiver mit eingebautem DSP sind von den Messwerten des DDRC- 24 in der Regel weit entfernt.
Setup und Einmessen
Im Test kam der DDRC- 24 zwischen Vor- und Endstufe zum Einsatz. Zu korrigieren galt es eine Standlautsprecher- Subwoofer- Kombi aus den AudioPhysic- Tagen des Autors. Der Raum war akustisch lebendig, aber frei von Flatter-Echos. Eine Fensterwand links und der Hörsessel nah der Rückwand erschwerten den Optimierungsprozess, durch den die DiracLive- Software Schritt für Schritt führte. Bei diesem wurde das Mikrofon zuerst am Sweetspot und danach an acht weiteren von der Software gra sch angezeigten Punkten aufgestellt. Danach vermaß die Software jeweils rechten Kanal, linken Kanal und beide Kanäle zusammen. Nach Beendigung zeigt die Software das Ergebnis zusammen mit einer vorgeschlagenen Target- Kurve an. Vernünftig: In allen von uns durchgeführten Experimenten blieb die Target- Kurve im Bereich, wo der Lautsprecher im Bass abzufallen beginnt,
nah am Original. Sie versucht offensichtlich nicht, den Lautsprecher zu Tiefbass- Exzessen zu führen, die ihn mechanisch überfordern könnten. Darüber hinaus war die vorgeschlagene Target- Kurve keineswegs ein linealgerader Frequenzgang. Der leichte Anstieg zu tiefen Frequenzen deckt sich vielmehr erstaunlich gut mit den Untersuchungen des Harman- Forschers Sean Olive, der etliche beachtenswerte Publikationen zum Thema des von Hörern präferierten Frequenzgangs veröffentlicht hat. Mit etwas Übung in der Mikrofon- Platzierung ist die komplette Einmessung innerhalb einer Stunde durchgeführt.
Performance und Klang
Zu sagen, durch den Wechsel vom Original- Setup auf das Korrigierte würden viele Vor- hänge zur Seite geschoben, wäre völlig falsch. Stattdessen stellten sich ganz andere Effekte ein. So gewann der Bass deutlich an Durchhörbarkeit, ohne dass ein Unterschied in der Balance zum restlichen Frequenzspektrum zu konstatieren war. Eklatant etwa, wie im Tieftonbereich dichter Reggae ( wie „ Stir It Up“von Bob Marley) auf einmal aus einem Gewummer die Basslinie und den Rhythmus großer Trommeln herausarbeitete. Aber auch ein einzelner gestrichener Bass, etwa von Rob Wassermann, gewann deutlich an Kontur, ohne an Volumen einzubüßen. Wer im Bass auf kontrollierte Kraft steht, liegt mit der Dirac- LiveOptimierung genau richtig.
Doch auch in Sachen Verfärbungen brachte der DDRC- 24 einen fast schon unheimlichen Vorteil. Mit DDRC- 24 gewann
die Wiedergabe deutlich an Kraft und Fülle. Ohne klang es leicht eingeengt und minimal hohl und nasal, was etwa das Renaissance- Stück „ Tri Ciechi Siamo“von der A- cappellaGruppe The King‘ s Singers exemplarisch zutage förderte. Nach einer Reihe von Vergleichen stellte sich zudem der Effekt ein, dass ein Zurückschal- ten auf die unkorrigierte Version zunehmend Unbehagen hervorrief, so klein die Verfärbungen für sich genommen auch waren.
Ein Freund, der während des Hörtests zu Besuch kam und die gleichen Lautsprecher 20 Jahre in unterschiedlichen Räumen besaß, traute seinen Ohren nicht. Er lobte den Zugewinn an Musikalität und Durchzeichnung, die letztlich auch in einer aufgeräumteren, weiträumigen räumlichen Darstellung Ausdruck fand. Er war zudem überrascht, wie lebendig die Lautsprecher nun auch bei kleinen Lautstärken klangen.
Unser Fazit: Eine so große Klangverbesserung ist in normalen Wohnräumen an anderer Stel- le auch für viel mehr Geld nicht zu realisieren. Die Dirac- LiveKorrektur, die auch in den HighEnd-Sound- Systemen von Rolls Royce und Bentley und in digitalen Home- Theater- Prozessoren von Nobelhersteller Theta zum Einsatz kommt, ist ein Traum. Und der miniDSP DDRC- 24 die Möglichkeit, ihn wahr werden zu lassen.