Thüringer Allgemeine (Erfurt)

Ohne Müll, dafür mit Botschaft: Restlos-Bistro sucht Unterstütz­er

Ulrike Nonn will mit ihrer Gastronomi­e-Idee schon bald auf eigenen Beinen stehen

- Von Frank Karmeyer

Erfurt. Es geht auch ohne. Ohne Verpackung und Plastikmül­l. Dazu braucht es nur einen Plan, etwas mehr an Zeit, vor allem aber den festen Entschluss – dann klappt es mit dem „No Waste“-Lifestyle. Davon ist Ulrike Nonn überzeugt. Seit vor zweieinhal­b Jahren ihre Tochter Ronja auf die Welt kam, hat die 35-jährige Erfurterin sich noch intensiver mit Müllvermei­dung beschäftig­t, kauft unverpackt ein und macht alles, was für sie und ihre Familie auf den Tisch kommt, selbst, verzichtet auf Fertigprod­ukte oder sonstige Zutaten aus dem Tetrapack, der Tüte oder Dose. Nun will sie mit einem „Restlos Bistro“auch anderen ermögliche­n, sich weitestgeh­end müllfrei zu ernähren.

Lang schon hat Ulrike Nonn in der Gastronomi­e in Erfurt gearbeitet, war im Steinhaus der EBurg zu treffen, im CKB oder im Stadtgarte­n. „Jetzt ist der Zeitpunkt gekommen, auf eigenen Füßen zu stehen“, sagt sie. Dabei will sie die eigene Lebenseins­tellung mit einem Bistro verbinden, erklärt sie im Gespräch bei „Luise genießt“, dem verpackung­sfreien Laden, den eine Freundin in der Paulstraße betreibt. Sie weiß daher: Verpackung­sfrei zu leben ist das eine, damit auch die notwendige­n Umsätze zu erzielen das andere. Oder anders gesagt: Zwar ist das Thema „Zero Waste“für viele Menschen in Erfurt interessan­t, nicht alle aber setzen diesen Anspruch auch konsequent um und landen am Ende doch beim Discounter.

Der Einzelhand­el aber, davon ist Ulrike Nonn überzeugt, stehe unter stärkerem Druck als die Gastronomi­e. „In einem Bistro zähle am Ende vor allen Dingen, ob es schmeckt.“Wenn dann das Essen noch ohne großes Müllaufkom­men produziert werde, nehme das der Gast gern als Zugabe an, so ihre Überlegung. Nicht ums Belehren oder Bekehren gehe es ihr dabei: „Ich finde gut, wenn Leute auf Verpackung verzichten, soweit es in ihr Leben passt“, sagt die angehende Gastronomi­n. Grundsätzl­ich dürfe kein Zwang oder Verzicht dahinter stehen: „Dann ist es wie mit einer Diät, bringt nicht die erwünschte Wirkung“, sagt Ulrike Nonn.

Bislang gibt es Flyer für das Vorhaben und eine Crowdfundi­ng-Kampagne, die, gut 20 Tage vor dem Ende 4700 der geplanten 10000 Euro an Startkapit­al eingespiel­t hat. Ein Weg, den auch „Luise genießt“gegangen ist: Der Laden feiert nun am 3. Juni sein einjährige­s Bestehen.

Kaffee in Bambusbech­ern, vegane Suppe und andere ebenso regionale wie saisonale Gerichte in Thermobehä­ltern soll es im Bistro geben, Salate ebenso wie trendige „Overnight-Oats“. Dahinter verbergen sich Hafer- und andere Getreidefl­ocken, Buchweizen­grütze oder auch Chiaund Leinsamen, die mit weiteren Zutaten wie Nüssen in Saft oder Milch eingeweich­t werden und über Nacht im Kühlschran­k auf den Morgen warten. Alles in Behältern, die mitgebrach­t oder gegen Pfand ausgegeben werden. Wie das funktionie­ren kann, bei allen Hygieneanf­orderungen und -gesetzen, darüber hat sich Ulrike Nonn beim Veterinära­mt schlau gemacht. „Es geht in der Hauptsache darum, dass die Thekenkraf­t den mitgebrach­ten Behälter nicht anfasst“, sagt die 35-Jährige. Wer mit einer Schüssel komme, der stelle sie einfach auf‘s Tablett, sie wird gefüllt und auf dem Tablett wieder über die Theke gereicht. „Eigentlich ist‘s ganz einfach, es kommt nur auf den Trick an“. Beim Amt sei sie jedenfalls auf offene Ohren gestoßen. Am schwierigs­ten gestalte sich in Erfurt die Suche nach geeigneten Räumlichke­iten. Sind die gefunden, könne im September eröffnet werden. Gerne mit der Crowdfundi­ng-Starthilfe, „ganz gewiss aber auch ohne“, ist Ulrike Nonn von ihrem Konzept überzeugt.

Inzwischen hat sich auch ein Verein gegründet in Erfurt, der das verpackung­sfreie Leben propagiert: Der UmSoAktive­r-Verein befindet sich noch in der Gründungsp­hase, trifft sich jeden ersten Mittwoch im Monat – in den Räumen des verpackung­sfreien Ladens „Luise genießt“in der Paulstraße.

Schwierige Suche nach geeigneten Räumen

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Foto: Frank Karmeyer Ulrike Nonn will ein „Restlos-Bistro“in Erfurt eröffnen, in dem auf Verpackung­smüll verzichtet wird.

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