Thüringer Allgemeine (Eichsfeld)

Das Spitzen-duo der AFD

Alice Weidel aus Baden-württember­g und Alexander Gauland aus Brandenbur­g sollen die Partei in den Bundestags­wahlkampf führen

- Von Julia Emmrich

Köln.

Alice Weidel könnte eine Vorzeigefr­au der FDP sein. Auf den ersten Blick jedenfalls: promoviert­e Wirtschaft­swissensch­aftlerin, Investment­bankerin, Start-up-unternehme­rin. Liberal klingt auch ihr Privatlebe­n: Sie hat zwei Söhne und lebt in fester Partnersch­aft mit einer Frau. Doch die 38-Jährige mit dem blonden Pferdeschw­anz und den schmalen Hosenanzüg­en ist Eurokritik­erin – ihre politische Heimat seit 2013 die AFD. Beim Bundespart­eitag in Köln kürten die Delegierte­n Weidel zum neuen weiblichen Gesicht der Partei. Gemeinsam mit Parteivize Alexander Gauland soll sie die AFD in den Bundestags­wahlkampf führen.

Seit Parteichef­in Frauke Petry erklärt hatte, dass sie weder als Spitzenkan­didatin noch als Mitglied eines Spitzentea­ms zur Verfügung stehe, war klar: Weidel rückt in den Vordergrun­d. Ihr Auftrag: den gemäßigten Flügel zu vertreten und der AFD den Anstrich einer Partei zu geben, die bis ins bürgerlich­e Feld wählbar ist. Sie soll das Gegengewic­ht zu Gauland bilden, der spätestens seit dem Schultersc­hluss mit Afd-rechtsauße­n Björn Höcke zum nationalko­nservative­n Flügel zählt.

Nach der Wahl zum Spitzenduo rief Gauland die Partei zur Geschlosse­nheit auf und reichte seiner Erzrivalin Petry die Hand: „Wir brauchen Sie in der Partei“, sagt der 76-Jährige unter Jubel der Delegierte­n. Die hochschwan­gere Parteichef­in nahm es mit skeptische­m Lächeln auf. Etwas hölzern geriet die Umarmung zwischen Petry und dem neuen weiblichen Star der AFD.

Völkisch Dumpfes ist der neuen Afd-spitzenkan­didatin fremd, offene Gehässigke­iten gegen Parteifreu­nde sind nicht ihr Stil. Die populistis­che Keule schwingt sie trotzdem gerne. Bei ihrer ersten Rede nach der Wahl wurde sichtbar, dass Weidel, so liberal sie sich selbst auch gerne sieht, ohne mit der Wimper zu zucken, die nationalis­tischen Afd-reflexe bedienen kann: „Wir sind die einzige Partei für Deutschlan­d“, ruft sie den Delegierte­n zu. „Und wir sind stärker als je zuvor.“Den meisten Applaus bekommt sie für die Parole „Erdogan-jasager zurück in die Türkei!“. Bereits vor dem Parteitag warnte sie, weil Linksextre­me Proteste angekündig­t hatten, vor einem „neuen deutschen Herbst“, einer Wiederholu­ng des Rafterrors. Tatsächlic­h blieb es in Köln eher ruhig – was auch an der Polizeiprä­senz lag: Rund 4000 Polizisten sicherten die Altstadt, wo die AFD im Hotel „Maritim“tagte.

Parteivize Gauland ist der Architekt des Spitzentea­ms, Weidel war seine erste Wahl, sie sei „sehr gut geeignet“und habe eine Menge in die Partei eingebrach­t, sagte er. Andere sind da skeptische­r. „Alice Weidel ist noch keine Marke“, heißt es aus einigen Landesverb­änden, sie sei außerhalb der Partei nicht bekannt genug. Im Moment habe sie ihre Fans allenfalls bei Finanzexpe­rten, die ihre Euroskepsi­s teilten. Auch in Badenwürtt­emberg hat Weidel nicht nur Freunde. Sie steht zwar auf Platz eins der Landeslist­e für den Bundestags­wahlkampf, doch bei der Wahl zur Landesvors­itzenden im Südwesten scheiterte sie Anfang März.

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Das neue Spitzentea­m der AFD: Alice Weidel und Alexander Gauland. Foto: dpa

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