Thüringische Landeszeitung (Gotha)
Thüringer Muslime feiern heute das Ende des Ramadan
Am Samstag geht für Millionen Muslime weltweit der Fastenmonat zu Ende. Auch im Freistaat – nur gibt es hier keine klassische Moschee, in der sie feiern könnten
Wenn am Samstagabend der Neumond am Himmel steht, endet für Muslime der Fastenmonat Ramadan. Millionen von Gläubigen feiern dann das letzte Fastenbrechen des Ramadan, bevor die Sichel des neuen Mondes sichtbar ist und Eidul-Fitr, das Fest des Fastenbrechens, einläutet. Eine volle Mondphase lang haben Gläubige dann bei Tageslicht nicht gegessen und nicht getrunken, sind in sich gekehrt, haben mehr gebetet als im Rest des Jahres.
Auch in Thüringen geht der wohl entbehrungsreichste Monat für Tausende Muslime zu Ende. In den meisten Gemeinden kommen die Gläubigen am Sonntag zum Gebet zusammen, treffen anschließend Freunde und Verwandte, beschenken sich und tafeln festlich gemeinsam – ähnlich wie Christen an Weihnachten. Nur steht Muslimen in Thüringen dafür keine einzige Moschee zur Verfügung, jedenfalls keine im klassischen Sinne mit Minarett und Kuppel. In Erfurt etwa nutzt die sunnitische Gemeinde die Räume einer ehemaligen Gärtnerei, auch die schiitische Gemeinde betet in leer stehenden Gewerberäumen. Andere treffen sich in Privatwohnungen zum Beten.
Dabei gibt es in Thüringen längst mehr als nur eine Handvoll Muslime: Elf islamische Gemeinden gibt es derzeit, zwei weitere sind in Gründung. 2014 lebten schätzungsweise 7000 Muslime im Land, im Zuge der Flüchtlingskrise dürfte sich diese Zahl etwa verdoppelt haben. Die Ahmadiyya-Gemeinde in Erfurt hat keine eigenen Räume.
Ihr Sprecher, Suleman Malik, kämpft sei Jahren für eine eigene Moschee. Derzeit trifft sich die Gemeinde im Wohnzimmer seiner Eltern zum Beten.
Wegen des Platzmangels kommt sie während des Ramadans nur freitags zum gemeinsamen Fastenbrechen zusammen. 10 bis 15 Gemeindemitglieder essen dann nach Sonnenuntergang gemeinsam, jeder bringt etwas mit. „Hätten wir eine Moschee, würden wir das täglich machen“, sagt Malik. Zum Eidul-Fitr wird dann ein Saal angemietet.
Der islamische Kulturverein Jena hat es etwas besser. Eine umfunktionierte Zweizimmerwohnung dient der Gemeinde als Gebetsraum. Dort treffen sich zum abendlichen Fastenbrechen und zum Nachtgebet während des Ramadan 50 bis 60 Gläubige. Abwechselnd bereiten Familien das gemeinsame Essen vor, die Räume sind proppevoll. Dabei trifft sich dort meist nur ein Teil der größtenteils sunnitischen Gemeinde. „Viele, die kommen, sind junge Leute, die in Deutschland keine Verwandten haben“, sagt die Sprecherin des Vereins, Aysun Tekbas. Zum Fest des Fastenbrechens kommt dann die ganze Gemeinde in einem angemieteten Saal zum Festgebet zusammen. Danach wird mit Familien und Freunden weiter gefeiert.
Im vergangenen Jahr bot die evangelische Gemeinde dem Verein an, Gäste in das Niemöllerhaus zum gemeinsamen Fastenbrechen einzuladen. Mit dabei waren auch Mitglieder der evangelischen Gemeinde, Vertreter der Stadt, Geflüchtete und Flüchtlingshelfer. Der Imam kochte das Essen. Viele christliche und muslimische Gemeinden suchen in Thüringen den Schulterschluss.
Auch in Gera, Eisenach, Erfurt und Nordhausen haben muslimische Gemeinden Kirchenund Stadtvertreter zum Fastenbrechen eingeladen. Die Religionen haben mehr gemein, als viele denken: „Für den muslimischen Mainstream sind Christen auch Menschen des Buches, auch sie haben eine Offenbarung“, sagt Hubertus Staudacher. Der Islam-Beauftragte des Bistums Erfurt setzt sich ehrenamtlich als Vermittler zwischen den Religionen ein. Das PlatzProblem der Muslime in Thüringen kennt auch Staudacher, etwa von seinen Besuchen bei Gottesdiensten.
Schon vor der Flüchtlingskrise seien etwa in die sunnitische Gemeinde in Erfurt 150 bis 200 Gläubige zum Freitagsgebet gekommen. „Jetzt sind es bis zu 900.“Doch nicht nur die Gebetsräume seien oft improvisiert. Auch seien etwa die meisten Imame im Land Ehrenamtliche und in klassischen Aufgaben eines Imams wie der Seelsorge nicht geschult.
Suleman Malik und seine Erfurter Ahmadiyya-Gemeinde haben noch die besten Aussichten, das Fastenbrechen bald in einer eigenen Moschee zu feiern. Nach jahrelangen Querelen liegt der Bauantrag für das Gotteshaus nun beim Bauamt. (dpa)