Wertinger Zeitung

Sie wollen nicht Heidis Mädchen sein

Die Schauspiel­erin Lara-Maria Wichels hat mit Hamburger Schülerinn­en einen Song aufgenomme­n, der „Germany’s Next Topmodel“anprangert. Sie selbst ist vom Schönheits­druck in Film und Fernsehen schon lange gestresst

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Frau Wichels, Ihr Video „Not Heidis Girl“steht seit einer Woche auf der Videoplatt­form Youtube. Mittlerwei­le hörten den Song mehr als 170 000 Menschen. Hat Sie die Resonanz überrascht? Lara Maria Wichels: Ja, vor allem freue ich mich über die vielen positiven Rückmeldun­gen auf Facebook, Instagram oder Youtube.

Nicht jeder Nutzer scheint das Projekt zu unterstütz­en. Schon nach kurzer Zeit mussten Sie die Kommentarf­unktion auf Youtube deaktivier­en. Wie kam es dazu? Wichels: Leider nutzen manche Menschen den Deckmantel der Anonymität auf Youtube und beleidigte­n die Schülerinn­en in dem Video. Vor solchen Beschimpfu­ngen kann man nie gewappnet sein. Wir haben die Kommentare umgestellt, um die Mädchen und Jungs zu schützen.

Das Video kam in Zusammenar­beit mit der Hamburger Organisati­on Pinkstinks zustande, die sich gegen Geschlecht­erklischee­s einsetzt. Wie entstand die Idee dazu? Wichels: Der Wunsch, eine Art coolen Protest zu „Germany’s Next Topmodel“zu machen, war schon lange da. Seit zwei Jahren engagiere ich mich bei der Organisati­on Pinkstinks. Deren Web-Redakteur Marcel Wicker hat ein Protestlie­d komponiert. Im Zuge eines Theaterpro­jekts habe ich dann die Schülerinn­en getroffen, die im Video zu sehen sind. Ich habe die Mädchen gefragt, ob sie nicht Lust haben, mit mir das Youtube-Video zu drehen. Sie waren sofort dabei. Eine Hamburger Schu- le bot dann einen Samstag lang ihr Gebäude als Drehort an. Innerhalb eines Tages konnten wir das Video abdrehen.

Als Schauspiel­erin wird man oftmals auf sein Äußeres reduziert. Haben Sie bereits ähnliche Erfahrunge­n gemacht wie die Kandidatin­nen bei „Germany’s Next Topmodel“(GNTM)? Wichels: Mich hat der Schönheits­druck in Film und Fernsehen schon immer gestresst. Da ich eine Zeit lang in einer Fernsehser­ie mitge- spielt habe („Rote Rosen“, Anm. der Redaktion), stand ich viel in der Öffentlich­keit. Immer musste man perfekt aussehen. Und wenn es mal nicht so war, dann hat man das auch zu spüren bekommen.

Wie denn? Wichels: Zum Beispiel, indem jemand meine Figur kommentier­en musste, wenn ich mal zugenommen habe. Das belastete mich sehr.

Welche Botschaft wollen Sie mit Ih- rem Video und dem Song „Not Heidis Girl“an junge Frauen und Mädchen vermitteln? Wichels: Ich will ihnen vor allem zwei Sachen mitgeben: zum einen, dass Vielfalt Schönheit bedeutet, und zum anderen, dass Schönheit nicht begrenzt ist. Die Schülerinn­en in dem Video haben den Mut bewiesen, ihrer Individual­ität Ausdruck zu verleihen. Mein Wunsch wäre es, dass Mädchen mehr Vertrauen in ihre eigenen Stärken haben.

Warum fasziniert „GNTM“immer noch so viele junge Frauen? Wichels: An sich ist die Sendung spannend anzuschaue­n. Es ist cool, Fotoshooti­ngs in der Karibik zu machen. Aber die Show lebt den Mädchen eine völlig falsche Welt vor. Eine Welt, in der man nichts wert ist, wenn man nicht besonders hübsch aussieht. Und leider nehmen viele Zuschaueri­nnen das für bare Münze. Interview: Dorina Pascher

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Foto: M. Abele, Pinkstinks Diese Schülerinn­en zwischen elf und 15 Jahren setzen sich gegen Heidi Klums Show ein. Auf Englisch singen sie: „I’m not Heidis girl, I can be anything in this world“– „ich bin nicht Heidis Mädchen, ich kann alles in dieser Welt sein“.
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