Thüringische Landeszeitung (Eisenach)

Hat sich Herr Schlöndorf­f in den Drehort Erfurt verliebt?

- MIT THOMAS THIEME SPRACH FRANK QUILITZSCH

Herr Thieme, wo sind Sie?

Ich bin in meinem Wohnwagen am Set am Juri-gagarin-ring. Wir drehen bis Donnerstag „Der namenlose Tag“.

Willkommen in Erfurt! Aber wieso am Jurigagari­nring? Hätte man die hässlichen Hochhäuser nicht auch in Berlin aufnehmen können?

Hier ist doch nur unsere Basis. Gedreht wird momentan um die Ecke am Fischmarkt mit dem schönen Rathaus.

Der erste Drehtag in der Thüringer Landeshaup­tstadt, undschon lacht die Sonne. Ich könnte mir aber vorstellen, dass der Regisseur gar nicht so glücklich über so viel Heiterkeit ist.

In der Tat. Herr Schlöndorf­f monierte, das sei das falsche Wetter für so einen traurig-düsteren Kriminalfa­ll.

Was tut man da? Schraubt man einen Schlechtwe­tterfilter vor die Kamera?

Wir haben die Außenaufna­hmen, die wir eigentlich als Zweites drehen wollten, vorgezogen und am Morgen im tiefsten Schatten des Rathauses gedreht, bei zwei Grad Celsius.

Da hat wohl ihr Kommissar vor Kälte gebibbert?

Es war frisch, falls Sie das meinten. Aber jetzt drehen wir im Fischmarkt­café weiter, wo es angenehmer ist.

Wen trifft Jakob Franck dort?

Einen ehemaligen Mitschüler des Mädchens, um das es in dem Fall geht.

Da werden Sie wohl bis Donnerstag viel in Erfurter Cafés sitzen, denn Kommissar Franck trifft sich ja noch mit anderen?

Wir drehen auch in einer Buchhandlu­ng mit sehr schönem Antiquaria­t am Anfang der Krämerbrüc­ke und in einer Bank. Am Donnerstag sind wir auf den Domtreppen, wo sich die jungen Leute von Erfurt immer treffen.

Aber nur im Film.

Wieso? Wo sitzen die denn sonst?

Auf dem Petersberg.

Stimmt, den meine ich.

Wer hat den weltgewand­ten Filmemache­r eigentlich in das beschaulic­he Erfurt gelockt?

Es war so, dass ich als Kommissar gesetzt war und Volker Schlöndorf­f erst Der Weimarer Schauspiel­er Thomas Thieme spielt die Hauptrolle in Schlöndorf­fs Zdf-krimi. Foto: Sabine Brandt später dazu kam. Als wir uns trafen, erklärte er, das Ganze spiele in München, doch er könne München, wo er schon so oft gedreht habe, als Drehort kaum noch aushalten. Und außerdem habe München doch gar nichts mit mir zu tun. Stimmt, sagte ich, ich bin aus Weimar. Warum, sagte er, drehen wir es denn nicht in Weimar? So, und jetzt werden die Weimarer aufheulen, denn ich habe erwidert, dass Weimar mit seinen 65 000 Einwohnern schon mit einem „Tatort“ausreichen­d bedient ist und gar keinen Kommissar mehr braucht... Ich könnte mir aber zum Beispiel Erfurt vorstellen. Gut, sagte er, dann drehen wir in Erfurt.

Hat sich der Regisseur schon in den Drehort verliebt?

Wir waren in der „Feuerkugel“und haben das Essen, wie es sich geziemt, mit einem „Aro“, einem Aromatique, gekrönt, dem Neudietend­orfer Thüringer Gewürzlikö­r.

Das hat dann die Drehstimmu­ng gehoben?

Na klar. Außerdem sind wir jetzt am Drehort der kurzen Wege, wir können von unserer Basis zu allen Motiven zu Fuß gehen...

Und auch mal zwischendu­rch in eine Bratwurst beißen?

Auch das.

Kommt das im Film vor?

Was? Dass ich eine Bratwurst esse? Nein. Aber wenn ich das jetzt Herrn Schlöndorf­f erzählen würde, würde der vielleicht sagen: Natürlich muss der auch irgendwo mal eine Bratwurst essen.

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