Becken und das Glück
Wacker Nordhausen zieht nach 20 Jahren wieder ins Thüringer Pokalfinale ein. 1:0 in der 89. Minute gegen Meuselwitz
Nordhausen. Die Statistik fragt nicht, wie ein Sieg errungen wurde. Da steht nur das 1:0 gegen Meuselwitz – festgemeißelt. Wacker Nordhausen hat mit dem Erfolg nach 20 Jahren endlich wieder ein Thüringer Pokalfinale erreicht. Ein Sieg des Glücks und auch der Leidenschaft.
Vor dem großen Jubel der 1000 Nordhäuser Fans standen ein verweigerter Elfmeter für die tapferen Gäste und ein KopfballTor in der 89. Minute. Bei beiden Schlüsselszenen war Pierre Dominik Becken der Hauptdarsteller. Als der 29-Jährige nach 68 Minuten Meuselwitz‘ aserbaidschanischen Angreifer Dadashov foulte, blieb die Pfeife von Schiedsrichter Steven Greif aus Westhausen stumm. Die Wacker-Fans hielten die Luft an, die Meuselwitzer Bank tobte und Nordhausens Trainer René van Eck meinte nach dem Spiel ehrlich: „Aus meiner Sicht war es Strafstoß. Dann hätte es zudem Gelb-Rot für Pierre gegeben.“
Das bisher wichtigste Spiel der Saison wäre für Nordhausen da vielleicht schon verloren gewesen. Doch an diesem Tag neigte sich Fortuna den Wackeren zu. Erst verfehlte Dadashov haarscharf die Führung für den ZFC, dann musste der Meuselwitzer Lubsch mit Gelb-Rot gehen (77.) und kurz vor Ultimo landete die von Schulze hart erkämpfte Ecke auf dem Kopf von Becken, der zum Tor des Tages traf (89.). Als Keeper Rauhut dann in der Nachspielzeit seine einzige echte Parade gegen Horoszkiewicz zeigen musste, stand Wacker im Finale.
Dabei war der Einsatz von Matchwinner Becken nur dem Tag- und Nacht-Einsatz der Physiotherapeuten und eines Zahnarztes zu verdanken. Die einen pflegten seinen winzigen Muskelfaseriss, der ihn auch während der Partie noch sichtbar quälte. Der Dentist entfernte alte Füllungen, die Ursache für anhaltenden Nervenschmerz im Rücken gewesen sein könnten.
Weniger Glück hatte Mounir Chaftar. Der routinierte Außenverteidiger musste trotz 16 Spritzen in die in die Adduktoren wie in Neugersdorf seinen Einsatz kurz vorm Anpfiff absagen. Die Meuselwitzer aber hätten schon bei der Anreise ahnen können, dass dies nicht ihr Tag werden würde. Eine Kofferklappe am Bus klemmte geschlagene zehn Minuten, ehe der Busfahrer sein „Händchen“bewies.
Trainer Heiko Weber wollte die Niederlage am Ende trotzdem nicht auf den Schiedsrichter oder gar das Schicksal schieben. „Wir haben kein Tor gemacht, Nordhausen eins“, sagte der ZFC-Coach kühl nach der Schlacht auf dem „Rumpel“-Rasen des Nordhäuser Stadions.
Mit Wacker hatte die glücklichere Mannschaft eine gruselige spannende Partie fast ohne Torgelegenheiten gewonnen. Doch danach fragt am 25. Mai keiner mehr, wenn am Himmelfahrtstag gegen Rot-Weiß Erfurt (oder Weimar/Ostermontag 14 Uhr) die Entscheidung fällt, ob Wacker nach 1997 nun auch wieder den Thüringer Pokal gewinnt.