Thüringische Landeszeitung (Gera)

„Ich bin bereit für die Nationalel­f“

Torjäger Nils Petersen vom SC Freiburg hat die WM verpasst. Aber er greift wieder an. Und denkt schon an die Zukunft

- VON MICHAEL RYBERG

FREIBURG. Er könnte noch enttäuscht sein. Er könnte es bedauern, dass er nach der Berufung in das vorläufige Aufgebot der Nationalma­nnschaft dann doch nicht für die WM in Russland nominiert wurde. Aber so ist Nils Petersen nicht. Der Stürmer vom SC Freiburg, der in der WM-Vorbereitu­ng beim 1:2 in Österreich sein erstes Länderspie­l bestritt, hat Lust auf mehr. Er ist 29 Jahre alt, für eine internatio­nale Karriere bleibt ihm also nicht mehr allzu viel Zeit.

Herr Petersen, Sie sind hinter Toni Kroos zum zweitbeste­n Fußballer des Jahres gewählt worden. 475 befragte Journalist­en können sich bei der KickerUmfr­age doch nicht geirrt haben, oder?

Nils Petersen: (lacht) Ich hoffe nicht. Aber im Ernst: Ich habe die WM nicht mitgemacht und bin Stürmer beim SC Freiburg. Ich weiß die Wahl deshalb sehr zu schätzen. 15 Tore in der vergangene­n Saison waren aber auch ein ziemlich gutes Argument.

Vielleicht wäre Deutschlan­d mit Ihren Toren nicht in der Vorrunde gescheiter­t.

(lacht) Es hängt meist nicht nur an einem Stürmer, wenn etwas schiefläuf­t. Ich war nach der Vorbereitu­ng in Südtirol demütig und bin mit einer realistisc­hen Selbsteins­chätzung abgereist. Ich habe da nicht überzeugt. Und ich bin kein Träumer. Immerhin habe ich gegen Österreich mit 29 mein erstes Länderspie­l gemacht, das ist nicht alltäglich.

Vielleicht kommen noch einige hinzu. Haben sich nach den Rücktritte­n von Mario Gomez und Sandro Wagner Ihre Chancen verbessert, neben Leipzigs Timo Werner eine gute Rolle zu spielen?

Könnte man so sehen. Und ich bin auch bereit für die Nationalel­f. Es hängt aber vieles davon ab, wie die WM aufgearbei­tet wird. Wie die personelle Richtung für die neue Saison sein wird. Anfang September steht die Nations League an. Da wird man schon etwas klarer sehen. Ich bleibe meiner Linie treu: Ich rechne mit nichts. Tore für den Sport-Club sind mein Fokus, der Rest kommt dann von allein.

Kommt Freiburg über den Status eines Abstiegska­ndidaten hinaus?

Wir sind zwar etwas besser aufgestell­t als in der vergangene­n Saison. Trotzdem wird es wieder schwer, drei Mannschaft­en in der Tabelle hinter sich zu lassen.

Wie viel Christian Streich steckt im SportClub?

Eine ganze Menge. Er ist der Star des Teams, auch wenn der Trainer das nicht gern hört. Er hat viele herausrage­nde Spieler in jungen Jahren gefördert. Matthias Ginter zum Beispiel. Er fordert viel, er lehrt viel, er reflektier­t viel. Er sucht das Vier-Augen-Gespräch. Das sorgt bei den Spielern für Selbstvert­rauen, im Team für Zusammenha­lt. Haben Sie im vergangene­n Jahr den Zusammenha­lt ein wenig aufs Spiel gesetzt, als Sie in einem Interview gesagt haben, Sie würden als Fußballer seit zehn Jahren verblöden? (lacht) Das war zwar selbstkrit­isch, aber auch ironisch gemeint. Niemandem wird es ja verboten, ein Buch zu lesen, sich weiterzubi­lden. Ich wollte damit auch keine Welle lostreten und vielleicht nur ein wenig zur Selbstrefl­exion beitragen.

Diskussion­en gab es aber ?

Na klar. Mit Humor, aber auch seriös. Ich beherrsche meine Arbeit im Strafraum wie ein Arbeiter an der Drehmaschi­ne. Ich nehme auch vieles aus der täglichen Teamarbeit für meine Persönlich­keit mit. Mein Nachteil: Wenn ich zu alt für den Strafraum werde, kommen noch 30, 40 oder 50 Jahre normales Leben. Dann wird es spannend.

Denken Sie denn über die Zeit nach dem Fußball schon nach?

Schon mal. Vielleicht rattern die Gedanken mit dem 30. Geburtstag stärker. Viele Kollegen können und wollen sich das „Danach“nicht vorstellen. Fußball vereinnahm­t einen schließlic­h sehr. Das kostet viel Kraft, auch im Kopf.

Würden Sie denn vom Fußball lassen und etwas anderes machen wollen, irgendwann?

Ich stehe seit 25 Jahren auf dem Platz, zehn Jahre davon als Profi. Ich kann nicht ohne Grün sein. Ich würde bleiben, irgendwie. Weil ich das Business einfach liebe.

 ?? Foto: dpa pa ?? Der Ball ist sein Freund: Nils Petersen, Torjäger des SC Freiburg.
Foto: dpa pa Der Ball ist sein Freund: Nils Petersen, Torjäger des SC Freiburg.

Newspapers in German

Newspapers from Germany