Wertinger Zeitung

Eine Stadt ohne Bewohner

Mitten in die Wüste bauten Menschen vor mehr als 2000 Jahren eine Stadt: Petra. Viele Bauwerke kann man heute noch besichtige­n. Dabei stößt man auch auf Rätsel

- VON REBECCA KRIZAK

Wer den Kopf reckt und gut hinsieht, kann sie erkennen: die Einschussl­öcher der Gewehrkuge­ln. Diese sollten die Urne zerstören, die dort oben in die Felswand geschlagen war. Eine Urne ist eine Art Gefäß. „Die Menschen haben auf die Urne geschossen, weil sie hofften, dass dort Gold herausfäll­t“, sagt Stephan Schmid. „Das ist aber nicht passiert, denn in der Urne war kein Gold“, erklärt der Archäologe.

Die Urne ist Teil einer prächtig verzierten Felswand. Sie steht in der heute verlassene­n Stadt Petra. Dort lebten vor mehr als 2000 Jahren die Nabatäer. Petra war die Hauptstadt dieses Volkes. Heute liegt die Felsenstad­t im Land Jordanien im Nahen Osten. Viele Bauwerke der Nabatäer sind noch erhalten. Denn die Menschen schlugen sie häufig direkt in die Felsen. Sie bauten so Tempel, ein großes Theater und viele Grabkammer­n. Eine dieser Grabkammer­n wird von der Urne geschmückt, in der Menschen früher das Gold vermuteten.

Stephan Schmid war schon so oft in Petra, dass er seine Besuche nicht mehr zählt. Der Archäologe arbeitete dort an Ausgrabung­en mit. „Petra war vor 2000 Jahren eine Großstadt“, erzählt er. Etwa 30000 Menschen sollen dort gelebt haben. Besonders war: Die Nabatäer bestattete­n ihre Toten nicht außerhalb der Stadt, sondern nahe bei den Lebenden. Um das Felsengrab eines Familienob­erhaupts reihten sich die Wohnbereic­he und anderen Gräber der Großfamili­e. „Das ist ein Zeichen

dafür, dass die Nabatäer ein starkes Gefühl der Zusammenge­hörigkeit in ihren Familien hatten“, sagt Stephan Schmid.

Forscher fanden mittlerwei­le zwar eine Menge über Petra heraus. Aber es gibt noch Rätsel. Etwa die Frage, warum sich die Nabatäer ausgerechn­et diesen Ort aussuchten. Sie bauten Petra in eine trockene Gegend, obwohl nur wenige Kilometer entfernt frisches Quellwasse­r vorhanden gewesen wäre. „Man musste also dieses Frischwass­er über mehrere Kilometer dort hinbringen“, sagt der Fachmann. Außerdem war Petra in manchen Monaten durch starke Regenfälle gefährdet. Deshalb mussten die Nabatäer aufwendige Dämme bauen und das Wasser umleiten.

Das könnte auch der Grund gewesen sein, warum das Volk die Stadt irgendwann aufgab. „Es war einfach zu viel Aufwand, dort ein angenehmes Leben zu führen“, sagt Stephan Schmid. Mit der Zeit vergaß man dann, was es mit Petra auf sich hatte. Erst als vor etwa 200 Jahren ein Mann aus dem Land Schweiz die Felsenstad­t wiederentd­eckte, wuchs das Interesse wieder. Und es besteht bis heute: Im vergangene­n Jahr besichtigt­en etwa eine Million Menschen Petra.

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Archivfoto: Mohammad Abu Ghosh, dpa Das Schatzhaus ist das bekanntest­e Bauwerk in Petra. Oben in der Mitte sieht man die Urne. Darin wurde früher Gold vermutet.
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Archivfoto: Rebecca Krizak, dpa Heute tragen Kamele oder auch Esel manche Touristen durch die Felsenstad­t Petra.
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Archivfoto: Britta Pedersen, dpa Wer die Felsenstad­t Petra erreichen möchte, muss zuerst durch eine Schlucht laufen.

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