Widerstand formiert sich
Bürgerbewegung aus Los Vélez kämpft gegen eine alarmierende Überausbeutung der Grundwasserreserven in ihrer Region
Als besonders verregnete Region, in der Wasser im Überfluss vorhanden ist, kennt man Almería wahrlich nicht. Das genaue Gegenteil ist eher der Fall. In der jüngsten Vergangenheit hat sich die traditionelle Wasserarmut durch den Klimawandel mit steigenden Temperaturen und rückläufigen Niederschlägen sogar noch verschärft. Richtig gravierend ist das Problem mancherorts aber auch durch einen humanen Faktor geworden: Die fragwürdige Entwicklung von einer intensiven zu einer superintensiven Landwirtschaft.
Ein besonders offenkundiges und nicht minder trauriges Beispiel hierfür ist die Vega de Los Vélez, eine im Norden der Provinz am Fuße der Sierra de María gelegene Ebene. Es ist dies eine historische Kulturlandschaft mit einer ländlichen Struktur, in der Wasser bis vor gar nicht so langer Zeit noch kein knappes Gut gewesen war. Dank des Grundwasserreservoirs
Aquifero del Maimón, das östlich des gleichnamigen Gebirgszuges mehrere natürliche Quellen aufweist, aus denen das Wasser seit jeher aus der Erde sprudelte.
Mit diesem Wasser können die Kleinbauern aus dem Gebiet ihr Nutzvieh halten und ihre Felder kultivieren. Was ihnen in den letzten Jahren zunehmend schwerer fiel. Bis sie im vergangenen Sommer gar Restriktionen hinnehmen, zeitweilig auf die Bewässerung ihrer Fincas verzichten oder Wasser zur Versorgung ihrer Tiere kaufen mussten. Die Bewohner der Region sind indes überzeugt, dass die mehrjährige Trockenzeit nicht allein hierfür verantwortlich ist.
Einen Schuldigen haben sie auch schon ausgemacht: Aus Murcia stammende Agrarbetriebe, die zwischen den Ortschaften Orce und María, im Grenzgebiet der Provinzen Granada und Almería superintensive Plantagen betreiben. Auf einer Fläche von über 500 Hektar wird Salat angebaut, dessen „Durst“aus rund 15 im Umfeld gebohrten Brunnen gedeckt wird. „Der Wasserbedarf ist enorm und das in einer Zone, in der wegen der Wasserknappheit traditionell nur ein Trockenfeldbau ohne künstliche Bewässerung betrieben wurde“, kommentiert Diego Gea, der als Hydrogeologe weiß, wovon er spricht.
Schon zur Jahrtausendwende, als die Unternehmen begannen, sich in dem als Pozo de la Rueda bekannten Gebiet niederzulassen, hatte Diego Gea mit der Umweltschutzvereinigung Ecologistas en Acción, Einwände gegen deren geplante Aktivität vorgebracht. Von den zuständigen Behörden wurden diese jedoch nicht berücksichtigt. Weniger als zwei Jahrzehnte später drohen die natürlichen Quellen von Los Vélez nun zu versiegen.
Die Gewissheit des Geologen, dass beides miteinander zusammenhängt, speist sich vor allem aus zwei Faktoren. Zum einen die Langzeiterfahrung: „Der Wasserfluss an der Quelle Fuente de los
Molinos ist von einst 120 Litern pro Sekunde auf 30 Liter gesunken“, stellt Gea fest. Ein so eklatanter Rückgang sei in der Vergangenheit selbst in schlimmeren und länger dauernden Dürreperioden noch nie verzeichnet worden. Zum anderen die registrierten saisonalen Veränderungen: Wenn von November bis April die Arbeit auf den Salatplantagen still stehe, würden sich die Wasserreserven stets ein Stück weit erholen.
Alles hängt vom Wasser ab
„Die Austrocknung der natürlichen Quellen in Los Vélez beginnt dramatische Züge anzunehmen“, versichert der Geologe. Und in der Region hänge alles von ihrem Fortbestehen ab. Das Wasser werde für den Konsum der Haushalte, die Bewässerung der Felder und alle sonstigen wirtschaftlichen Aktivitäten benötigt. Und da alle gleichermaßen betroffen sind, hat das Problem die gesamte Bevölkerung zusammengeschweißt.
Der Ernst der Lage, hat eine in der Gegend noch nie dagewesene Mobilisierung hervorgebracht. Die Einwohner gründeten die Platafor
ma en Defensa del Agua, eine Bürgerbewegung zur Verteidigung ihrer Wasserreserven. Diese veranstaltete bereits mehrere Demonstrationen, zu denen teilweise mehrere tausend Personen zusammenkamen. „Die Leute sind stark involviert und ziehen alle an einem Strang, denn die Situation ist extrem“, bekundet Diego Gea.
Vom Trockenfeldbau zum wasserzehrenden Salatanbau