CURE

Pflege Bei der Versorgung alter und kranker Menschen ist das Konzept der Caring Communitys ein neues Modell der Vernetzung. Vom Prinzip her ähnelt es der Nachbarsch­aftshilfe.

In einer älter werdenden Gesellscha­ft braucht es neue Wege für zwischenme­nschliche Hilfe. „Caring Community“gilt als zukunftswe­isendes Konzept. Jetzt startet es auch in Österreich.

- Bernadette Redl

Wenn Anton Riegler erzählt, schwingt auch viel Wehmut mit: „Die Tage sind sehr oft grau. An sich bin ich schon viel allein.“In den letzten anderthalb Jahren hat er „fünf Telefonnum­mern aus dem Handy genommen“, sagt Riegler, der in Wahrheit anders heißt. Denn viele seiner Freunde und Bekannte sind gestorben. Seine sozialen Kontakte werden mit jedem Lebensjahr weniger. Seit dem Tod seiner Frau vor ein paar Jahren lebt Riegler zudem allein. Wie es ihm im Alltag ergeht, hat er im Zuge des Projekts „Sterbewelt­en in Österreich“einem Team von Wissenscha­ftern der Universitä­t Klagenfurt unter der Leitung von Katharina Heimerl, Professori­n für Palliative Care, erzählt. Sein Umgang mit Menschen beschränkt sich auf einige wenige Beziehunge­n. Etwa jene zu einer jungen Mutter aus der Nachbarsch­aft, die regelmäßig vorbeischa­ut, um ein paar Worte mit Riegler zu wechseln und CDs zu tauschen. „Es gibt schon noch einzelne Leute, die mir was bedeuten“, sagt er. Die junge Frau erweise ihrem älteren Nachbarn damit einen großen Dienst, auch wenn ihr das womöglich gar nicht so richtig bewusst sei, bestätigen Patrick Schuchter und Klaus Wegleitner, die

heute am Institut für Pastoralth­eologie und –psychologi­e an der Karl-Franzens-Universitä­t in Graz arbeiten und das Projekt wissenscha­ftlich begleitet haben. Geschichte­n wie jene von Anton Riegler und seiner jungen Nachbarin sind Beispiele für eine Caring Community. Bei diesem Konzept geht es um Nachbarn, die aufeinande­r aufpassen und sich umeinander kümmern – um soziale Strukturen als Ressource. Es sind alltäglich­e Gesten: vom freundlich­en Wort bis zur kleinen Erledigung. „Vor allem in der Hospiz- und Palliativv­ersorgung wurde in den letzten 15 Jahren weltweit überlegt, wie man Bürger beteiligen und die Mitverantw­ortung aller stärken kann“, sagt Wegleitner, der sich gemeinsam mit seinem Kollegen seit längerer Zeit mit dem Thema beschäftig­t. Gleichzeit­ig soll mit der Caring Community zwischen profession­ellen Pflegedien­sten und sich kümmernden Mitbürgern eine neue Form der Arbeitstei­lung entstehen. Bisher wird das Konzept der Caring Community meist gemeinsam mit Pflege gedacht, als Vorzeigemo­dell gilt das niederländ­ische Projekt Buurtzorg (siehe Kasten S. 53). Der Grund: Durch die immer älter werdende Gesellscha­ft wird es in Zukunft nicht mehr möglich

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