Thüringische Landeszeitung (Jena)
Der Abriss ist unabwendbar
Vom einstigen Hotel „Goldener Stern“in Kahla bleibt die Fassade erhalten – Senioren sollen in Neubau ziehen
KAHLA. Der Abriss läuft: In knapp sechs Wochen bleibt vom „Goldenen Stern“in Kahla wenig erhalten. Der Eigentümer Norbert Spehr lässt derzeit den hinteren Teil der einstigen Gaststätte in der Saalstraße 16 abreißen, um im Herbst mit der Errichtung des Rohbaus beginnen zu können.
„Nur noch die Fassade ist erhaltenswert“, sagt Spehr. Das ergab die Abstimmung mit dem Denkmalamt. Schon seit Ende vergangenen Jahres ist die Front mit Stahlelementen gesichert, Säcke mit Kies dienen als Beschwerung.
Der Plan im Dezember 2016 war, dass im Frühjahr 2018 die Einweihung des Gebäudes gefeiert werden kann. Doch die Baugenehmigung ist erst am 20. Juni eingetroffen.
Hintergrund seien die Auflagen für den Brandschutz. „Wir haben darum gekämpft, dass es als normales Wohngebäude eingestuft wird“, sagt Spehr. Mit „wir“meint er sich und die Volkssolidarität Ostthüringen. Diese will dort eine Wohneinrichtung für Senioren eröffnen. In vier Wohngemeinschaften sollen die Interessierten künftig leben können, insgesamt sind 20 Zimmer vorgesehen.
„Die Frage war, ob die Senioren selbstbestimmt leben oder nicht“, sagt Spehr. Denn auch an Demenz Erkrankte werden im „Stern“ein neues Zuhauses finden. Die Volkssolidarität Ostthüringen werde je nach Wohnsituation Personal zur Betreuung bereitstellen, sagte im Dezember Geschäftsführer Rainer Thorwirth. Das ambulante Wohnkonzept hat der Sozialund Wohlfahrtsverband bereits Norbert Spehr vom Planungsbüro Spehr Ingenieur aus Jena
in Gera erprobt. Es soll eine Alternative zu Pflegeheimen für hilfsbedürftige Menschen sein.
Schlussendlich ist sich Spehr mit dem Brandschutzbeauftragten einig geworden. Ein Treppenhaus entsteht im Gebäudeteil zur Lache hin, zudem wird ein Fahrstuhl eingebaut.
Die erst angedachten Fördermittel für den Fassadenerhalt bekommt der Jenaer Ingenieur allerdings nicht ausgereicht. Er verzichtete auf die öffentliche Ausschreibung für die Fassadenrekonstruktion, die vom Geldmittelgeber des Programms Stadtumbau Ost gefordert war. Die Stadt Kahla, die durch das Drängen der Bürgermeisterin Investor Spehr vom Kauf des Gebäudes überzeugt hatte, kann das vorgehaltene Fördergeld für andere Projekte einsetzen.
Spehr lässt jetzt die Statik für den Ersatzneubau erarbeiten. Wie im gegenüber gelegenen Projekt der Wohnbaugenossenschaft Kahla in der Gerberstraße 1 muss auch in der Saalstraße mit Bohrpfählen bei der Gründung gearbeitet werden, da beide Gebäude im Überschwemmungsgebiet liegen und die Bodenverhältnisse nicht ideal sind.
Absaufen würden die Bewohner
jedoch künftig nicht, versichert Norbert Spehr. „Das Erdgeschoss liegt 80 Zentimeter über dem höchsten Hochwasserpunkt“, sagt er. Der Keller, der im „Goldenen Stern“vorhanden war, soll verfüllt werden. Die Natursteinmauer, die den Weg zur katholischen Kirche abtrennt, werde rekonstruiert.
„Zu Weihnachten wird ein gutes Stück des Rohbaus stehen“, verspricht Spehr. 2018 sollen die ersten Nutzer einziehen.
Kahlaer dürfte die Weiternutzung erfreuen – wenn auch nicht mit dem ursprünglichen Bau. Mit Sorge betrachteten sie den schleichenden Verfall. Zu lange stand das Haus am Ende der Saalstraße leer. Vor gut zehn Jahren wollte es ein Jenaer Bauunternehmen bereits abreißen lassen.
Norbert Spehr hatte den späteren Teil der verzwickten Geschichte mitverfolgt. Er war bereits von Investor Willy Farkas beauftragt, der den „Goldenen Stern“2008 kaufte und somit den Abriss verhinderte. Farkas wollte ein Café im Erdgeschoss ermöglichen und in den übrigen Etagen Büroräume schaffen. 2012 meldete seine Firma jedoch Insolvenz an. Die Pläne waren zunichte.
Und der „Stern“verfiel weiter. Das Gebäude hat eine lange Tradition in Kahla. 1690 wurde es von Georg Grose im Stil der Renaissance errichtet. Otto Lossmann habe es ab 1912 zum Hotel umgebaut, ist noch heute auf einer Fassadenverzierung nachzulesen.
„Wir rekonstruieren das Gebäude hinter der Fassade und erweitern es zur Lache hin.“