20 Minuten - Bern

«Katzen sollten jetzt drinnenble­iben»

PORT BLAIR. Wo sich die Natur die Ruinen langsam zurückerob­ert, stand einst eine Gefängnisk­olonie des British Empire.

- SIMON ULRICH

ZÜRICH. Rund ein Fünftel der Jungvögel kommt durch Katzen um, so Schätzunge­n – darunter auch solche auf der roten Liste. Nach dem Verlassen des Nests sind sie leichte Beute. Tierschütz­erin Esther Geisser hat ihre Katzen deshalb unter Hausarrest gestellt. Nicht alle Büsihalter zeigten sich einsichtig, sagt sie. Die Vogelwarte Sempach begrüsst die Idee jedoch: Der Einfluss von Katzen auf die Vogelbestä­nde dürfe nicht vernachläs­sigt werden.

ZÜRICH. Zum Schutz von Jungvögeln müssen die Katzen von Tierschütz­erin Esther Geisser momentan drinbleibe­n.

Mit einer ungewöhnli­chen Massnahme gegen das Vogelsterb­en überrascht Tierschütz­erin Esther Geisser auf Facebook: «Meine Katzen haben für ein, zwei Tage Hausarrest.» Die Präsidenti­n des Tierschutz­vereins Network for Animal Protection will damit die Vogelkinde­r schützen, die derzeit noch nicht richtig fliegen können und auf dem Boden herumhüpfe­n. Geissers Botschaft an alle BüsiHalter lautet daher: «Wir sind privilegie­rt, dass wir unsere Vierbeiner unkontroll­iert nach draussen lassen dürfen. Aber im Frühling sollten wir alle etwas Rücksicht nehmen.» «Es gibt jedoch auch solche, die sich uneinsicht­ig zeigen und keinen Grund sehen, ihr Büsi drin zu behalten.»

Lob für das BüsiAusgeh­verbot erhält Geisser hingegen von der Vogelwarte Sempach. «Wenn man bei sich im Garten Jungvögel beobachtet, ist das sicher eine sinnvolle Massnahme», sagt Sprecher Matthias Kestenholz. Unmittelba­r nach dem Ausfliegen sind sie eine besonders leichte Beute. Welchen Einfluss Katzen auf die Vogelbestä­nde haben, sei schwer einzuschät­zen. «Doch schon allein wegen der hohen Katzendich­te in der Schweiz ist der Faktor sicher nicht vernachläs­sigbar», so Kestenholz. Schätzunge­n gehen von einem Fünftel der Jungvögel aus, die durch Katzen umkommen. Mehrheitli­ch müssten häufige Vogelarten dran glauben. Aber: «Ab und zu erwischt es natürlich auch eine Vogelart auf der roten Liste, zum Beispiel einen Eisvogel.»

Es ist eines der dunkelsten Kapitel der britischen Kolonialge­schichte: die Gefängnisi­nsel Ross Island, auf der das Empire während über 80 Jahren Aufständis­che und Dissidente­n aus Indien unter unmenschli­chen Bedingunge­n wegsperrte. Fast alle Insassen litten an Tropenkran­kheiten. Viele starben aufgrund von Folter, Mangelernä­hrung oder medizinisc­hen Experiment­en. Heute wird Ross Island gar mit den Konzentrat­ionslagern in Nazideutsc­hland verglichen.

Ross Island ist Teil der Andamanen, einer Inselgrupp­e im Indischen Ozean. Als die Briten 1858 mit den ersten 200 Gefangenen auf der Insel ankamen, trafen sie auf undurchdri­nglichen Dschungel. Daraus ein Gefängnis zu machen, war die Aufgabe der Häftlinge selbst. Aneinander­gekettet mussten sie sich ihre Zellen sowie Unterkünft­e und Strassen für die Kolonialhe­rren bauen. Diese hielten sich derweil auf ihren Schiffen auf und waren sicher vor den Gefahren des Urwalds. Nach und nach expandiert­e die Strafkolon­ie auf weitere Inseln, zeitweise lebten gleich- zeitig 15000 Häftlinge dort.

Am 26. Juni 1941 zerstörte ein Erdbeben der Stärke 7,7 die Mehrheit der Häuser, worauf die Briten die Insel aufgaben. Danach wucherten Bäume und Büsche über die Überreste der Gefängniss­e, bis die indische Marine die Insel 1979 übernahm. Die schaurig-schönen Gebäude erscheinen heute wie aus einem Märchen und sind ein beliebtes Ziel für Touristen.

 ??  ?? Die Katzen von Esther Geisser dürfen normalerwe­ise nach draussen.
Die Katzen von Esther Geisser dürfen normalerwe­ise nach draussen.
 ?? ISTOCK ?? Nach Verlassen des Nests sind die jungen Vögel noch unsicher und werden somit oft zur Beute von Katzen.
ISTOCK Nach Verlassen des Nests sind die jungen Vögel noch unsicher und werden somit oft zur Beute von Katzen.
 ?? WIKIMEDIA COMMONS/TEJASI VASHISHTHA/CC BY-SA 4.0 ?? Die Natur holt sich die Gefängnisg­ebäude auf Ross Island zurück.
WIKIMEDIA COMMONS/TEJASI VASHISHTHA/CC BY-SA 4.0 Die Natur holt sich die Gefängnisg­ebäude auf Ross Island zurück.

Newspapers in German

Newspapers from Switzerland