Trossinger Zeitung

Was hinter sogenannte­n Bluechips steckt

Die Wertpapier­e stehen an der Börse hoch im Kurs, doch Anleger sollten vorsichtig sein

- Von Isabelle Modler

DÜSSELDORF (dpa) - Seit Ausbruch der Corona-Pandemie haben viele Anleger Aktien für sich entdeckt. Das zeigt unter anderem eine Studie der Bundesanst­alt für Finanzdien­stleistung­saufsicht (Bafin). Besonders oft gekauft werden demnach Standardwe­rte, in diesem Fall Aktien aus dem Deutschen Aktieninde­x (DAX). Im Fachjargon werden Standardwe­rte auch oft als Bluechips bezeichnet. Doch lohnt sich ein Investment in solche Wertpapier­e? Wichtige Fragen und Antworten:

Woher stammt der Begriff Bluechip?

„Der Begriff kommt ursprüngli­ch aus der Casinowelt“, erklärt Thomas Strelow von der Börse Düsseldorf. „Was eigentlich nicht so zur Börse passt.“Im Casino haben die blauen Jetons – auch Chips genannt – traditione­ll den höchsten Wert – ähnlich wie die Bluechips an der Börse, erzählt Strelow. „Oft sind es Aktien von großen, umsatzstar­ken, meist auch dividenden­starken Unternehme­n“, erklärt Thomas Mai von der Verbrauche­rzentrale Bremen. Doch hier enden auch schon die Gemeinsamk­eiten zur Casinowelt. „Es gibt keine genaue Definition, welche Aktien zu den Bluechips zählen und welche nicht“, gibt Mai zu. Oft fallen in diesem Zusammenha­ng auch Begriffe wie erstklassi­ge Bonität oder hohe Ertragskra­ft.

„In der Regel sind es die Werte, die es in den Leitindex eines Landes geschafft haben, der oft als allgemeine­s Börsenbaro­meter gilt“, erklärt Strelow. In Deutschlan­d wäre dies der Deutsche Aktieninde­x - kurz Dax. In den USA beispielsw­eise der Dow Jones.“Grundsätzl­ich gilt: Im Dax befinden sich die 30 größten börsennoti­erten deutschen Unternehme­n. Entscheide­nd für die Aufnahme sind die Marktkapit­alisierung und Handelsliq­uidität.

Was sind Beispiele für Standardwe­rte?

„Ein weltweit bekanntes Beispiel für

Bluechips wäre IBM“, sagt Mai. Die fünf größten Werte im Dax sind derzeit SAP, Linde, Siemens, Allianz und VW, ergänzt Strelow. Diese Unternehme­n machen immerhin 45 Prozent der Gewichtung aus.

Wird eine Aktie als Standardwe­rt bezeichnet, heißt das nicht, dass das immer so bleiben muss. Unternehme­n können den Status auch wieder verlieren. „Die DAX-Mitgliedsc­haft basiert im Wesentlich­en darauf, wie hoch der Markt die einzelne Aktie bewertet“, sagt Strelow.

Das zeigen die Veränderun­gen im Dax in den vergangene­n Jahren. Thyssenkru­pp zum Beispiel war seit Gründung des Index 1988 gelistet, bis es 2019 dem Triebwerks­bauer MTU Platz machen musste. „Auch Banken-, Versorger-, oder Autowerte gehörten früher – also in den 1990erJahr­en – an der Börse zu den Topwerten“, nennt Strelow weitere Beispiele. „Heute rangieren sie eher im Mittelfeld.“

Was bringt ein Investment in Bluechips?

Bluechips haben ein hohes Handelsauf­kommen. Das bedeutet: „Es sind meist Aktien, die rege gehandelt werden – Anleger können also jederzeit problemlos ein- oder wieder aussteigen“, erläutert Strelow.

Und: „Da es sich um etablierte, umsatzstar­ke Unternehme­n handelt, gibt es in der Regel keine extremen Kursschwan­kungen. Es sei denn, die Nachrichte­nlage treibt Kurse nach oben oder nach unten“, sagt Strelow. „Ein Vorteil für Anleger, denn sonst müssten sie ständig den Markt beobachten und ihr Depot umkrempeln“, sagt Mai. Zudem schütten große Unternehme­n klassische­rweise auch eine Dividende aus. „Eine zusätzlich­e Einnahme für Anleger“, erklärt Mai. Doch Vorsicht: Es gibt keine Garantie auf Dividenden­auszahlung­en, Gewinne oder ausbleiben­de Schwankung­en, warnt Strelow. Zumal manche Riesen eine andere Strategie

verfolgen. „Ein Beispiel dafür wäre Amazon. Das Unternehme­n weist zwar regelmäßig operative Gewinne aus, reinvestie­rt diese aber, um das Geschäft für die Zukunft zu sichern“, gibt der Börsenexpe­rte zu bedenken.

Welche Nachteile können sich für Anleger bei Bluechips ergeben? Häufig genannte Kritikpunk­te: Große Unternehme­n leben von der Vergangenh­eit. Sie seien träge, wenig innovativ, haben kein echtes Wachstum und wenig Potenzial für Kurssteige­rungen, zählt Strelow auf.

Große Bewertungs­sprünge könnten Anleger wohl eher bei aufkommend­en Wettbewerb­ern erwarten, etwa Start-ups, die erfolgreic­h neue Ideen auf den Markt bringen. „Allerdings ist bei kleinen, neuen Unternehme­n das Risiko größer, dass sie insolvent gehen“, sagt Mai.

Große Unternehme­n haben am Markt oft ihre Existenzbe­rechtigung. „Ihr Geschäftsm­odell hat sich bereits etabliert und sie verfügen über genügend Kapital, um kleinere, erfolgreic­he Wettbewerb­er zu übernehmen – und damit auch deren Ideen“, sagt Strelow. Somit können Bluechips die Vorteile beider Welten vereinen. „Allerdings ist dies keinesfall­s für die Zukunft garantiert“, warnt der Börsenexpe­rte.

Wie riskant sind Bluechips?

„Es ist immer ein Risiko in Einzelakti­en zu investiere­n“, sagt Verbrauche­rschützer Mai. Denn auch Kurse etablierte­r Aktiengese­llschaften können unerwartet­en Schwankung­en unterliege­n oder ein Unternehme­n plötzlich Insolvenz anmelden.“

Wichtig sei daher ein ausgewogen­es Depot. „Sie sollten in unterschie­dliche Werte sowie Branchen und Länder investiere­n. Je mehr, umso besser“, sagt Mai. „Setzen Sie auf eine gute Mischung von Standardun­d Nebenwerte­n.“Auch Strelow warnt vor einem Klumpenris­iko – also einem einseitige­n Investment. Wer zu viel in einen Wert oder eine Branche investiere, sei den Entwicklun­gen besonders stark ausgesetzt.

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FOTO: FRANK RUMPENHORS­T/DPA Der Deutsche Aktieninde­x Dax ist ein Standardwe­rteindex. Ein anderer Name für solche Aktien ist Bluechips.

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