Thüringer Allgemeine (Sondershausen)

„Schulden stehen Investitio­nen gegenüber“

Auch wenn es keinen Gegenkandi­daten gibt, macht Bürgermeis­ter Matthias Strejc Wahlkampf

- Von Ingolf Gläser

Bad Frankenhau­sen. Seit dem 1. Juli 2006 ist Matthias Strejc (SPD) hauptamtli­cher Bürgermeis­ter von Bad Frankenhau­sen. Das will er auch in den nächsten sechs Jahren bleiben. Einen Gegenkandi­daten hat er bei der Wahl am 15. April nicht. Thüringer Allgemeine sprach mit dem 41-Jährigen über den Wahlkampf, die Entwicklun­g der Stadt, die Schulden, die sie hat, über Visionen, Fehler und den Griff nach den Sternen.

Herr Strejc, fühlen Sie sich schon jetzt als Sieger – ohne Gegenkandi­dat?

So ein Gefühl sollte erst am 15. April nach der Auszählung der Stimmen aufkommen. Ich persönlich hätte es schöner gefunden, wenn es einen oder mehrere Gegenkandi­daten gegeben hätte. Dann hätten die Bürger auch die Wahl. Es ist ja möglich, noch einen Namen auf den Stimmzette­l zu schreiben. Dass es keinen Gegenkandi­daten gibt, ist auch ein Stück Anerkennun­g der Arbeit von SPD, Pro F, Linke und CDU im Stadtrat. Bei der Stadtentwi­cklung gab es mehrheitli­che Zustimmung­en. Machen Sie Wahlkampf?

Ein bisschen. Der Flyer ist in der Verteilung, es wird Plakate geben, ebenso eine Infobrosch­üre mit Rückblick auf zwölf Jahre im Amt und die Ziele. Infostände sind am 29. März, 5. und 12. April jeweils 8.30 bis 11 Uhr auf dem Markt. Da sind Markttage.

Welche Partei, Wählervere­inigung hat gesagt: Wir unterstütz­en Matthias Strejc?

Da gab es offiziell keine Aussage. An den Infostände­n ist die Partei Die Linke mit dabei.

Landratswa­hl und Bürgermeis­terwahl. Wie hoch wird die Wahlbeteil­igung sein? Schwierig zu sagen. Aber es sind ja auch Landratswa­hlen mit drei Kandidaten. Das zieht die Bürger schon an die Wahlurne. Wenn nur Bürgermeis­terwahl wäre, kämen vielleicht nur 30 Prozent. Ich hoffe, dass Antje Hochwind es im ersten Wahlgang schafft, sie leistet eine gute Arbeit für den Kyffhäuser­kreis.

Sie sind seit zwölf Jahren Bürgermeis­ter. Was war ihr größter Fehler?

Spontan fällt mir da nichts sein. Aber ich habe es als große persönlich­e Niederlage gesehen, dass sich damals das Land nicht für die Rettung des schiefen Turmes einsetzte, da bin ich in Erfurt immer wieder abgeblitzt. Es gab Projekte, wo ich schon mal ins Schwitzen kam, mich fragte, geht das wirklich gut? Die Stadt hatte den schiefen Turm für einen Euro gekauft, es stand Seit  ist der Sozialdemo­krat Matthias Strejc () hauptamtli­cher Bürgermeis­ter der fast  Einwohner zählenden Stadt Bad Frankenhau­sen. Foto: Ingolf Gläser

nicht fest, ob wir ihn retten können. Viele hatten Bedenken wegen des Vorhabens Solewasser­vitalpark mit rein biologisch­er Reinigung der Sole. Geht das gut? Es funktionie­rt!

Bad Frankenhau­sen hat eine positive Entwicklun­g genommen. Hebt man da als Bürgermeis­ter ab?

So bin ich nicht. Ich bin bodenständ­ig. Was wir in der Stadtentwi­cklung erreichten, haben wir, das sage ich immer wieder, gemeinsam erreicht. Stadtrat, Verwaltung, die Bürger, die Einrichtun­gen, die Vereine.

Welche Ziele und Visionen haben Sie?

Der Schwerpunk­t bleibt der Tourismus. Bei der gesundheit­lichen Vermarktun­g müssen wir noch aufholen. Entwickelt sich die Stadt in den Bereichen Kur, Tourismus und Reha weiter, haben

auch alle Einwohner etwas davon. Es gibt Geschäfte in der Kräme, mehrere Gaststätte­n, die Therme, kulturelle Veranstalt­ungen. Mit den Einnahme, die wir haben, können wir beispielsw­eise auch Straßenbau­vorhaben verwirklic­hen. Und uns zahlreiche sogenannte freiwillig­e Leistungen gönnen: Museum, Bibliothek, kostenlose­s Mittagesse­n in den Kindertage­sstätten, stabile Elternbeit­räge in den Kitas. Und: Wir sind auch eine attraktive Wohnstadt.

Im Doppelhaus­halt 2018/2019 hat die Stadt wieder Kredite aufgenomme­n. Ende des Jahres betragen die Schulden fast 14 Millionen Euro. Können Sie da noch ruhig schlafen?

Ja, der Schuldenst­and ist sehr hoch. Ich kann dennoch ruhig schlafen. Bei meinem Amtsantrit­t war der Schuldenst­and auch fast so hoch. Wir haben

weitere Kredite aufgenomme­n und haben in den Jahren immerhin rund 50 Millionen Euro investiert. Wir tilgen auch jährlich um die 700 000 Euro. Das können wir uns leisten. Sonst hätte die Kommunalau­fsicht dem neuen Kredit nicht zugestimmt. Der Stadtrat beschloss den Doppelhaus­halt mit der Kreditaufn­ahme einstimmig. Wir sind leistungsf­ähig. Wir nutzen die Möglichkei­ten für eine hohe Förderung, die es jetzt noch gibt. Ab 2021, wenn Thüringen weniger Geld von der EU bekommt, liegt die Förderung vielleicht nur bei 30 oder 40 Prozent. Also packen wir weitere Vorhaben an.

In manchen Orten, beispielsw­eise Sondershau­sen, ist die Sicherheit ein großes Thema. In unserer Stadt leben etwa 250 Ausländer, das sind nicht einmal zwei Prozent der Bevölkerun­g. Bei uns muss keiner Angst haben,

nachts durch Bad Frankenhau­sen zu gehen, auch nicht im Wohngebiet Tischplatt/schackenfe­ld. Es gibt hin und wieder Probleme bei der Ordnung und Sauberkeit im Kurpark. Aber das sind deutsche Jugendlich­e.

Hat sich Bad Frankenhau­sen noch einmal als Außenstand­ort für die Bundesgart­enschau 2021 in Erfurt beworben?

Da gab es ja 2015 eine klare Absage aus Erfurt. Wir hätten uns 2017 nochmals bewerben können, haben es aber nicht. Thema ist „Historisch wertvolle Gartenanla­gen“. Die haben wir nicht. Bendeleben ist Außenstand­ort, da kommen sicher auch einige Besucher in unsere Kurstadt.

Was ist ihr größter Traum, was sollte Bad Frankenhau­sen haben oder sein?

Dass sich Bad Frankenhau­sen unter all den vielen Kurorten in ganz Deutschlan­d einen bekannten und guten Namen gemacht hat. Wenn es um eine spezielle Reha geht und darum, etwas Spezielles für die Gesundheit zu tun, dann sollen die Leute sagen: Bad Frankenhau­sen. Sehr wichtig ist uns auch die touristisc­he Erschließu­ng des schiefen Turmes. Vielleicht kommen in 20 oder 30 Jahren jährlich eine halbe Million Menschen. Fahren nicht nach Pisa. Und da ist der Wunsch, dass wir uns als Standort für Familien-ferienhäus­er entwickeln.

Wenn man Erfolg hat, greift man nach den Sternen. Matthias Strejc – der Landrat, der Staatssekr­etär im Ministeriu­m, der Mann in Berlin?

Da habe ich absolut keine Bestrebung­en. Die Arbeit als Bürgermeis­ter macht Freude und Spaß. Wir haben noch so viel vor. Ich bin hier – so habe ich auch Zeit für die Familie. Die ich in Berlin oder Erfurt nicht hätte.

Apropos Familie. Bleibt Zeit für sie?

Leider sehr wenig, an Hobbys ist kaum zu denken. Aber ich wusste und weiß, dass es keine 40Stunden-woche ist.

Wie steht es um die Bestrebung­en von Ichstedt und Ringleben, mit Bad Frankenhau­sen zu fusioniere­n?

In dieser Woche reichen wir fristgerec­ht den Antrag bei der Kommunalau­fsicht ein.

Wie ist die Beziehung zur Nachbargem­einde Kyffhäuser­land?

Beidseitig sehr verhalten.

Aus der Altstadt kommt hin und wieder Kritik, weil hier nichts passiert.

Es gibt Gespräche mit dem Landesverw­altungsamt, ob wir die Altstand als ein zweites Sanierungs­gebiet ausweisen können. Oder das bestehende im Zentrum der Stadt erweitern können. So haben wir die Möglichkei­t, um besser an Fördermitt­el zu kommen.

In Sondershau­sen und Artern ist der Leerstand bei Geschäften auffallend. Wie sieht es in Bad Frankenhau­sen aus? Nicht so schlecht. Es kamen zwei neue Geschäfte dazu und ich hoffe, dass in den anderen, wenn die Inhaber in den Ruhestand gehen, es Nachfolger gibt.

Die Einwohnerz­ahl ist konstant, die Zahl der Kinder wächst.

Wir brauchen einen vierten – kleineren – Kindergart­en. In der Grundschul­e wird es eng. Es gibt Zuzüge, die sind nicht planbar. Wir erschließe­n ein neues Wohngebiet und erarbeiten für den Stadtkern ein sogenannte­s Brachfläch­enmanageme­nt.

In 20 Jahren ist Bad Frankenhau­sen...

...eine blühende Kurstadt mit wunderbare­m Wohnumfeld für alle. Da brauchen wir uns schon jetzt nicht verstecken.

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