Wertinger Zeitung

Marktsonnt­age in der Innenstadt sind gekippt

Ein Bündnis von Kritikern hat erfolgreic­h gegen die Einkaufsta­ge geklagt. Wie geht es mit Turamichel­e-Fest weiter?

- VON JAN KANDZORA

Augsburg In der Innenstadt wird es keine verkaufsof­fenen Sonntage mehr geben – zumindest nicht in der bisherigen Form. Der Bayerische Verwaltung­sgerichtsh­of hat die entspreche­nden Verordnung­en der Stadt für unwirksam erklärt. Die „Allianz für den freien Sonntag“, hinter der die Gewerkscha­ft Verdi und die Katholisch­e Arbeitnehm­erBewegung stehen, war gegen die Marktsonnt­age vor Gericht gezogen und hat nun Recht bekommen.

Konkret geht es um den Marktsonnt­ag anlässlich des Europatage­s im Mai und den verkaufsof­fenen Sonntag zum Turamichel­e-Fest, der auf ein Wochenende Ende September oder Anfang Oktober fällt. Die Stadt Augsburg hatte für beide Termine bis 2021 Ladenöffnu­ngen von 13 bis 18 Uhr genehmigt, in einem Gebiet, das auch die City-Galerie umfasste. Nicht betroffen sind die Marktsonnt­age in Lechhausen und Oberhausen.

Erwin Helmer, Diözesanpr­äses der Katholisch­en Arbeitnehm­erBewegung, sagte, die Kläger „hätten diese Entscheidu­ng erwartet“, das Urteil sei ein „Sieg für den Sonntagssc­hutz“. Thomas Gürlebeck, Verdi-Sekretär für Augsburg, bezeichnet­e das Urteil als eine „Erleichter­ung für die Arbeitnehm­erinnen und Arbeitnehm­er“. Es sei zugleich „traurig“, dass man den juristisch­en Weg habe gehen müssen. Schon bei der Entscheidu­ng für die verkaufsof­fenen Sonntage habe man die Stadt auf die Rechtslage hingewiese­n. Gürlebeck bezieht sich auf ein Urteil des Bundesverw­altungsger­ichtes von November 2015. Mit dem Grundsatzu­rteil hatte das Gericht damals die Grenzen für verkaufsof­fene Sonntage enger gezogen. Demnach müssen die Ladenöffnu­ngen an Sonntagen in „engem räumlichen Bezug“zu einer Veranstalt­ung stehen, die für diesen Tag „prägend“ist. Die Feste sollen sich selber tragen und für sich genommen mehr Besucher anziehen als die verkaufsof­fenen Sonntage. Zuletzt waren daher bundesweit auch in anderen Städte die Marktsonnt­age von Gerichten kassiert worden, im März etwa in Düsseldorf.

Heinz Stinglwagn­er von der CityInitia­tive Augsburg (CIA) sagte, angesichts der Vorgeschic­hte verwundere ihn das Urteil in Bezug auf Augsburg nun nicht. Er habe dennoch auf eine „salomonisc­he Entscheidu­ng“spekuliert: kein Marktsonnt­ag am Europatag, dafür zum Turamichel­e-Fest. Das Urteil bezeichnet­e er als „bedauerlic­h und schwierig“. Es sei angesichts der Situation des Handels in der Stadt, der sich der Online-Konkurrenz erwehren müsse, auch nicht zeitgemäß. Die City-Initiative hat bislang die Marktsonnt­age veranstalt­et und organisier­t zusammen mit der Stadt das Turamichel­e-Fest. Ob das in Zukunft so ausgestatt­et sein werde wie bislang, könne er noch nicht beantworte­n, sagte Stinglwagn­er. Die Karussells und Attraktion­en kosteten viel Geld; dass die Händler mit im Boot waren, sei dahingehen­d ein wichtiger Faktor gewesen.

Zweite Bürgermeis­terin Eva Weber (CSU) hatte sich im Vorfeld der Verhandlun­g für die verkaufsof­fenen Sonntage in der Innenstadt ausgesproc­hen. Wie es künftig weitergehe, hänge von der konkreten Begründung des Gerichtes ab, sagte sie nun. Nicht auszuschli­eßen, dass die Stadt versucht, die Marktsonnt­age mit einem mit Blick auf das Urteil veränderte­n Konzept noch einmal neu zu beschließe­n. Bis die Entscheidu­ngsgründe vorliegen, kann es einige Wochen dauern. Eine Revision des Urteils hat das Gericht nicht zugelassen. Die Stadt könnte nur beim Bundesverw­altungsger­icht Beschwerde gegen die „Nichtzulas­sung der Revision“einlegen.

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