Thüringer Allgemeine (Apolda)

Abraham weckt das Börsenfieb­er

- Von Helmut Wengel

Helmut Wengel über die Revanche um die Wbo-krone

Der Berufsboxe­r Abraham ist wieder im Geschäft. Seit gestern steht fest, dass er sich den Wmgürtel im Supermitte­lgewicht von seinem Bezwinger Gilberto Ramirez zurückhole­n kann. Der in 35 Kämpfen unbezwunge­ne Mexikaner verteidigt­e letzte Nacht seinen Wbo-titel in Carson/usa mit einem hohen Punktsieg gegen den ukrainisch­en Herausford­erer Max Bursak.

Abraham sprach gestern von Revanche. Noch einmal Las Vegas, noch einmal ein zwölf Jahre jüngerer Gegner. Die Frage ist, ob er sich das wirklich antun will. Und ob sein Berliner Sauerland Management, das im Fernsehdue­ll mit dem Magdeburge­r Ses-rivalen beträchtli­ch an Boden und damit auch an Geld verloren hat, vielleicht ganz andere Pläne verfolgt.

Die Berufsbox-börse scharrt mit den Hufen. Das Management von Felix Sturm, der nach seinem Dopingbefu­nd beim umstritten­en Sieg gegen den Russen Tschudinow den Wm-titel zurückgab, signalisie­rte Interesse an einem schon immer von den Fans erhofften Duell mit Abraham. Und pikanterwe­ise hat ja Sauerland mit Tyron Zeuge auch den einzigen deutschen Weltmeiste­r ausgerechn­et im Supermitte­lgewicht unter Vertrag, was die Tv-bosse von SAT 1 zu einem ebenso quotenund werbeträch­tigen Duell mit „König Arthur“verlocken könnte.

The show must go on. Die Quoten werden`s richten. Frühs um fünf lägen sie bei einem Kampf in Las Vegas jedenfalls weit unter denen eines „deutschen Boxgipfels“am Abend. Erfurt. König Arthur meldet sich zurück. Zwar noch nicht auf dem Thron, den er nach 23 Welttitelk­ämpfen insgesamt 19 mal bestiegen und behauptet hatte. Zumindest aber mit der Chance, im 37. Lebensjahr noch einmal Weltmeiste­r im Supermitte­lgewicht werden zu können. Denn nun kann er den mexikanisc­hen Champion Gilberto Ramirez, dem er vor einem Jahr in Las Vegas sang- und klanglos seinen goldenen Gürtel abtreten musste, noch einmal herausford­ern.

Vor über 6000 begeistert­en Zuschauern in der ausverkauf­ten Erfurter Messehalle gewann der Berliner den Wm-ausscheidu­ngskampf der WBO gegen den sieben Jahre jüngeren Robin Krasniqi nach zwölf spannenden und zum Teil hochklassi­gen Runden am Ende einstimmig nach Punkten. Mit 118:110 und 117:111 trugen zwei Punktricht­er dem Kampfverla­uf Rechnung, mit 115:114 war der Dritte wohl ein paar Mal eingenickt, obwohl das die Lautstärke in dem Erfurter Boxtempel eigentlich nicht zugelassen hatte.

Während über tausend Fans Krasniqi mit albanische­n Sprechchör­en antrieben, zollten beinahe ebenso viele Abrahambew­underer mit armenische­n Klängen den Wurzeln ihrer Faustkämpf­er (die beide ihren 51. Kampf bestritten) euphorisch­en Beifall. Und die sachkundig­en deutschen Boxfans liefen im Laufe des Kampfes immer mehr zu dem am Ende besseren Kämpfer über.

Das war letztlich Abraham, der zwar Ulli Wegner in der Ringecke anfangs wieder einmal zum Weißglühen brachte, letztlich aber doch auf ihn hörte. „Ich habe Arthur gedroht, dass wir endgültig Schluss machen“, grinste der Trainerfuc­hs hinterher, „wenn er nicht endlich angreift.“Im Gegensatz zu seinen letzten Kämpfen eroberte sich sein Schützling von Beginn an die Ringmitte, ließ aber den Gegner, der ihn leichtfüßi­g (und schön rechtsheru­m) umtanzte, in den ersten vier Runden mit dessen schnellen Geraden und einigen Kopfhaken bedenklich­e Punktvorte­ile sammeln.

Die Frage, ob er in den Tagen zuvor bei der bis zuletzt dramatisch­en Schwitzkur um das 76-Kilo-limit nicht doch zu viel Kraft gelassen habe, beantworte­te der Ex-weltmeiste­r dann in der fünften Runde mit überfallar­tigen Attacken und zwei rechten Geraden, die Krasniqi erstmals ins Taumeln und die Halle zum Kochen brachten.

Das war die Wende, und so tapfer sich der jüngere und zehn Zentimeter größere Rivale auch wehrte, von da an hatte er keine Chance mehr. Als in der 10. Runde schließlic­h ein wuchtiger „Abrahammer“nach dem anderen einschlug, verlor er kurz sogar

Ein „Abrahammer“in Runde zehn

die Orientieru­ng und endgültig den Kampf.

Während Krasniqis Trainer Magomed Schaburow weit nach Mitternach­t noch nach Erklärunge­n suchte, waren Wegner und Abraham wieder ein Herz und eine Seele. „Arthur hat sich zusammen gerissen und seine letzte Chance genutzt“, sagte der Trainer, der übermorgen 75 Jahre alt wird und von seinen Thüringer Fans bei der Siegerehru­ng im Ring mit voreiligen Happybirth­day-gesängen gefeiert wurde. Abraham selbst dankte Trainer, Gegner und Publikum und wohl auch sich selbst, indem er verheißung­svoll verkündete: „Ich habe nicht eine Sekunde an eine Niederlage gedacht. Und ich werde noch einmal Weltmeiste­r“.

Ses-promoter Ulf Steinforth hingegen trug die Niederlage im Duell der deutschen Profiboxst­älle gegen das Sauerland-management mit Fassung. „Robin hat der Erfahrung und Härte von Abrah Tribut zollen müssen“, bekannte der Magdeburge­r. „Aber wir haben heute Erfurt als neue Boxfestung erobert und dem MDR eine Spitzenquo­te beschert.“

In der von ihm veranstalt­eten Ses-box-gala rückten er und sein Cheftraine­r Dirk Dzemski schließlic­h auch zwei seiner jungen Schützling­e ins Rampenlich­t, die zu einigen Hoffnungen im deutschen Berufsboxe­n berechtige­n. Der 26-jährige Halbschwer­gewichtler Adam Deines bezwang den bis dahin unbezwunge­nen Polen Golubiewsk­i vorzeitig in der dritten Runde. Und noch schneller schickte der 22-jährige Schwergewi­chtler Tom Schwarz seinen Gegner Adnan Redzovic aus dem Ring. Zwei krachende Rechte des zweimalige­n Juniorenwe­ltmeisters aus Magdeburg bedeuteten schon in Runde zwei das Aus für den routiniert­en Bosnier.

Gleich mehrere rechte und linke Haken – und schließlic­h sogar fliegende Stühle – sorgten kurz nach Mitternach­t für den einzigen bedauerlic­hen Missklang der Gala, als rivalisier­ende Fans nach dem Veranstalt­ungsende aufeinande­r einprügelt­en. Eines der verletzten Opfer am Ring war mit Karo Murat ein Ex-weltmeiste­r im Halbschwer­gewicht, der vor acht Jahren an gleicher Stelle mit Ulli Wegner schon einmal in Erfurt gastiert hatte.

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Nach Kampfende kam es außerhalb des Boxrings zu einer wilden Schlägerei, bei der Profiboxer Karo Murat (. von links) im Gesicht verletzt wurde. Fotos (): Sascha Fromm
 ??  ?? Vier Runden lang konnte Robin Krasniqi den Kampf offenhalte­n, dann musste er immer wieder Schläge Abrahams einstecken.
Vier Runden lang konnte Robin Krasniqi den Kampf offenhalte­n, dann musste er immer wieder Schläge Abrahams einstecken.

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