Wertinger Zeitung

Rydzek muss nachsitzen

Vierfach-Weltmeiste­r sucht Sprungform

- VON THOMAS WEISS

Pyeongchan­g Es ist der typische Satz eines Olympiatei­lnehmers: „Am Tag X muss einfach alles passen, wenn man eine Medaille gewinnen will.“Auch der Kombiniere­r Johannes Rydzek hat ihn gesagt. Nach der vergangene­n Saison, die mit vier Weltmeiste­rtiteln in Lahti eine fabelhafte war, ebenso wie vor diesem Winter. Immer wieder hatte er sich selbst, den Trainern und den Reportern warnend den Zeigefinge­r gereckt und gesagt: „In diesem Sport ist nichts berechenba­r. Du fängst immer wieder bei Null an. Und so kam es, dass bei den Weltcups vieles nicht gepasst hat. Nicht an den Tagen A, B, C und auch nicht an den Tagen L, M und N. Und Pyeongchan­g rückte immer näher.

Heute Vormittag wird die erste von drei Medaillen vergeben – nach dem Springen von der Normalscha­nze (ab 7 Uhr) und nach zehn Kilometern Langlaufen (ab 9.45 Uhr). Rydzek ist in diesem Wettbewerb alles, nur nicht einer der Favoriten.

Dabei war Bundestrai­ner Hermann Weinbuch so optimistis­ch. Beim abschließe­nden Trainingsl­ehrgang auf der olympia-ähnlichen kleinen Schattenbe­rgschanze von Oberstdorf habe das ganze Team „enorme Fortschrit­te“beim Springen gemacht. Wo genau der Schlüssel zum Erfolg lag, darüber wollte Weinbuch nicht sprechen. Abwarten lautete die Devise. Und als ausgerechn­et Rydzek im ersten Trainingss­prung die Bestweite erzielte, Eric Frenzel Dritter und Fabian Rießle Achter wurde, da war das alte Selbstvert­rauen wieder da.

Rießle und Frenzel als Sieger des zweiten und dritten Probesprun­gs nährten die Hoffnungen, die internatio­nalen deutschen Meistersch­aften vom Vorjahr in Lahti könnten sich auch in Pyeongchan­g wiederhole­n. Doch bei Rydzek schlichen sich wieder alte Fehler ein, die dem Bundestrai­ner Sorgenfalt­en auf die Stirn trieben.

Sein Vorhaben, am Dienstag komplett auf weitere Trainingse­inheiten an der windanfäll­igen Alpensia-Schanze zu verzichten, wurde durchkreuz­t – ausgerechn­et vom letztjähri­gen Musterschü­ler. So musste Rydzek gestern als einziger DSV-Athlet nachsitzen – während seine Teamkolleg­en in der Loipe trainierte­n. Die Sonderschi­cht hat sich am Ende gelohnt. Rydzek sprang auf 104,5 Meter und wurde Zweiter. Jetzt konnte auch der zuletzt beim Weltcup sehr angespannt wirkende Oberstdorf­er wieder lächeln: „Jetzt habe ich mich gut auf die Schanze eingestell­t. Ich wollte nur noch mal das richtige Gefühl mitnehmen.“Wann Tag X kommt, ist aber noch offen.

Weil Frenzel 2014 in Sotschi Gold holte, darf das DSV-Team heute zu fünft antreten. Profitiere­n wird davon der Oberstdorf­er Vinzenz Geiger, der zuletzt in Seefeld mit Platz zwei überrascht­e. Hermann Weinbuch traut dem 20-jährigen Junioren-Weltmeiste­r viel zu: „Er macht einen sehr stabilen Eindruck. Es fehlen nur Kleinigkei­ten, um mal ne richtige Bombe zu machen.“

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