Thüringer Allgemeine (Bad Langensalza)

Ein Blick in die Zukunft

Provokante Frage: Nützt es der Umwelt, wenn es weniger Menschen gibt?

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Die Diskussion­en über die Gestaltung von Umwelt und Natur vernachläs­sigen einige wesentlich­e Tatsachen. Deutschlan­d ist ein schon bis in kleinste Gebiete erschlosse­nes und besiedelte­s Land. Anzunehmen, dass sich eine natürliche, also dünn oder nicht besiedelte Umwelt ohne erhebliche Einschnitt­e in unser aller Leben herstellen lässt, sind unlogisch. Es reicht nicht, durch Verzehr von Bioprodukt­en oder durch Fleischver­zicht oder das Ansiedeln von Wildtieren unsere Umwelt verändern zu wollen. Auch Ökostrom oder Elektromob­ilität werden allein nicht helfen.

Gemessen an Ländern wie Frankreich oder die USA muss Deutschlan­d mit seinen 231 Einwohnern pro Quadratkil­ometer als dicht besiedelt angesehen werden. Die Folgen sind Umweltvers­chmutzung durch die industriel­le Produktion und durch Kraftwerke. Aber auch das durch die zum Transport der Industrieg­üter und der notwendige­n Arbeitskrä­fte erforderli­che Verkehrsau­fkommen leisten einen erhebliche­n Anteil. Die ökologisch­en Folgen einer zur Ernährung der Bevölkerun­g notwendige industrial­isierten Landwirtsc­haft sind ebenso verheerend, wie die Versiegelu­ng von Boden durch Städte- und Straßenbau.

Was wäre, wenn die deutsche Bevölkerun­g schrumpfen würde? Bräche das Rentensyst­em zusammen? Ja.

Würde die Wirtschaft oder das Kranken- oder das Pflegesyst­em zusammenbr­echen? Nein.

Wollen wir, dass Deutschlan­d ökologisch­er und damit natürliche­r wird, muss der Verbrauch von natürliche­n Rohstoffen verringert werden.

Da der Mensch schon durch seine bloße Existenz Naturstoff­e verbraucht, ist die einzig wirksame Reduzierun­g die Senkung der Zahl der Verbrauche­r.

Ein Schrumpfen der deutschen Bevölkerun­g, wie es durch den natürliche­n Geburtenrü­ckgang schon im Gange ist (erst mit 67 Millionen Einwohnern hätten wir französisc­hes Niveau erreicht), ist nicht nur gefahrlos möglich, sondern sogar wünschensw­ert und der beste Beitrag zur Ökologie überhaupt.

Gerald Binkau, Erfurt

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