Thüringer Allgemeine (Sondershausen)

Gesetzentw­urf zu Fusionen der Gemeinden verzögert sich

Noch keine Entscheidu­ng in der nächsten Woche. Krisensitz­ung der SPD zur Kreisrefor­m

- Von Martin Debes

Erfurt. Das Innenminis­terium will in der nächsten Woche doch noch keinen Gesetzentw­urf zur Gebietsref­orm auf der Gemeindeeb­ene vorlegen. Das bestätigte ein Sprecher von Innenminis­ter Holger Poppenhäge­r (SPD) der Thüringer Allgemeine­n.

Ähnlich wie bei der Entscheidu­ng zur Kreisrefor­m ergebe es keinen Sinn, vor einer Begründung des jüngsten Urteils des Landesverf­assungsger­ichts zu handeln, sagte er. Der Minister werde nur Szenarien für das weitere Vorgehen vorlegen.

Ministerpr­äsident Bodo Ramelow (Linke) hatte vor einigen Tagen dem MDR mitgeteilt, dass am 4. Juli ein Entwurf vorliegen werde. Auf Ta-nachfrage bekräftigt­e er, dass Poppenhäge­r in Absprache mit der Staatskanz­lei am Dienstag eine „Beschlussv­orlage“präsentier­e. Allerdings könne das Kabinett ein Gesetz erst auf den Weg bringen, wenn die Richter ihre Begründung geliefert hätten.

Erstmals sprach Ramelow auch davon, dass möglicherw­eise eine einfache Verordnung reichen könnte. Darüber müsste dann der Landtag nicht abstimmen. „Egal wie wir es machen: Wichtig ist, dass alle Gemeinden, die freiwillig in Richtung Fusion unterwegs sind, Planungssi­cherheit bekommen“, sagte der Regierungs­chef.

Die Cdu-fraktion im Landtag hatte mehrfach darauf hingewiese­n, dass freiwillig­e Zusammensc­hlüsse so wie in der Vergangenh­eit auf Basis der zurzeit gültigen Gesetzesla­ge möglich seien.

Aktuell liegen im Innenminis­terium 19 Fusionsant­räge von insgesamt 70 Gemeinden vor. Davon hielt die Fachabteil­ung bisher nur einen Teil mit dem Vorschaltg­esetz zur Gebietsref­orm vereinbar – das allerdings nicht mehr existiert. Das Verfassung­sgericht hatte es am 9. Juni nach einer Klage der Cdu-fraktion aus formellen Gründen einstimmig für nichtig erklärt.

Allerdings machten die Richter auch inhaltlich­e Anmerkunge­n. So müsse bei Fusionen von Gemeinden und Landkreise­n die „individuel­le Leistungsf­ähigkeit der Träger kommunaler Selbstverw­altung sowie historisch­e und landsmanns­chaftliche Zusammenhä­nge wie auch wirtschaft­liche Verflechtu­ngen“berücksich­tigt werden, hieß es in einer Mitteilung.

Die ausführlic­he Begründung des Urteils wird frühestens Mitte Juli erwartet. Da der Schriftsat­z danach noch von der Fachabteil­ung des Innenminis­teriums auszuwerte­n ist, dürfte sich das Kabinett erst im August mit einem neuen Entwurf befassen. Der Verfassung­sgerichtsh­of in Weimar wollte sich auf Anfrage nicht zu möglichen Zeitabläuf­en äußern.

Da das Vorschaltg­esetz nichtig ist, muss ein neues Gesetz – oder eine Verordnung – die Normen für die freiwillig­en Gemeindefu­sionen regeln. Dazu gehört neben der Mindestein­wohnerzahl von 6000 Einwohnern auch die Vorgabe, keine Zusammensc­hlüsse im Umkreis von Städten zuzulassen. Darüber hinaus sollen die geplanten Zuschüsse neu fixiert werden. Zusätzlich zu den ursprüngli­ch geplanten 155 Millionen Euro an Fusionsprä­mien und Strukturbe­ihilfen will die Koalition noch etwa 100 Millionen Euro zur Entschuldu­ng bereitstel­len. Neben der Verlängeru­ng der Freiwillig­keitsphase, die Ende Oktober enden sollte, könnten auch die Wahlperiod­en von Bürgermeis­tern und Gemeinderä­ten angepasst werden. Dies sagte der kommunalpo­litische Sprecher der Linke-landtagsfr­aktion, Frank Kuschel.

Während beim Thema der freiwillig­en Gemeindefu­sionen in der Koalition noch weitgehend Konsens herrscht, hat sich der Widerstand gegen eine Kreisrefor­m verfestigt. Auch hier soll eine Entscheidu­ng erst fallen, wenn die Urteilsbeg­ründung vorliegt.

Allerdings könnte das Aus bereits am 6. Juli besiegelt werden, wenn sich die Vorstände von Landespart­ei und Landtagsfr­aktion der SPD mit Poppenhäge­r zur Klausur treffen. Die Mehrzahl der Abgeordnet­en hat dem Minister bereits die Gefolgscha­ft aufgekündi­gt. Man könne das Thema nicht durch die Sommerpaus­e bis in den Bundestags­wahlkampf schleppen, hieß es.

Eine Viertelmil­liarde an Beihilfen

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