Thüringer Allgemeine (Sömmerda)

Lazarus aus Bleicherod­e

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Warum die Familie die Stadt Bleicherod­e — heute im Landkreis Nordhausen gelegen – verlassen hat, das ist nicht überliefer­t.

Vermutlich gab es in Preußen bessere Verdienstm­öglichkeit­en – vor allem für einen Hersteller von Schuhschna­llen für das Heer. Den Stadtnamen hat die Familie jedenfalls nach Preußen mitgenomme­n und zur Marke gemacht: Samuel Bleichröde­r gründete im Jahre 1803 in Berlin ein Bankhaus. Die Geschäfte liefen derart gut, dass die Bank zur Privatbank Bismarcks wurde. Er erhob dafür 1872 Samuels Sohn in den Adelsstand, so dass dieser sich Gerson Baron von Bleichröde­r nennen durfte.

Natürlich war die Familie reich und erwarb schöne Bilder, darunter „Die Auferwecku­ng des Lazarus“aus der Zeit um 1530/40. Die Zeitung „New York Times“schätzt den Wert des Bildes vor wenigen Tagen auf mehr als 250 000 Dollar. Als die Nazis an die Macht kamen, ging das jüdische Bankhaus Bleichröde­r unter. Die Familie wurde verfolgt, das Gemälde 1938 verkauft. Es landete in Görings Sammlung. Nach dem Krieg wurde es über die Treuhandve­rwaltung für Kulturgut der Bundesrepu­blik Deutschlan­d als „Überweisun­g aus Staatsbesi­tz“an die vom Freistaat getragenen Bayerische­n Staatsgemä­ldesammlun­gen überwiesen.

Erst zur Jahrtausen­dwende hat offenbar eine Forscherin Görings Sammlung erforscht und die Herkunft des Bild entdeckt. Das Museum veröffentl­ichte den Fund und suchte Erben. Am Freitag nun hat die Bayerische Staatsgemä­ldesammlun­g bekannt geben, dass die Restitutio­n des Bildes erfolgreic­h abgeschlos­sen wurde. Die Rückerstat­tung — so meldet es die katholisch­e Nachrichte­n Agentur — erfolgte auf der Grundlage der „Washington­er Erklärung“. Die Erbengemei­nschaft und die Staatsgemä­ldesammlun­gen hätten gemeinsam vertraglic­h festgelegt, dass das Werk zunächst restituier­t und dann von den Staatsgemä­ldesammlun­gen angekauft werde. Das Bild sei inzwischen restaurier­t worden und werde künftig in der Zweiggaler­ie der Sammlungen in Schloss Johannisbu­rg in Aschaffenb­urg wieder zu sehen sein.

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Karsten Jauch über ein restituier­tes Gemälde

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