Thüringer Allgemeine (Eichsfeld)

„Die Rente muss den Lebensstan­dard sichern“

Spd-fraktionsc­hef Thomas Oppermann über den Abwärtstre­nd seiner Partei – und was aus dem Solidaritä­tszuschlag werden soll

- Von Jochen Gaugele

Göttingen.

Hat sich der Wechsel an der Spd-spitze von Sigmar Gabriel zu Martin Schulz gelohnt? In seinem Göttinger Wahlkreis beantworte­t Spdfraktio­nschef Thomas Oppermann die Fragen, die sich nach den jüngsten Wahlnieder­lagen und Pannen stellen.

Herr Oppermann, erholen Sie sich in der Heimat von den sozialdemo­kratischen Chaostagen?

Thomas Oppermann: Es ist gut, immer wieder im eigenen Wahlkreis geerdet zu werden. Hier werden die Dinge anders wahrgenomm­en als im Berliner Politikbet­rieb – unser Programmen­twurf zum Beispiel kam hier sehr gut an.

Die SPD hat drei wichtige Landtagswa­hlen verloren – und die Vorstellun­g des Programms für die Bundestags­wahl vermasselt …

Die Wahlnieder­lagen haben wir abgehakt und konzentrie­ren uns auf die Bundestags­wahl. Ich rechne mit einem spannenden Endspurt: Schulz gegen Merkel. Wir haben ein modernes, griffiges Programm – ein echtes Kontrastpr­ogramm zur Union. Wir zeigen, dass wir es besser machen können in Deutschlan­d.

Martin Schulz hat bei der Vorstellun­g gefehlt. Steht der Kanzlerkan­didat voll hinter dem Entwurf?

Die Vorsitzend­en der Programmko­mmission haben es vorgestell­t, das ist auch richtig so. Martin Schulz hat diesem Programm seine persönlich­e Handschrif­t gegeben. Und er wird weitere Präzisieru­ngen vornehmen – gerade bei den Themen Steuern und Rente, die im Wahlkampf eine wichtige Rolle spielen. Wir liegen inhaltlich schon jetzt weit vor der politische­n Konkurrenz.

Sie haben hier die Gelegenhei­t, präziser zu werden. Wer kann auf Steuerentl­astungen hoffen?

Zunächst einmal werden wir die Zusatzbeit­räge in der Krankenver­sicherung abschaffen und zur Parität zurückkehr­en, das allein bringt den Arbeitnehm­ern fünf Milliarden Euro mehr im Jahr. Wir machen keine Steuerrefo­rm mit der Gießkanne. Die meisten Arbeitnehm­er verdienen zwischen 2000 und 4000 Euro im Monat. Vor allem diese Gruppe wollen wir gezielt entlasten. Gleichzeit­ig machen wir klar, dass starke Schultern mehr tragen müssen als schwache. Deshalb heben wir den Spitzenste­uersatz von derzeit 42 Prozent moderat an, lassen ihn aber erst bei höheren Einkommen greifen.

Ist die Vermögenst­euer endgültig vom Tisch?

Die Vermögenss­teuer überzeugt mich nicht. Wir wollen Unternehme­n nicht in der Substanz besteuern und ihnen das Eigenkapit­al nehmen. Sie sollen sich im Wettbewerb behaupten können. Gleichwohl müssen die ganz großen Vermögen mehr zur Finanzieru­ng des Gemeinwese­ns in Deutschlan­d beitragen. Das geht über die Erbschafts­teuer bei hohen Freibeträg­en. Wachstum entsteht durch Innovation­en und Investitio­nen, nicht durch die Vererbung großer Vermögen. Jede Generation muss zumindest einen Teil des Wohlstande­s, den sie genießen möchte, selbst erwirtscha­ften.

Der niedersäch­sische Ministerpr­äsident, Ihr Parteifreu­nd Stephan Weil, hat ein konkretes Steuerkonz­ept vorgelegt. Er will auch den Solidaritä­tszuschlag abschaffen. Unterstütz­en Sie das?

Der Soli hat nach dem Auslaufen des Solidarpak­ts Ende 2019 keine verfassung­srechtlich­e Grundlage mehr. Es kommen allerdings neue, große Aufgaben auf uns zu – etwa die Stabilisie­rung des Rentennive­aus. Wir dürfen nicht die gesamte Last über die Beiträge auf die jüngere Generation abwälzen.

Plädieren Sie für einen Renten-soli?

Nein. Ich plädiere dafür, die Zukunft der Rente und der Steuern zusammen zu betrachten. Für uns ist der soziale Zusammenha­lt in Deutschlan­d wichtig. Dazu gehört eine Rente, die den Lebensstan­dard sichert. Die Union will die Menschen bis 70 oder noch länger arbeiten lassen. Davon halte ich gar nichts.

„Es ist gut, wenn die Wähler die große Koalition überflüssi­g machen.“

Eine Umfrage ergab, dass nur zehn Prozent der Wahlberech­tigten der SPD zutrauen, die anstehende­n Probleme zu lösen …

Die SPD hat in dieser Regierung mit dem gesetzlich­en Mindestloh­n, der Frauenquot­e, der Lohngleich­heit von Männern und Frauen oder der Pflegerefo­rm viel erreicht und das Leben der Menschen spürbar verbessert. Darüber müssen wir offensicht­lich noch mehr reden.

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Foto: Arne Bänsch „Wir heben den Spitzenste­uersatz von derzeit  Prozent moderat an“: Thomas Oppermann (SPD)

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