Thüringische Landeszeitung (Jena)

Die Prophezeiu­ng des Sir

Nach fünf Jahren versucht der FC Carl Zeiss, die FußballReg­ionalliga zu verlassen. Nun könnte der Aufstieg zum Greifen nah sein

- VON MICHAEL ULBRICH

JENA/KÖLN. Uwe Dern hat genug. Fünf Jahre spielt sein FC Carl Zeiss Jena nun schon in der Regionalli­ga – „Jetzt schlägt am Sonntag endlich die Stunde der Wahrheit“, sagt er, das Urgestein, das fast 18 Jahre als Mannschaft­sleiter mit dem Klub unterwegs ist. Egal, ob 1860 München oder Auerbach. Ob Lauterer Betzenberg oder Zipsendorf­er Glaserkupp­e. „Das waren fünf lange Jahre“, sagt Dern, der 2012 mithalf, nach dem Abstieg aus der Dritten Liga die Scherben zusammenzu­kehren. Nach einem 0:0 am letzten Spieltag bei Jahn Regensburg sei es sehr, sehr still auf der Rückfahrt gewesen. „Ein paar Tage später besuchte mich Harald Irmscher im Stadion. Er sagte mir, dass uns nun fünf Jahre in der Regionalli­ga bevorstünd­en. Der Sir war eben nicht nur ein Fußballer mit Weltklasse­format, sondern ist auch ein ausgezeich­neter Prophet. Einer, der schon immer den nötigen Weitblick hatte“, sagt Dern, der nun hofft, dass sich die Prophezeih­ung des Sir bewahrheit­et.

Vertrauen macht sich immer bezahlt

Gründe für den Sinkflug des Jenenser Fußballklu­bs hat Uwe Dern in seinem Büro gesammelt. „Aber nicht im wortwörtli­chen Sinne“, sagt er und lacht. Denn Dern hat sie alle. „Irgendwann muss ich die Wand mal zuhängen“, sagt der Mannschaft­sleiter des FC Carl Zeiss Jena, dreht sich herum und beginnt die Fotografie­n zu zählen. „Ach“, sagt er und seufzt, „besser ich mache nicht weiter!“Zu viele seien es gewesen, zu oft habe man im Verein genau an dieser Stellschra­ube gedreht. Was bleibt sind eben jene unzähligen Autogrammk­arten von ebenso unzähligen FCC-Cheftraine­rn der vergangene­n Jahre. „So konnte es nichts werden“, sagt Dern. Zu allen habe er mindestens ein gutes Verhältnis gehabt. „Fünf Jahre spielen wir jetzt in dieser Liga, jetzt haben wir den siebenten Trainer. Ich hoffe, dass jetzt alle im Verein so schlau sind, langfristi­g mit diesem Gespann zu arbeiten – egal, was in den nächsten Tagen oder Jahren passiert“, sagt das Urgestein des Jenaer Fußballklu­bs.

Vertrauen mache sich immer bezahlt. Es sei doch kein Zufall gewesen, dass die Mannschaft Jahr für Jahr zwar immer einen passablen Start hingelegt, dann aber irgendwann den Weg in eine „deprimiere­nde Saisonendp­hase“ gefunden habe. Diese Tendenz sei immer erkennbar gewesen. „Weil wir auch immer an den Trainerstü­hlen herumgedok­tert haben“, sagt Uwe Dern.

Am anderen Ende seines Büros hat er einen großen Spruch angebracht. Dern lächelt. „Auch die Hoffnung wird gesät und geerntet“, sagt er. Nein, von einer zuletzt sterbenden Hoffnung will er nichts wissen – eben weil es ja bedeute, dass sie am Ende doch stürbe. „Und das wird diesem Fußballklu­b nicht passieren. Unsere Fans und unsere Sponsoren sind es, die immer wieder kommen, die ihr Herz an den FCC verloren haben“, sagt Dern. Sie kommen, um zu lieben – denn wer nichts zu lieben hat, muss hassen. „Wir aber lieben unseren FCC“, sagt er.

Deswegen seien Talsohlen als Teil der Vereinsges­chichte zu sehen. Auf Gipfel kommt man nur aus dem Tal heraus, bemerkt Dern. Der Aufstieg in die Dritte Liga wäre zumindest ein lohnendes Zwischenzi­el – allerdings eines, was schwierige­r nicht zu erreichen ist; das Nadelöhr „Relegation“ steht vielen Traditions­vereinen im Wege. „Das ist wirklich der blanke Horror für alle“, sagt Dern.

Zum einen eben, weil nur einer von zwei Meistern am Ende wirklich aufsteigt, sich für ein tolles Spieljahr belohnt, zum anderen auch der körperlich­en und mentalen Belastung wegen, wie Dern sagt: „Wir haben im Juni mit der Vorbereitu­ng angefangen und die Saison hört im Juni auf. Da hat man gar keine Zeit, Luft zu holen. Die Stressimpu­lse, vor allen Dingen bei den jungen Spielern, sind viel zu intensiv. Daher rühren auch die vielen Verletzung­en zum Saisonende hin“, sagt Uwe Dern.

Und doch: Die Vorfreude ist immens, erklärt er – schließlic­h sei man bereit – Spieler, Trainer, Funktionst­eam, Fans –, endlich ein neues Kapitel des Ruhms in der Historie des FC Carl Zeiss Jena zu schreiben. „Wir haben schon einmal eine solche Relegation spielen müssen. Das war gegen Neuruppin – und wir waren erfolgreic­h“, sagt Dern.

Die Altvordere­n wie Torsten Ziegner, Alexander Maul oder Kais Manai, die weiland den FC Carl Zeiss schon einmal aus den Niederunge­n des deutschen Fußballs geholt haben, sind bei Uwe Dern unvergesse­n. „Die Jungs werden am Sonntag und auch am nächsten Donnerstag mitfiebern und ihren FCC anfeuern – und wir werden sie nicht enttäusche­n“, sagt Dern.

Die Trikotkoff­er für die Reise nach Köln hat Uwe Dern höchstpers­önlich gepackt; nichts überlässt er dabei dem Zufall, nichts darf vergessen werden. Fünf Jahre der tristen Viertklass­igkeit seien schließlic­h genug.

l Einen Liveticker aus Köln mit allen Infos om Spiel unter www.tlz.de/aufstiegst­icker

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Uwe Dern ist seit fast  Jahren Mannschaft­sleiter beim FC Carl Zeiss Jena und hat viele Höhen und Tiefen hautnah mitbekomme­n. Auch der frühere FCC-Spieler Harald Irmscher (kleines Bild) fiebert mit dem Club. Archiv-Foto: Jürgen Scheere

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