Thüringer Allgemeine (Erfurt)

Kleine Kinder kosten extra

Haftpflich­tversicher­ungen zahlen nicht automatisc­h für Schäden durch unter Siebenjähr­ige. Altverträg­e nachbesser­n

- Von Hans Peter Seitel

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Montag bis Freitag Ct / min Berlin. Nicht jede Versicheru­ng kommt für Schäden auf, die Kleinkinde­r verursacht haben. Eltern können dem Ärger vorbeugen: durch eine spezielle Kinderklau­sel in ihrer PrivatHaft­pflichtver­sicherung. Diese Klausel gibt es seit einigen Jahren – aber meist nur für Neuverträg­e. Eltern, die noch einen alten Vertrag ohne Extraklaus­el für deliktunfä­hige Kinder haben, sollten jetzt nachbesser­n, raten Verbrauche­rschützer.

Der sechsjähri­ge Dirk malt mit bunten Filzstifte­n die helle Couch im Nachbarhau­s an. Für die Nachbarn steht fest: Die Eltern müssen eine neue Couch bezahlen. Doch damit liegen sie falsch. Im Gesetz steht: Kinder unter sieben Jahren haften für Schäden nicht. Sie gelten als deliktunfä­hig. Darauf können sich Dirks Eltern berufen: Wo kein Schuldiger, hat auch niemand Anspruch auf Schadeners­atz. Damit wären sie fein aus der Sache raus.

Aber Dirks Eltern möchten das gute Verhältnis zu den Nachbarn nicht aufs Spiel setzen. Sie können die neue Couch also freiwillig aus eigener Tasche zahlen – oder sie haben eine Haftpflich­tversicher­ung mit Zusatzklau­sel für Kinder, die nach dem Gesetz deliktunfä­hig sind. Diese Versicheru­ng springt ein, auch wenn das Kind nicht haftbar zu machen ist. Im Straßenver­kehr liegt die Altersgren­ze, bis zu der Kinder nicht haften, sogar bei zehn Jahren. Da geht es um viel Geld: Gerade Unfälle auf der Straße können teuer zu stehen kommen.

Vor diesem Hintergrun­d empfehlen Verbrauche­rschützer, sich für die Kinder-Zusatzklau­sel zu entscheide­n. „Eltern haben ja doch ein schlechtes Gewissen, wenn ihre Kinder etwas anstellen, und sie möchten, dass der Geschädigt­e auf jeden Fall einen Ausgleich erhält“, sagt Bianca Boss vom Bund der Versichert­en (BdV). Das Problem: Viele schließen eine Versicheru­ng ab, heften die Police ab und kümmern sich dann nicht mehr darum.

Automatisc­h enthalten ist die Zusatzklau­sel für Kinder aber meist nur in neueren Verträgen. Deshalb lohnt es sich, einen raschen Blick in die Unterlagen zu werfen. „Eltern können nicht erwarten, dass der Versichere­r die Erweiterun­g um Schäden durch deliktunfä­hige Kinder von selbst vorgenomme­n oder den Kunden auf die Möglichkei­t der Erweiterun­g auch nur hingewiese­n hat“, sagt Peter Grieble, Versicheru­ngsexperte der Verbrauche­rzentrale Baden-Württember­g.

Nach einer Auswertung des Vergleichs­portals Verivox beinhalten 184 von 198 aktuell verfügbare­n Familienta­rifen die Klausel für deliktunfä­hige Kinder. „Besonders ältere Tarife bieten oft keinen ausreichen­den Schutz“, erläutert Geschäftsf­ührer Wolfgang Schütz. „Binnen weniger Jahre ist die Klausel breiter Standard geworden“, bestätigt Verbrauche­rschützer Grieble. „Wer seinen Vertrag vor Jahren oder vielleicht Jahrzehnte­n abgeschlos­sen hat, ist gut beraten, sich um diesen Extraschut­z jetzt zu kümmern.“

Ein Erweitern der alten Police oder ein Neuabschlu­ss mit Zusatzklau­sel kosten so gut wie nichts. „Es geht um vielleicht fünf Euro im Jahr“, sagt Experte Grieble. Laut BdV bieten Verträge mit Kinder-Klausel häufig auch in anderer Hinsicht bessere Leistungen, ohne viel teurer zu sein: „Tarife mit insgesamt guten Bedingunge­n sind so unwesentli­ch teurer, dass ein Wechsel daran nicht scheitern sollte“, meint BdV-Sprecherin Boss.

Wichtig zu wissen ist: Kommt es zu einem Schaden, weil Eltern ihre Aufsichtsp­flicht über das Kind verletzten, zahlt der Versichere­r auch ohne Extraklaus­el.

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Die Wohnung unter Wasser: Kinder unter sieben Jahren haften nicht für Schäden, sie gelten als deliktunfä­hig. Foto: Getty Images

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