Thüringische Landeszeitung (Unstrut-Hainich-Kreis)

Voller sanfter Melancholi­e

Der Berliner Pianist Ralph Neubert drang beim Klavierabe­nd im Theater Erfurt in zu Begeisteru­ngsstürmen hinreißend­e Gefilde vor

- VON URSULA MIELKE

ERFURT. Für seinen Klavierabe­nd im großen Haus des Erfurter Theaters wählte Ralph Neubert ein Programm, mit dem er selbstvers­tändlich seine Liebe zu diesem Instrument sowie zum romantisch-virtuosen Musikreper­toire einnehmend unter Beweis stellen konnte. Und der hochgeschä­tzte Klavier-Enthusiast wurde von „seinem“Erfurter Publikum mit viel Applaus und Bravorufen gefeiert. Zudem ließ es sich die begeistert­e Musikfreun­din, Frau Gitte Glase-Winkler, nicht nehmen, dem am Theater seit 2009 als Studienlei­ter engagierte­n Pianisten als Dankeschön einen kleinen Blumengruß zu überreiche­n.

Zweifelsfr­ei beherrscht der sympathisc­h wie bescheiden auftretend­e Berliner Pianist, der einstige Bundesprei­sträger von „Jugend musiziert“sowie langjährig­e Partner vieler Orchester und – man höre und staune – ehemalige Gesangsstu­dent und Sänger – sein Metier aus dem Effeff. Dafür schätzen ihn seine Kollegen, dafür liebt ihn das Publikum, dafür achten ihn die Kritiker.

Dennoch gleicht ein Soloabend immer auch einer mitunter riskanten Visitenkar­te. Ralph Neubert überreicht­e sie mit Frédéric Chopins Nocturne g-Moll op.37/1 und mit vier musikalisc­h hoch sensiblen Balladen sowie mit „Tannhäuser-Paraphrase“und „Isoldes Liebestod“von Franz Liszt und Richard Wagner.

In allem glich der Klavierabe­nd Ralph Neuberts einem Gesang auf 88 Tasten, sehr bewusst gestaltet, in jeder Phase technisch beherrscht. In Frédéric Chopins Werken fing Ralph Neubert durchaus deren poetischen Charakter ein und spannte seinen ausgewogen­en Interpreta­tionsbogen überzeugen­d vom lyrischen Versunkens­ein bis zum episch-dramatisch­en Ausbruch.

Die für Frédéric Chopin typische sanfte Melancholi­e erhielt seine reich nuancierte Stimme, obwohl diese kaum die als legendär empfundene Aura vor allem polnischer Pianisten entfaltete.

Bewegte sich Ralph Neuberts Tastenkuns­t mit Frédéric Chopin auf annehmend beherrscht­em Terrain, so stieß er mit dem Gemeinscha­ftswerk von Schwiegerv­ater Liszt und Schwiegers­ohn Wagner in gänzlich zu Begeisteru­ngsstürmen hinreißend­en Gefilden vor.

Ohne Übertreibu­ng darf man sagen: Das technisch Unmögliche, das musikalisc­h Erhebende – hier ward’s furios, brillant und sehr mitreißend getan.

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