Meditation am Wasser
ZÜRICH. Es muss nicht immer Yoga sein: Wer zu sich selber finden will, kann sich auch beim Fischen versuchen.
Neulich am Freitag:
Er: «Kommst du morgen mit in die Badi?»
Ich: «Nein, morgen gehe ich fischen!»
Er: «Aber in der Badi gibt es Yogakurse. Das täte dir gut.» Ich: «Darum gehe ich ja fischen. Das ist Meditation am Wasser.» Er (nach kurzer Denkpause): «Weisst du eigentlich, was die direkteste Verbindung zwischen einem See und einem Idioten ist?»
Ich: «Keine Ahnung.» Er: «Die Angelschnur ...» Wer in der heutigen Zeit erzählt, dass er fischen geht, der erntet im besten Fall ein mitleidiges Lächeln. Oder die Frage: «Bist du krank?» Oder muss sich irgendwelche blöden Witze anhören.
Schade, denn das Fischen an Schweizer Gewässern ist durchaus mit Meditation zu vergleichen. Wie bei vielen Hobbys ist auch beim Fischen der Weg das Ziel. Es geht den meisten Anglern nicht darum, in kürzester Zeit die dicksten Fische an Land zu ziehen, sondern es geht um die Ruhe. Die Einsamkeit, wenn der Morgendunst noch über dem See oder dem Fluss liegt. Das Warten auf den Biss. Oft vergebens. Und trotzdem befriedigend.
Das schätzen zumindest die über 100000 Personen in der Schweiz, die laut neusten Statistiken regelmässig fischen. Die begehrtesten Arten in den Seen sind Egli, Felchen und als Krönung der Hecht, der auch in der Schweiz bis zu 1,5 Meter lang und 20 Kilogramm schwer werden kann. In den Schweizer Bächen und Flüssen angeln Hobbyfischer bevorzugt auf Forellen und Äschen. Im Schnitt gehen die Schweizer Hobbyfischer an rund 34 Tagen pro Jahr angeln – am liebsten in den Kantonen Bern, Graubünden und Obwalden. Für ihr Hobby geben sie pro Kopf und Jahr durchschnittlich 2124 Franken aus, hochgerechnet ergibt dies jährliche Ausgaben von 212 Millionen Franken.