Thüringische Landeszeitung (Gotha)
Beim in die Karriere starten
Von der Dating-App bis zur Reality-Serie: Firmen werben auf ungewohnten Wegen um neue Mitarbeiter. Der Erfolg der innovativen Kampagnen spricht für sich. Sie bergen aber auch Risiken
berraschung auf Tinder! Wer kürzlich die beliebte DatingApp auf dem Smartphone nutzte, konnte auf ein Profil stoßen, das nur auf den ersten Blick wie eine Kontaktanzeige aussah: Unter dem Slogan „Bei uns kannst du landen“warb die Fluglinie Eurowings um neue Job-Bewerber. Man konnte die Anzeige wie gewohnt durch Wischen aussortieren oder aber durch Anklicken weitere Informationen zum Bewerbungsprozess als Flugbegleiter aufrufen.
In Zeiten des Fachkräftemangels müssen sich Unternehmen im Wettbewerb um die besten Kräfte etwas einfallen lassen. Dabei spielen Smartphone-Apps und soziale Medien eine wesentliche Rolle – wenn sie von der entsprechenden Zielgruppe genutzt werden.
Soziale Medien im Fokus
In diesem Fall hat sich das gelohnt. Laura Karsten von der Unternehmenskommunikation der Fluggesellschaft freut sich über den Erfolg der Kampagne: „Die Anzahl der Besuche auf unserer Karriereseite stieg bis um das Zehnfache.“
Andere Unternehmen betreiben noch größeren Aufwand. So ließ die Unternehmensgruppe Gegenbauer – ein Mischkonzern für Facility Management, Gebäudereinigung und Sicherheitsdienste – unter dem Titel „Crew Crew“eine komplette Reality-Serie produzieren und auf dem Online-Videoportal YouTube einstellen. Als Schauspieler agierten Auszubildende der Firma, die von einem Kamerateam begleitet wurden. In der achtteiligen Serie mussten sie zahlreiche Aufgaben lösen, um eigenständig ein Betriebsfest auf die Beine zu stellen. Flankiert wurde die Serie durch eine Reihe von Kampagnen in mehreren sozialen Netzwerken.
Falsche Erwartungen an die Arbeit?
Auch Tom Kalyanos, Leiter der Abteilung „Digitale Medien“bei der Gegenbauer Gruppe, berichtet von einer signifikanten Steigerung des Verkehrs auf den Karriereseiten des Unternehmens. Der Vermutung, eine solche Serie könne falsche Erwartungen an den womöglich weit weniger unterhaltsamen Arbeitsalltag wecken, hat Kalyanos etwas entgegen zu halten: Die Zuschauer verstünden, dass es sich um Werbung handele und Party-Planung nicht das Kerngeschäft der GegenbauerAktivitäten ausmache. Für die zweite Staffel des Formats wolle man allerdings realistischere Szenarien aus den jeweiligen Arbeitsfeldern des Unternehmens entwickeln.
Neben positiven Effekten in der Personalbeschaffung habe die Kampagne aber auch weitere Vorteile mit sich gebracht. Durch die große Berichterstattung über die Serie sei das Unternehmen in aller Munde gewesen. Und auch auf die Motivation der bereits angestellten Mitarbeiter habe die Aktion positive Auswirkungen gehabt.
Ironie kommt nicht überall gut an
Auch kleine und mittelständische Unternehmen versuchen, sich mit originellen Stellenangeboten von der Konkurrenz abzusetzen. Mit Ironie glänzte etwa eine Münchner Agentur, die in ihrer Anzeige „PR-Fuzzi/PR-Trulla gesucht“von den Bewerbern verlangte, einen „chilligen Lebenslauf, 150 000 Instagram-Follower und keine Hunde zum Bewerbungsgespräch“mitzubringen. Andere punkten mit Mundart, etwa die schwäbische Transportfirma, die 2017 „Baggor-Fahror“und „Laschdwaga-Fahror“suchte.
Ein Klassiker ist die Ausschreibung eines Pflegedienstes aus Bergisch-Gladbach, der eine„Eierlegende Wollmilchsau m/w“suchte und „Überstunden ohne Ende und ein attraktives Gehalt von 850€“versprach. Doch die Anzeige kam nicht überall in der Branche gut an. Personalchefs sollten sich bewusst sein, dass Stellenanzeigen auch von Mitarbeitern und Kunden gelesen werden. Auf sie könnte schwarzer Humor befremdlich wirken.
Trotz des Risikos, auf Unverständnis zu treffen, werden einige Unternehmen nicht um neue und originelle Methoden beim Anheuern von Fachpersonal herumkommen. Die nächste große Welle kreativer Ideen bei der Personalgewinnung steht womöglich unmittelbar bevor.