INNOVATIVES WIRKPRINZIP
„Der Einsatz innovativer Zell- und Gentherapien stellt einen wesentlichen Fortschritt in der Behandlung hämatologischer Tumorerkrankungen dar“, erklärt Univ.-Prof. Dr. Ulrich Jäger, Leiter der Klinischen Abteilung für Hämatologie und Hämostaseologie an der Medizinischen Universität Wien.
Wie unterscheidet sich die CAR-T-Zelltherapie von anderen Immuntherapien?
Prof. Jäger: Moderne Zelltherapien sind ein Teil in der Gruppe der Immuntherapien und können als Weiterentwicklung der bisher bekanntesten zellulären Immuntherapie – der Stammzellentransplantation - betrachtet werden. Bei der CAR-T-Zelltherapie werden die eigenen Abwehrzellen, sogenannte T-Zellen, gentechnisch verändert, sodass sie den Tumor erkennen, der dem Immunsystem verborgen geblieben ist. Sie wird derzeit in der Behandlung hämatologischer Tumore und Leukämien bei Kindern und Erwachsenen eingesetzt, deren Zellen einen CD19-Rezeptor auf der Zelloberfläche aufweisen.
Welche Erfahrungen haben Sie in der klinischen Praxis mit neuen Zell- und Gentherapien gesammelt?
Prof. Jäger: In klinischen Studien konnten wir PatientInnen mit BZell-Leukämien und Lymphomen erfolgreich behandeln, das Gesamtüberleben nach zwei Jahren von zehn bis zwanzig Prozent auf 40 Prozent gesteigert werden. Das heißt, es besteht noch ein großer ungedeckter Bedarf, die Therapie auch für jene Patientengruppe zu optimieren, die bisher nur gering auf diese neue Therapie anspricht. Mit diesem Thema beschäftigt sich nun eine österreichweite CAR-T-Zell-Plattform, in der alle Spitäler, die diese Therapie nun in der Routine einsetzen und über die notwendige Infrastruktur verfügen, vereint sind.
Bedeuten die neuen Zell- und Gentherapien einen weiteren Schritt weg von der klassischen Chemotherapie?
Prof. Jäger: Die beiden genannten Behandlungen lassen sich kaum miteinander vergleichen. Ganz ohne Chemotherapien wird es auch in Zukunft nicht gehen, da es Hinweise aus Studien gibt, dass die Wirksamkeit durch die Kombination oder koordinierte Abfolge von Zell- und Gentherapien mit medikamentöser Therapie gesteigert werden könnte. Dazu benötigen wir Chemotherapien nach wie vor in der Vorbereitung auf eine Zelltherapie. In jedem Fall stellt die Zellund Gentherapie ein innovatives neues Behandlungskonzept im Spektrum der Präzisionsmedizin dar – wir sehen beispielsweise Erfolge bei PatientInnen, die in einem palliativen Stadium plötzlich Aussicht auf Heilung haben. Als klinische Forscher ist es unsere Aufgabe, diese Ergebnisse nun weiter zu verbessern, damit künftig noch mehr Patienten von neuen Therapien profitieren können.