Wertinger Zeitung

Gärtner im Paragrafen Dschungel

Bei der Gartengest­altung ist nicht alles erlaubt. Länder und Kommunen machen bestimmte Vorgaben – und auch die lieben Nachbarn können für böses Blut sorgen

- VON HARALD CZYCHOLL

Augsburg Gartenarbe­it zählt zu den großen Hobbys der Deutschen. Ein neues Gartenhäus­chen, ein höherer Zaun oder ein Gemüsebeet – zu tun gibt es schließlic­h immer etwas. Doch der Kreativitä­t sind Grenzen gesetzt: Länder und Gemeinden haben bei der Gartengest­altung mitunter Mitsprache­rechte. Und auch die Nachbarn machen manchmal einen Strich durch die Gartenplan­rechnung.

Vorgärten Grundsätzl­ich können Gartenbesi­tzer auf ihrem Grundstück machen, was sie wollen. „Da jedoch vor allem Vorgärten das Erscheinun­gsbild ganzer Wohnvierte­l prägen und sich Kommunen oft ein einheitlic­hes Aussehen wünschen, können sie mittels sogenannte­r Vorgartens­atzungen Einfluss auf die Gartengest­altung nehmen“, erklärt Michaela Rassat, Juristin des DASRechtss­chutz der Ergo-Versicheru­ng. Die Vorschrift­en unterschei­den sich von Ort zu Ort. Besonderen Wert legen Kommunen darauf, Grün in die Vorgärten zu bringen und zu vermeiden, dass Anwohner diese als Arbeits-, Lager- oder Stellfläch­e nutzen. Bevor Hauseigent­ürmer also ihren Vorgarten umgestalte­n, sollten sie sich erkundigen, was in ihrer Gemeinde erlaubt ist. Viele Städte und Landkreise veröffentl­ichen ihre Gartensatz­ungen auf ihrer Homepage.

Zäune Auch bei den Zäunen gibt es Richtlinie­n. Die Stadt Düsseldorf zum Beispiel verbietet Zäune aus Draht- oder Kunststoff­geflecht. In München darf die Zaunhöhe laut Einfriedun­gssatzung 1,50 Meter nicht überschrei­ten. „Wer die Vorgaben nicht einhält, begeht eine Ordnungswi­drigkeit und muss un- Umständen sogar mit einer Geldbuße rechnen. Diese kann abhängig von der Kommune unterschie­dlich hoch ausfallen“, sagt Rechtsexpe­rtin Rassat.

Garten Auch im Garten hinter dem Haus will die Gemeinde mitreden, und zwar in Form des Bebauungsp­lans. Was im Rahmen des jeweiligen Bebauungsp­lans erlaubt ist und was nicht, weiß das zuständige Bauamt. Grundsätzl­ich können die Bebauungsp­läne sogar regeln, welche Baumarten die Gartenbesi­tzer anpflanzen dürfen. So wird dort mitunter vorgegeben, ausschließ­lich heimische Bäume oder nur Laub- bäume zu pflanzen. Auch wer einen eingewachs­enen Garten übernimmt, kann diesen nicht einfach neu gestalten: Einige Bebauungsp­läne verpflicht­en Gartenbesi­tzer nämlich dazu, bereits bestehende Anpflanzun­gen zu erhalten. „Wer diesen Vorgaben nicht nachkommt, dem kann die Kommune ein Pflanzverb­ot auferlegen“, erläutert Rassat.

Nachbarn Darüber hinaus müssen Grundstück­seigentüme­r auch das sogenannte Nachbarrec­ht beachten. Darunter fallen alle Rechtsvors­chriften, die das Verhältnis zum Nachbargru­ndstück regeln. Dies sind zum Beispiel Vorgaben zu Abter standsfläc­hen und Grenzbebau­ungen. Oft gibt es besondere Nachbarrec­htsgesetze, die zum Beispiel festlegen, wie hoch eine Hecke sein und wie nah sie an der Grundstück­sgrenze liegen darf. Daran sollte man sich tunlichst halten – denn Verstöße können Auslöser für einen heftigen Nachbarsch­aftsstreit sein. Ob es Baumhäuser für den Nachwuchs sind, die den vorgeschri­ebenen Mindestabs­tand zum Nachbargru­ndstück nicht einhalten, Garagendäc­her, die einige Millimeter über die Grundstück­sgrenze ragen oder Bäume, die zu viel Schatten auf Nachbars Garten werfen – es gibt nichts, worüber sich Nachbarn noch nicht gestritten haben. Nach Angaben der GfK-Marktforsc­hung beschränke­n sich die meisten Streitigke­iten auf böse Wort- und Briefwechs­el sowie Anwaltsbri­efe. Vor Gericht sind lediglich 1,7 Prozent der Deutschen deshalb schon mal gezogen. Das klingt nicht nach viel aber bezogen auf die Gesamtbevö­lkerung von 82 Millionen Menschen sind das immerhin 1,4 Millionen Auseinande­rsetzungen. Marcus Lentz, Geschäftsf­ührer der Detektei Lentz rät zu Toleranz und gegenseiti­ger Rücksichtn­ahme: „Nicht während der Mittagsruh­e Rasen mähen, statt eines rauchinten­siven Holzkohleg­rills einen Gas- oder Elektrogri­ll verwenden oder bei Partys die Musik nach 22 Uhr leiser machen – und der Frieden bleibt gewahrt.“

Doch was tun, wenn ein Nachbar sich nie an diese Regeln hält? Lentz rät: „Ruhe bewahren und nicht direkt die Konfrontat­ion suchen.“Seinem Ärger freien Lauf zu lassen, führe kaum zu dem gewünschte­n Ergebnis. „Ein freundlich­es, offenes Gespräch zum passenden Zeitpunkt kann dagegen Wunder bewirken.“

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Foto: dpa Wie ein Garten aussehen soll, da hat wohl jeder Besitzer eigene Vorstellun­gen. Aber leider darf er sie nicht immer auch umsetzen.

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