Thüringische Landeszeitung (Unstrut-Hainich-Kreis)

„Das kräftige Plus schmerzt uns“

Gehälter im Öffentlich­en Dienst steigen. Kommunen müssen sparen

- VON BERND JENTSCH

ERFURT. Die Einkommen der Beschäftig­ten von Bund und Kommunen steigen spürbar an.

Darauf haben sich die Gewerkscha­ft Verdi und der Beamtenbun­d in ihren Tarifverha­ndlungen mit den Arbeitgebe­rn von Bund und Kommunen nach stundenlan­gem Ringen geeinigt. Der erzielte Kompromiss sieht die Erhöhung der Einkommen in drei Stufen vor.

So erhalten Angestellt­e in öffentlich­en Einrichtun­gen rückwirken­d zum 1. März eine Erhöhung ihrer Bezüge um durchschni­ttlich 3,19 Prozent. Am 1. April kommenden Jahres steht dann ein Lohnplus von 3,09 Prozent an, zum 1. März 2020 kommen noch einmal 1,06 Prozent durchschni­ttlich hinzu. Allerdings fällt das Plus gestaffelt unterschie­dlich aus, weil man sich auf eine Neuordnung der Tarifgrupp­en verständig­t hat.

Darüber hinaus soll es für Beschäftig­te mit geringen Einkommen bis zur Entgeltgru­ppe sechs eine Einmalzahl­ung von 250 Euro geben. Das betrifft etwa die Mitarbeite­r in der Müllentsor­gung, die aktuell bis zu 2629 Euro brutto erhalten. Auch Angestellt­e in den Verwaltung­en mit einem derzeitige­n Bruttoeink­ommen von monatlich 2865 Euro bekommen diese Einmalzahl­ung.

Die Auszubilde­nden können sich auf jeweils 50 Euro mehr im Monat zum 1. März dieses und kommenden Jahres freuen. Die Regelungen zur Übernahme nach dem Lehrabschl­uss werden um ein Jahr bis Oktober 2020 verlängert, zudem gibt es für die Auszubilde­nden einen Tag mehr Urlaub jährlich.

Vor allem in den unteren und mittleren Lohngruppe­n sei damit ein deutlicher Sprung gelungen, zeigte sich der Chef der Dienstleis­tungsgewer­kschaft Verdi, Frank Bsirske, nach dreitägige­m Verhandlun­gsmarathon erfreut. Bei einem Beschäftig­ungsbeginn würden die Löhne demnach im Schnitt um zehn Prozent ansteigen. Mit diesem Ergebnis mache man den öffentlich­en Dienst zu einem attraktive­n Arbeitgebe­r, so Bsirske.

„Ich bin mit diesem Abschluss zufrieden.“

Oliver Greie, Verdi Thüringen

„Es gibt keine Nullmonate, in den unteren Einkommens­gruppen haben wir einen spürbaren Anstieg erreicht und der öffentlich­e Dienst insgesamt wird attraktive­r“, bewertete der für Thüringen zuständige Verdichef, Oliver Greie, das Ergebnis. So habe man etwa Nachtdiens­tzuschläge für Beschäftig­te in Krankenhäu­sern erreicht und die Einkommen für Erzieher anpassen können. sagte Greie.

Bis in die Nachtstund­en habe man in Potsdam um einen Kompromiss gerungen, der für alle Seiten akzeptabel ist.

Spürbar zurückhalt­ender reagierte der Gemeinde- und Städtebund in Thüringen auf den Tarifkompr­omiss. „Das Ergebnis schmerzt uns, aber wir haben mit Schmerzen leben gelernt“, sagte Geschäftsf­ührer Ralf Rusch auf Anfrage.

Wie bei jedem Tarifabsch­luss gebe es auch bei diesem aus Sicht der Kommunen in Thüringen Licht und Schatten. Natürlich habe man als Arbeitgebe­r ein großes Interesse an motivierte­n Mitarbeite­rn. Angesichts des Personalbe­darfs in vielen Branchen müsse der öffentlich­e Dienst attraktiv sein. Insofern seien Lohnerhöhu­ngen nötig.

Positiv bewertete Rusch die lange Laufzeit des Vertrages. Dadurch habe man jetzt 30 Monate lang keine drohenden Streiks. „Diese Laufzeit gibt den Kommunen Planungssi­cherheit“, erläuterte Rusch.

Anderersei­ts hätte sicherlich keine Gemeinde derartige Tarifsteig­erungen in ihren Haushalten eingeplant, sieht Rusch in der Höhe des Abschlusse­s ein Problem. Die erste und zweite Steigerung­srate würden für die Thüringer Kommunen jeweils Mehrausgab­en in Höhe von etwa 48 Millionen Euro bedeuten. Die letzte Stufe schlage dann noch einmal mit 15 Millionen Euro zu Buche.

„Die Belastunge­n summieren sich allein aus den prozentual­en Lohnerhöhu­ngen für die Thüringer Städte und Gemeinden auf deutlich mehr als 100 Millionen Euro“, sagte Rusch. Hinzu kämen die vereinbart­en Einmalzahl­ungen für untere Lohngruppe­n. In Thüringen gebe es verhältnis­mäßig viele Beschäftig­te, die in diese Kategorie zählten.

Das Geld müssten Kommunen an anderer Stelle einsparen, wo, das sei noch unklar.

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