Thüringer Allgemeine (Bad Langensalza)

Ex-Soko-Chef: Rechte Szene wusste über Einsätze Bescheid

Vor dem NSU-Untersuchu­ngsausschu­ss in Stuttgart spricht der einstige Leiter der Thüringer Sonderkomm­ision. Keine Aussage zu Helfern im Südwesten

- Von Julia Giertz

Stuttgart/Jena. Der ehemalige Leiter der Sonderkomm­ission „Rex“gegen die rechte Szene in Thüringen, Günther Hollandt, hat am Freitag vor dem NSUUntersu­chungsauss­chuss des baden-würrtember­gischen Landetages von massiven Problemen bei Ermittlung­en gesprochen. Ihm seien in den 1990erJahr­en von den eigenen Leuten, aber auch vom Verfassung­sschutz, Steine in den Weg gelegt worden, sagte er. „Sämtliche Verfahren, die wir bearbeitet haben, sind irgendwo im Sande verlaufen. Es war für mich irgendwo frustriere­nd.“Der Landtagsau­sschuss geht der Frage nach, ob die Rechtsterr­oristen des „Nationalso­zialistisc­hen Untergrund­s“(NSU) im Südwesten Helfer hatten.

Die NSU-Mitglieder Uwe Mundlos, Uwe Böhnhardt und Beate Zschäpe stammen aus Thüringen. Die Bundesanwa­ltschaft hält sie für zehn Morde zwischen 2000 und 2007 für verantwort­lich – auch an der Polizistin Michèle Kiesewette­r in Heilbronn. Zu mutmaßlich­en Bezügen des NSU nach BadenWürtt­emberg konnte Hollandt aber nichts sagen. Hollandt sagte, die Zusammenar­beit mit dem Verfassung­sschutz in Thüringen sei schwierig gewesen. Er habe den Schutz seiner Quellen über die Aufklärung von Verbrechen gestellt. Es habe in der Soko auch einen Maulwurf gegeben: Geplante Maßnahmen der Polizei seien in der Szene bekannt gewesen. Zu den Gründen, aus denen die Soko 1996 nach eineinhalb Jahren überrasche­nd aufgelöst wurde, meinte Hollandt: „Wir waren zu aktiv und zu dicht dran, und der Verfassung­sschutz hatte einfach Angst, dass wir ihnen das Wasser abgraben.“

Ausgesagt hat auch ein Cousin Beate Zschäpes und sie als durchsetzu­ngsfähige Frau beschriebe­n. „Sie hat sich nicht großartig etwas gefallen lassen“, sagte Stefan A. in dem Landtagsgr­emium in Stuttgart. „Sie hat sich halt durchgeset­zt.“Beate Zschäpe sei meistens mit Männern und weniger mit Frauen befreundet gewesen. Nach ihrem Abtauchen habe er keinen Kontakt mehr zu seiner Cousine gehabt. „Sie hat sich nie bei mir gemeldet. Ich weiß nichts.“Keiner in der Familie habe verstanden, warum Zschäpe plötzlich verschwund­en gewesen sei, sagte Stefan A. „Man hat immer gehofft, dass sie wiederkomm­t.“Die Familie habe nicht gewusst,, ob Zschäpe überhaupt noch lebe. Der aus Jena stammende Cousin kannte auch die beiden weiteren NSU-Mitglieder Uwe Böhnhardt und Uwe Mundlos. Mit Mundlos sei er aber im Streit auseinande­rgegangen, nachdem dieser ihn als „Alkoholike­r“bezeichnet habe. Stefan A. beschrieb Mundlos als gebildet, Böhnhardt sei aggressive­r und ein Waffennarr gewesen.

Zschäpe steht in München vor Gericht. Sie ist wegen Mittätersc­haft an allen Verbrechen des NSU angeklagt. (dpa)

 ??  ?? Günter Hollandt, Ex-Leiter der Thüringer Soko Rex, sprach am Freitag in Stuttgart vor dem NSU-Untersuchu­ngsausschu­ss im Landtag. Foto: F. Kraufmann,dpa
Günter Hollandt, Ex-Leiter der Thüringer Soko Rex, sprach am Freitag in Stuttgart vor dem NSU-Untersuchu­ngsausschu­ss im Landtag. Foto: F. Kraufmann,dpa

Newspapers in German

Newspapers from Germany