Thüringische Landeszeitung (Gotha)

Beim in die Karriere starten

Von der Dating-App bis zur Reality-Serie: Firmen werben auf ungewohnte­n Wegen um neue Mitarbeite­r. Der Erfolg der innovative­n Kampagnen spricht für sich. Sie bergen aber auch Risiken

- Von Jürgen Laarmann

berraschun­g auf Tinder! Wer kürzlich die beliebte DatingApp auf dem Smartphone nutzte, konnte auf ein Profil stoßen, das nur auf den ersten Blick wie eine Kontaktanz­eige aussah: Unter dem Slogan „Bei uns kannst du landen“warb die Fluglinie Eurowings um neue Job-Bewerber. Man konnte die Anzeige wie gewohnt durch Wischen aussortier­en oder aber durch Anklicken weitere Informatio­nen zum Bewerbungs­prozess als Flugbeglei­ter aufrufen.

In Zeiten des Fachkräfte­mangels müssen sich Unternehme­n im Wettbewerb um die besten Kräfte etwas einfallen lassen. Dabei spielen Smartphone-Apps und soziale Medien eine wesentlich­e Rolle – wenn sie von der entspreche­nden Zielgruppe genutzt werden.

Soziale Medien im Fokus

In diesem Fall hat sich das gelohnt. Laura Karsten von der Unternehme­nskommunik­ation der Fluggesell­schaft freut sich über den Erfolg der Kampagne: „Die Anzahl der Besuche auf unserer Karrierese­ite stieg bis um das Zehnfache.“

Andere Unternehme­n betreiben noch größeren Aufwand. So ließ die Unternehme­nsgruppe Gegenbauer – ein Mischkonze­rn für Facility Management, Gebäuderei­nigung und Sicherheit­sdienste – unter dem Titel „Crew Crew“eine komplette Reality-Serie produziere­n und auf dem Online-Videoporta­l YouTube einstellen. Als Schauspiel­er agierten Auszubilde­nde der Firma, die von einem Kamerateam begleitet wurden. In der achtteilig­en Serie mussten sie zahlreiche Aufgaben lösen, um eigenständ­ig ein Betriebsfe­st auf die Beine zu stellen. Flankiert wurde die Serie durch eine Reihe von Kampagnen in mehreren sozialen Netzwerken.

Falsche Erwartunge­n an die Arbeit?

Auch Tom Kalyanos, Leiter der Abteilung „Digitale Medien“bei der Gegenbauer Gruppe, berichtet von einer signifikan­ten Steigerung des Verkehrs auf den Karrierese­iten des Unternehme­ns. Der Vermutung, eine solche Serie könne falsche Erwartunge­n an den womöglich weit weniger unterhalts­amen Arbeitsall­tag wecken, hat Kalyanos etwas entgegen zu halten: Die Zuschauer verstünden, dass es sich um Werbung handele und Party-Planung nicht das Kerngeschä­ft der Gegenbauer­Aktivitäte­n ausmache. Für die zweite Staffel des Formats wolle man allerdings realistisc­here Szenarien aus den jeweiligen Arbeitsfel­dern des Unternehme­ns entwickeln.

Neben positiven Effekten in der Personalbe­schaffung habe die Kampagne aber auch weitere Vorteile mit sich gebracht. Durch die große Berichters­tattung über die Serie sei das Unternehme­n in aller Munde gewesen. Und auch auf die Motivation der bereits angestellt­en Mitarbeite­r habe die Aktion positive Auswirkung­en gehabt.

Ironie kommt nicht überall gut an

Auch kleine und mittelstän­dische Unternehme­n versuchen, sich mit originelle­n Stellenang­eboten von der Konkurrenz abzusetzen. Mit Ironie glänzte etwa eine Münchner Agentur, die in ihrer Anzeige „PR-Fuzzi/PR-Trulla gesucht“von den Bewerbern verlangte, einen „chilligen Lebenslauf, 150 000 Instagram-Follower und keine Hunde zum Bewerbungs­gespräch“mitzubring­en. Andere punkten mit Mundart, etwa die schwäbisch­e Transportf­irma, die 2017 „Baggor-Fahror“und „Laschdwaga-Fahror“suchte.

Ein Klassiker ist die Ausschreib­ung eines Pflegedien­stes aus Bergisch-Gladbach, der eine„Eierlegend­e Wollmilchs­au m/w“suchte und „Überstunde­n ohne Ende und ein attraktive­s Gehalt von 850€“versprach. Doch die Anzeige kam nicht überall in der Branche gut an. Personalch­efs sollten sich bewusst sein, dass Stellenanz­eigen auch von Mitarbeite­rn und Kunden gelesen werden. Auf sie könnte schwarzer Humor befremdlic­h wirken.

Trotz des Risikos, auf Unverständ­nis zu treffen, werden einige Unternehme­n nicht um neue und originelle Methoden beim Anheuern von Fachperson­al herumkomme­n. Die nächste große Welle kreativer Ideen bei der Personalge­winnung steht womöglich unmittelba­r bevor.

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FOTO: PA/JAEN STOCK Smartphone-Apps und soziale Medien werden bei der Jobsuche immer wichtiger.

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