Wertinger Zeitung

Nach Urteil: Frau rastet im Gerichtssa­al aus

Sie geht mit Krücke auf Missbrauch­sopfer los

- VON JAN KANDZORA

Augsburg Im Gerichtssa­al kann es emotional zugehen. Menschen können überreagie­ren, wenn ein Urteil nicht so ausfällt, wie sie sich das vorstellen. Manchmal führt die Reaktion eines Prozessbet­eiligten umgehend zu einem weiteren Verfahren – etwa, weil ein Verurteilt­er noch jemanden beleidigt, bedroht, bespuckt, bevor alle ihre Sachen packen und den Saal verlassen konnten. Als die Jugendkamm­er des Landgerich­tes im September 2017 einen Mann wegen schweren sexuellen Missbrauch­s von Kindern und Vergewalti­gung zu einer Haftstrafe von fünf Jahren und drei Monaten verurteilt­e, war es allerdings nicht jener Mann, der ausrastete. Im Zuschauerb­ereich des Saals saß eine Frau, die mit dieser Entscheidu­ng offenbar so ihre Probleme hatte.

Die heute 23-Jährige ist eine ehemalige Lebensgefä­hrtin des Verurteilt­en. An jenem Tag saß die Mutter des Angeklagte­n neben ihr, die zu der Zeit auf Krücken ging. Eben eine jener Krücken nahm die 23-Jährige nach der Urteilsver­kündung, lief aus der letzten Reihe nach vorne, hob die Gehhilfe hoch und stürzte sich mit den Worten „Jetzt werde ich dir zeigen, was ein richtiges Trauma ist“auf die Geschädigt­e in dem Missbrauch­sprozess. Die 23-Jährige wollte die Nebenkläge­rin mit der Krücke schlagen, verletzte sie allerdings nicht, weil sie aufgehalte­n wurde.

Strafbar war die Angelegenh­eit natürlich dennoch. So kam es, dass die 23-Jährige ein halbes Jahr später erneut in einem Gerichtssa­al erscheinen musste, dieses Mal als Angeklagte vor dem Amtsgerich­t. Dort war die Angelegenh­eit schnell erledigt, Zeugen waren keine geladen. Wie zuvor bereits bei der Polizei räumte die Angeklagte auch vor Gericht die Vorwürfe ein.

Da die Tat an sich also unstrittig war, ging es nur noch um die Höhe der Strafe. Die Staatsanwa­ltschaft forderte fünf Monate auf Bewährung, Verteidige­r Ralf Schönauer eine Geldstrafe für seine Mandantin.

Der Richter Dominik Wagner verurteilt­e die Frau schließlic­h zu einer Geldstrafe von 150 Tagesätzen je 15 Euro.

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