Trauben und Brot
Historiker Juan Codina forscht über das Leben in Jáveas Landhäusern vor den 60er Jahren
Mit Esel und viel Arbeit: Historiker forscht über Landleben in Jávea vor den 60er Jahren
Jávea – se. La caseta, das Häuschen, nennen die Einheimischen in Jávea ihr Landhaus. Fast alle Familien haben eins. Während man den Winter im Ortskern verbringt, zieht man im Sommer in die Caseta mit Garten und Pool, um der Hitze zu entfliehen. Heute sind diese „ Häuschen“oft voll ausgestattete Häuser mit mehreren Schlafzimmern, in denen im Sommer Kleinfamilien – meist die Großeltern und ihre erwachsenen Kinder mit ihrer Familie – als temporäre Großfamilie wohnen. Bis in die 60er Jahre war das noch anders. Der Historiker Juan Codina ist der Geschichte nachgegangen.
„ Das Dorfleben zog aufs Land, um Arbeiten zu erledigen, für die man viel Platz und die Nähe zu den Anbauflächen brauchte“, erzählt er. „ Das Landhaus war nicht dafür gedacht, das ganze Jahr bewohnt zu werden, deshalb brachte man alle Möbel und anderen Gebrauchsgegenstände mit.“
Auf den Karren, mit denen man nach der Johannisnacht in die Caseta übersiedelte, türmten sich also Betten, Decken, Töpfe und vieles mehr hoch auf. Und oft blieb trotzdem irgendwo Platz für einen Großvater oder eine Großmutter, die nicht mehr so gut laufen konnten.
Kaum angekommen, wurden die Zimmer verteilt und ausgestattet, erinnert sich Codina. Das beste Schlafzimmer bekamen die Großeltern, ein weiteres die Frauen. Die Männer und Kinder dagegen schliefen im Hauptraum.
Dann putzten die Frauen das Haus und wuschen die lange nicht benutzte Weißwäsche des Landhauses. Indessen stürzten sich die Männer und Kinder auf die landwirtschaftlichen Arbeitsgeräte, warfen nutzlose weg, reparierten kaputte und reinigten andere. „ Die ersten Tage waren immer sehr arbeitsintensiv“, sagt der Spanier.
Wer einen Riurau-Bogengang hatte, nutzte ihn im Winter normalerweise als Lager für alle möglichen Gerätschaften und verschloss ihn mit Strohmatten. Jetzt musste er ausgeräumt und geputzt werden. Denn zu den Aufgaben im Sommer gehörte nach der Traubenernte auch das Trocknen der Rosinen. Sie wurden tagsüber auf Schilfrohrgittern in die Sonne gelegt und nachts oder bei Regen im Bogengang untergestellt.
Untrennbar zum Sommer gehört für Juan Codina auch das Brotbacken. Die Männer entzündeten den Ofen und die Frauen rösteten Paprika, Auberginen und Tomaten, um später die bekannten Cocas zuzubereiten. Die zweite Ofenladung bestand aus Brot. Und zum Schluss wurden die mit dem Ofengemüse belegten Cocas in die Gluthitze geschoben.
Zum Abendessen kamen oft viele Gäste, Mitglieder der weiteren Familie oder die Nachbarn des Landhauses, die man im Winter kaum traf.
„ Wenn der Tisch nicht groß genug war, wurde ein Schilfrohrgitter als Verlängerung zweckentfremdet“, erzählt der Historiker. Als
Speisesaal diente in der Regel der Riurau. Alle Produkte von den Plantagen und Feldern der Familie landeten auf dem Teller, oft nach altüberlieferten Rezepten zubereitet. Dazu gab es Wein vom Vorjahr. In den Casetas wurde früh zu Abend gegessen, denn man hatte kein elektrisches Licht, danach plauderte man beim Schein einer Öllampe, oder einfach im Mondlicht.
Nicht nur zum Vergnügen
Doch der Aufenthalt im Landhaus diente ja nicht vorrangig dem Vergnügen. Am frühen Morgen startete die Feldarbeit, bei der oft ein Esel half. Ganz sicher gab es jedoch in jeder Caseta einen Stall, in dem Hühner und Hasen Unterschlupf fanden. Rund um das Landhaus erstreckten sich Felder, auf denen jetzt alles geerntet wurde, was der Familie durch den kargen Winter half. Und auch für das Futter der Tiere wurde gesorgt.
Am Ende des Sommers ging es dann wieder nach Hause, die Caseta stand leer und wurde nur von dem Mann oder den Männern des Hauses, die dort unter dem Jahr die Felder bearbeiteten, zum Essen oder für eine Siesta genutzt.
Untrennbar zum Sommer gehört für Juan Codina auch das Brotbacken.