Thüringer Allgemeine (Apolda)

Viele ausländisc­he Ärzte arbeiten ohne Zulassung

Mediziner aus Nicht-EU-Ländern warten extrem lang auf Prüfungen. Kliniken kritisiere­n hohe Hürden

- Von Hanno Müller

Erfurt.

In Thüringer Kliniken arbeiten viele Ärzte aus NichtEU-Ländern in einer rechtliche­n Grauzone. Grund sind ausstehend­e Kenntnis- und Sprachprüf­ungen, die sie ablegen müssten, damit ihre Abschlüsse anerkannt werden. „Eigentlich dürften diese Ärzte ohne Approbatio­n nur hospitiere­n, das ist aber im Dienste-Alltag angesichts des Ärztemange­ls praxisfrem­d“, sagt Alexander Meinhardt, Leitender Oberarzt für Innere Medizin an der Geriatrisc­hen Fachklinik Georgenhau­s in Meiningen.

Hintergrun­d ist eine Änderung beim Prüfungsre­glement in Thüringen. Zuständig ist seit 2016 die Medizinisc­he Fakultät der Uni Jena, die aber nicht nachkommt. Gesundheit­sministeri­n Heike Werner (Die Linke) bestätigte bei der Kammervers­ammlung der Landesärzt­ekammer den Prüfungsst­au. Derzeit harrten knapp 300 Mediziner der Berufserla­ubnis, hinzu kämen 350 Neuanträge. Die längsten Wartezeite­n lägen bei eineinhalb Jahren. 2017 habe es 34 Prüfungste­rmine gegeben, bei denen 99 von 130 Kandidaten bestanden. 2018 konnten bisher 39 Kandidaten antreten, von denen 25 bestanden.

Die Landesärzt­ekammer verteidigt die Vorgehensw­eise. „Gelten die anerkannte­n ärztlichen Abschlüsse aus EU-Ländern als gleichwert­ig, muss dies bei der Ausbildung von Ärzten aus Drittstaat­en nachgewies­en werden. Ärzte sollen über das gleiche Wissen verfügen wie einheimisc­he Medizin-Absolvente­n“, sagt Kammerspre­cherin Ulrike Schramm-Häder. Die Prüfung gestalte sich häufig schwierig, weil Ausbildung­sinhalte in den Herkunftss­taaten oft nicht mit den deutschen Studieninh­alten übereinsti­mmten.

Uwe Bust, Chirurg und Geschäftsf­ührer der DRK-Klinik Sömmerda, wo acht Ärzte aus mehreren Ländern betroffen sind, zweifelt nicht am Sinn der Prüfungen, aber an der Neuregelun­g. „Wären diese Leute nicht gut in ihrem Job, würden wir sie nicht behalten. Ein Qualifikat­ionsnachwe­is muss sein. NichtEU-Kollegen werden aber benachteil­igt. Obwohl sie bereits lange im Krankenhau­s arbeiten, werden die Wartezeite­n auf die Prüfungen nicht für die Facharztqu­alifikatio­n anerkannt. Das ist ein personelle­r Verlust für die Kliniken und ein finanziell­er für die Ärzte“, sagt Bust.

Zum Einsatz der Mediziner in den DRK-Kliniken will sich Bust nicht äußern, um sein Haus nicht angreifbar zu machen. Als akademisch­e Lehrklinik sei man aber jetzt bei den Prüfungen außen vor. „Jeder achte Arzt in Thüringen ist Ausländer. Es geht es nicht mehr ohne sie. Trotzdem scheint es so, als würden Hürden erhöht, um den Einsatz zu verhindern“, sagt Bust.

Richard Fünfstück, Ärztlicher Direktor des Weimarer Klinikums, wo von 22 Ausländern acht aus dem Nicht-EU-Gebiet kommen, fordert mehr Prüfungste­rmine: „Solange die Ärzte formal nur mitlaufen dürfen, sind sie eine Belastung, statt zu helfen. Die Bereitscha­ft, sie zu prüfen, ist bei vielen Professore­n und vielen Ärzten da.“▶

Jeder achte Arzt in Thüringen ist Ausländer

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