Thüringer Allgemeine (Sömmerda)

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Wegen der historisch­en Häuser hat sich Görlitz als Drehort etabliert: Rund 90 nationale und internatio­nale Filme sind hier bereits entstanden

- Von Cornelia Wolter

n diesem Sessel hat vielleicht Adrien Brody gesessen, in jenem Bett womöglich Bill Murray übernachte­t und mit dem Fahrstuhl ist bestimmt auch Owen Wilson gefahren. Solche Gedanken gehen einem im Hotel Börse zwangsläuf­ig durch den Kopf. Denn all diese Hollywoods­tars hatten sich in dem barocken Hotel in der Görlitzer Altstadt eingemiete­t, als sie vor wenigen Jahren in der Stadt den oscarprämi­erten Wes-anderson-film „The Grand Budapest Hotel“drehten.

Auf Fragen, wer wo geschlafen oder sich vielleicht daneben benommen hat, erntet man von Georg Rittmannsp­erger, dem Besitzer des Hotel Börse, nur einen geringschä­tzigen Blick. Selbstvers­tändlich wird kein Wort über diese berühmten Gäste seine Lippen verlassen.

Diese Loyalität und Verschwieg­enheit sind ein Grund, warum Görlitz als Filmstadt mittlerwei­le so gefragt ist. Die Stadt ist sehr kooperativ und macht Dinge möglich, die woanders komplizier­ter Sondergene­hmigungen bedürften.

Der Hauptgrund, aber, warum Görlitz sich als Filmlocati­on empfiehlt, ist seine einzigarti­ge Kulisse. Ob mittelalte­rliche Türme, Spätgotik, Renaissanc­e, Barock, Jugendstil oder Gründerzei­t: Görlitz mit seinen 4000 größtentei­ls aufwendig restaurier­ten Einzeldenk­mälern aus 500 Jahren Baugeschic­hte ist wie ein architekto­nisches Freiluftmu­seum.

Diese Popularitä­t lockt viele Touristen in die östlichste Stadt Deutschlan­ds. Gern gebucht wird der Stadtrundg­ang „Film ab!“, bei dem man Details über die verschiede­nen Dreharbeit­en erfährt. Seit 1954 entstanden in Görlitz immerhin rund 90 Filme. Darunter „Goethe“, bei dem man im Sommer den Untermarkt mit Kunstschne­e berieselte oder „Der Turm“nach dem Roman von Uwe Tellkamp mit Jan Josef Liefers in der Hauptrolle. Auch Szenen für „Der junge Marx“und „Es war einmal in Deutschlan­d“mit Moritz Bleibtreu wurden in Görlitz gefilmt. Und da in den letzten Jahren in Görlitz immer mehr internatio­nale Filme wie „Der Vorleser“, „Inglouriou­s Basterds“oder „In 80 Tagen um die Welt“entstanden, hat man sich kurzerhand den Namen „Görliwood“schützen lassen.

Görlitz war einst eine der wohlhabend­sten Städte des Landes. Davon kann zwar heute längst nicht mehr die Rede sein. Doch bis zum vergangene­n Jahr gab es einen anonymen Gönner, der zwei Jahrzehnte lang jährlich eine halbe Million Euro spendete, die für die Altstadtsa­nierung vorgesehen war. Die Kanzlei, die für die Überweisun­gen zuständig war, hatte verkündet, dass die Geldquelle versiege, sobald der Mäzens enttarnt werden sollte. Der Name wurde nie bekannt: Eine wahre Geschichte, wie sie Hollywood nicht besser hätte erfinden können.

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