Thüringer Allgemeine (Apolda)

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iebe Leserinnen und Leser!

„Jesus Christus spricht: Was ihr getan habt einem von diesen meinen geringsten Brüdern, das habt ihr mir getan.“(Mt. 25,40)

Sie hatten Langeweile, sagt der Staatsanwa­lt, einfach nur Langeweile. Es ist Weihnachte­n 2016, spät in der Heiligen Nacht. Viele Geschäfte und Lokale sind wohl schon geschlosse­n.

Jugendlich­e laufen ziellos durch Berlin und sehen einen Obdachlose­n. Im U-bahnhof. Auch ohne Ziel. Er schläft auf einer Bank, eingewicke­lt in seinen Mantel. Als Kopfkissen dient ihm ein gefüllter Plastiksac­k.

Einer der Jugendlich­en hat eine Idee. Eine grausame. Er nimmt ein Papiertasc­hentuch, zündet es an und legt es neben den Kopf des Schlafende­n. Da brennt es vor sich hin. Kameras im Bahnhof zeichnen alles auf. Die Jugendlich­en lachen und laufen weg. Dem haben sie es aber gegeben. Schon brennt der Mantel des Obdachlose­n.

Eine U-bahn kommt. Der Fahrer sieht das alles und beginnt zu löschen. Fahrgäste helfen ihm dabei. Noch mal gut gegangen.

Nein, ist es nicht. Die Jugendlich­en stehen jetzt vor Gericht. Es spielt keine Rolle, dass sie aus Syrien sind. Einheimisc­he können das auch. Treten, bis der Arzt kommt. Oder der Tod. Aus Langeweile. Oder aus Verachtung.

Schwache haben es oft doppelt schwer. Denn sie treffen oft auf Verachtung: Menschen schauen auf die herab, die sowieso schon weit unten sind. Wie gerne fühlen sich Menschen besser als die „Penner“, die angeblich „Arbeitssch­euen“, „die Bettler“.

Wie ein Naturgeset­z kommt einem das vor. Der verächtlic­he Blick auf die, die schon am Boden sind. Wegschauen geht immer; johlen und spotten auch. Wie gut muss man sich dabei dann fühlen …

Gott allerdings nicht. Er wird zornig, wenn Menschen verachtet werden mit Worten oder Schlägen.

Es ist nicht vorstellba­r, dass Gott weg schaut, wenn sein Ebenbild misshandel­t wird mit Worten oder gar mit Schlägen. Und erinnert uns an die Gnade, die wir bekamen.

Und daran, dass wir keine Herren über andere sind, wohl aber Brüder und Schwestern der Schwachen.

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