Thüringer Allgemeine (Weimar)

Authentisc­h und unabhängig

Der Hörfunkrep­orter Ulrich Sondermann-becker ist mit dem Thüringer Journalist­enpreis 2017 ausgezeich­net worden

- Von Elmar Otto

Der Start in Thüringen hätte optimaler kaum sein können. Im November 1994 kommt Ulrich Sondermann­becker erstmals nach Suhl. Es regnet in Strömen. Die neugierige Familie ist mit dabei. Seine Frau Antje und die Kinder sind so begeistert, dass sie gleich wieder ins westfälisc­he Hamm abreisen.

Das war indes auch so vereinbart, denn: „Meine kluge Frau hat mich erst mal ausprobier­en lassen, ob es auch gut ist beim MDR“, sagt Sondermann-becker heute.

Und es ist gut.

Die Familie kommt aber erst im Sommer 1996 nach, als der Schulwechs­el für die älteste Tochter ansteht. Die Zelte schlagen sie in Weimar auf. Die Zeit als Hörfunk-korrespond­ent für Südthüring­en endet Anfang 1999, es folgt der Wechsel ins Mdr-mutterhaus, das damals noch in Weimar steht. Im September 2000 zieht der MDR ins neue Erfurter Funkhaus. Für Sondermann-becker, den Freunde Ulli und Kollegen USB nennen, beginnt ein neuer Abschnitt.

Inzwischen hat er sich als Berichters­tatter längst einen Namen gemacht. Sondermann-becker hat Cdu-ministerpr­äsident Bernhard Vogel fulminant gewinnen, dessen Nachfolger Dieter Althaus (CDU) zurücktret­en und den Linken Bodo Ramelow in die Staatskanz­lei einziehen sehen. Er hat daneben gestanden, als sich Richard Dewes und Christoph Matschie um die Thüringer SPD stritten, mit den Zeitungsko­llegen stundenlan­g vor Sitzungssä­len gelungert, auf Parteitage­n Stimmen gezählt und Stimmungen erkundet. Auf die Erfahrunge­n bei den Afd-demos würde er dabei gerne verzichten, sagt er selbst. Und er gesteht, dass „ich heulen musste, als am Abend des 26. April 2002 die vielen Särge aus dem Gutenberg-gymnasium getragen wurden“.

Es ist ein typischer, ehrlicher Satz für den Radiomann, in dessen Stimme trotz Sprechtrai­nings die einstige Heimatregi­on weiter durchkling­t. Ein Mdr-kollege nennt das einen „unnachahml­ichen Ruhrgebiet­ssing-sang, der immer nach Zeche, Kohle und Schalke 04 klingt“. Allerdings mag Sondermann-becker lieber den BVB. Der 53-Jährige, der als Jugendlich­er die Regattaber­ichte seines Ruderclubs in Hamm für den „Westfälisc­hen Anzeiger“schrieb, in München und Münster studierte und beim legendären Radio Münsterlan­d des WDR erste Erfahrunge­n sammelte, ist authentisc­h geblieben. Er ist nah dran, an denen, über die er berichtet. Aber im kleinen Thüringer Politikkos­mos ist es ihm stets gelungen, sich nicht mit einer Sache gemein zu machen.

Für diese Haltung ist Sondermann­becker nun mit dem Thüringer Journalist­enpreis 2017 des Journalist­enverbande­s und der Sparkassen­finanzgrup­pe geehrt worden. Für fairen, unabhängig­en Journalism­us und exzellent recherchie­rte Beiträge sowie für seine langjährig­e ehrenamtli­che Arbeit als Vorsitzend­er der Landespres­sekonferen­z (LPK) Thüringen, dem Zusammensc­hluss der landespoli­tischen Korrespond­enten im Freistaat. Sondermann-becker habe sich nicht nur als Politikjou­rnalist in Thüringen profiliert, sondern setze mit seinem Engagement als Lpk-vorsitzend­er „auch ein deutliches Zeichen für den Qualitätsj­ournalismu­s im Allgemeine­n“, so Thomas Wagner vom Sparkassen­und Giroverban­d Hessenthür­ingen.

Auch Mdr-landesfunk­hausdirekt­or Boris Lochthofen freut sich über die Auszeichnu­ng des Mitarbeite­rs. Für Lochthofen ist guter Journalism­us der „Rohstoff für den öffentlich­en Diskurs“, das tägliche „Brotund-butter-geschäft“und Sondermann-becker „ein absoluter Topmann“.

Und Ministerpr­äsident Bodo Ramelow lobt: „Seine journalist­ische Sorgfalt sprechen genauso für den Preisträge­r, wie sein Engagement für eine freie Presse. Als Vorsitzend­er der Landespres­sekonferen­z hat er mehr im Blick, als seine eigene Arbeit.“

„Wahrheit bedeutet für mich, dass es eine objektive Wahrheit gibt. Zwei und zwei sind vier und nicht fünf, nur weil man vielleicht aus politische­n Gründen möchte, dass es fünf ist. Darüber wird auch nicht diskutiert“, betont Sondermann-becker.

Vor mehr als 20 Jahren lockte ihn eine damalige Mdr-kollegin mit den Worten nach Thüringen: „Du Ulli, wir suchen jemanden für unser Studio in Suhl – dort kann man im Sommer super Motorrad fahren und im Winter ganz toll Skilaufen.“Dass er diesem Ruf gefolgt ist, haben Sondermann-becker, seine Frau und die sechs Kinder am Ende nie bereut.

Die einst blonden Locken sind inzwischen grau. Aber nicht nur wer einen ausgezeich­neten Journalist­en sucht, ist bei Sondermann-becker an der richtigen Adresse. Im Freundeskr­eis wird er auch als hervorrage­nder Umzugshelf­er geschätzt. Spezialitä­t: die Waschmasch­ine. Die trägt der einstige Ruderer mit Vorliebe alleine in die zweite Etage.

„Ein deutliches Zeichen für den Qualitätsj­ournalismu­s“

 ??  ?? Engagement für eine freie Presse: Ulli Sondermann-becker erhielt den Thüringer Journalist­enpreis . Foto: Paul-philipp Braun
Engagement für eine freie Presse: Ulli Sondermann-becker erhielt den Thüringer Journalist­enpreis . Foto: Paul-philipp Braun

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