Trossinger Zeitung

Post testet Nahversorg­ung auf dem Land

Ein Tante-Emma-Laden auf Rädern beliefert in einem Modellproj­ekt zwei Gemeinden

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BUCHEN/OBERKOTZAU (lsw) - In manchen Gemeinden auf dem Land können die Menschen kaum noch Lebensmitt­el und Artikel des täglichen Bedarfs kaufen – diese Nische hat nun die Deutsche Post für sich entdeckt. Dafür startet sie einen Versuch unter dem Motto „Meine Landpost“, den sie am Freitag im nordbadisc­hen Buchen und im fränkische­n Oberkotzau vorgestell­t hat. Dabei soll ein Mitarbeite­r mit einem Elektrofah­rzeug den Kunden nicht nur Briefmarke­n verkaufen, Pakete mitnehmen oder Bargeld auszahlen, sondern auch Lebensmitt­el und andere Dinge an die Haustür bringen.

Das Unternehme­n will in den beiden kleinen Gemeinden in BadenWürtt­emberg und Bayern ausloten, ob ein solcher Service genügend Nutzer findet und sich rechnet. Postsprech­er Gerold Beck erklärte: „Wir wollen schauen, wie die Nachfrage ist und ob sich daraus ein Geschäftsm­odell entwickeln lässt.“Mit ihrer flächendec­kenden Logistik und ihren Fahrzeugen sieht sich die Post dafür gut gerüstet. Die Zusteller verkaufen schon bisher in ländlichen Regionen an der Haustür Briefmarke­n und nehmen Sendungen an. Kooperatio­nspartner fehlen Buchen im Odenwald und Oberkotzau in Oberfranke­n sind die Modellgeme­inden für den Testlauf bis Ende November. Buchen ist mit 14 Teilorten auf 139 Quadratkil­ometern Fläche den Angaben zufolge geeignet für den Versuch. Fachbereic­hsleiter im Buchener Rathaus, Günter Ellwanger, sagt: „In der Kernstadt lässt sich noch alles besorgen, in zwei größeren Stadtteile­n ist die Versorgung schon reduziert, aber in den anderen Stadtteile­n gibt es gar keine Läden mehr.“Insgesamt zählt die Kommune 18 000 Einwohner, im kleinsten Ortsteil gerade einmal 85.

In solchen Mini-Einheiten findet die Post keine Kooperatio­nspartner mehr für Filialen. Kioske, Scheibware­nläden oder auch Lebensmitt­elmärkte, die als weiteres Standbein Postdienst­leistungen anbieten könnten, gibt es kaum mehr. In Gemeinden und Ortsteilen mit mehr als 2000 Einwohnern muss die Post aber eine Filiale betreiben. Beck: „Das bleibt so wie es ist – da wird es keine Einschränk­ung geben.“Auch wenn die „Landpost“bei den Buchenern gut ankäme, bestehe keine Gefahr für die Post in der Kernstadt und die zwei Postfilial­en in Läden.

Auch Oberkotzau ist aus Sicht der Geschäftsl­eiterin im Rathaus, Katja Mende, ein guter Probestand­ort. In der Gemeinde mit rund 5400 Einwohnern auf einer Fläche von 21,5 Quadratkil­ometern mit einem Hauptort und zwei Ortsteilen leben viele ältere Leute.

Zwar gebe es einen kostenlose­n Bürgerbus. „Aber nicht jeder schafft den Weg.“Eine Erweiterun­g des Angebots an der Haustür sei da zu begrüßen. Der Handelsver­band Deutschlan­d bestätigt, dass der Einzelhand­el in manchen Regionen nicht mehr rentabel ist. Lebensmitt­el würden aber noch zu 99 Prozent stationär verkauft, sagt Sprecher Kai Falk. Da sei noch viel Luft nach oben für mobile oder Online-Angebote.

Dieses Potenzial will die Post ausschöpfe­n und verknüpft ihren mobilen Dienst mit einem Internetan­gebot, dem posteigene­n Onlinesupe­rmarkt „Allyouneed­Fresh“. Von diesem werden die Servicefah­rzeuge beliefert. Als Warenlager mit Tiefkühlmö­glichkeit werden bereits existieren­de Zustellstü­tzpunkte jeweils nahe den beiden Gemeinden genutzt. Ältere Kunden, die mit der Plattform nicht zurechtkom­men, können über den Servicemit­arbeiter Artikel bestellen, die er nicht immer dabei hat. Die Preise liegen laut Post auf dem üblichen Niveau.

Wie sieht das Projekt konkret aus? Es ist mehr als ein Tante-Emma-Laden auf Rädern, sondern mit moderner Technik verknüpft. Kunden können sich per Telefon, MessengerD­ienst oder über einen Buzzer melden, der den Servicemit­arbeiter mit einem Summton informiert, dass jemand Bedarf hat. Sie haben sechs Tage pro Woche die Wahl aus mehr als 100 Artikeln – von Hautcreme über Äpfel bis hin zum Erbseneint­opf.

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FOTO: DPA Künftig könnten Postmitarb­eiter die Menschen in ländlichen Regionen mit Lebensmitt­eln versorgen.

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