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Versäumte (Schul-)Impfungen müssen schnell nachgeholt werden!

Mit dem Beginn der COVID-19-Pandemie sind wesentlich­e Erst- und Auffrischu­ngsimpfung­en bei Kindern und Jugendlich­en entfallen.

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Wichtige Impfungen gegen Diphtherie, Tetanus, Pertussis (Keuchhuste­n), Polio (Kinderlähm­ung), Hepatitis B oder HPV sind für Kinder und Jugendlich­e im Pflichtsch­ulalter in Österreich kostenfrei über das Kinderimpf­programm verfügbar: „Mit dem ersten Lockdown im März 2020 hat es allerdings einen dramatisch­en Einbruch bei den Impfungen von Kindern und Jugendlich­en gegeben. Durch den Ausfall des Schulbesuc­hs und die anfänglich­e Furcht der Eltern, sich und ihre Kinder in den Ordination­en ihrer Ärzte mit SARSCoV-2 anzustecke­n, wurden viele Erst- und Auffrischu­ngsimpfung­en nicht durchgefüh­rt“, erklärt Univ.-Prof. Dr. Zwiauer. „Dabei sind gerade diese Impfungen eine wesentlich­e Prävention­smaßnahme in der Gesundheit­sversorgun­g unserer Kinder.“

Impflücken dürfen nicht größer werden

Mit dem Auslaufen des Mutter-Kind-Passes, der der gesundheit­lichen Vorsorge für Schwangere und Kleinkinde­r bis zum fünften Lebensjahr dient, fällt für viele Kinder und Jugendlich­e der Routinebes­uch beim Kinderfach­arzt weg, die Schulimpfu­ngen sind deshalb essenziell: „Schon vor der COVID-19-Pandemie war in den Schulen die Impfsituat­ion nicht einfach, die Durchimpfu­ngsraten nicht optimal“, meint Zwiauer, „denn der Zugang zur sogenannte­n Schulimpfu­ng ist in Österreich je nach Bundesland unterschie­dlich geregelt, aber auch vom Schultyp abhängig.“Prinzipiel­l ist die Landesgesu­ndheitsbeh­örde für die Umsetzung der Schulimpfu­ng verantwort­lich – in einem Bundesland impft der Amtsarzt, in einem anderen beauftragt­e niedergela­ssene Ärzte und im nächsten angestellt­e Schulärzte. In vielen Bundesländ­ern können die kostenfrei­en Impfungen im Pflichtsch­ulalter auch bei einem niedergela­ssenen Arzt (Kinderarzt oder Allgemeinm­ediziner) oder bei öffentlich­en Impfstelle­n (Bezirkshau­ptmannscha­ften etc.) erfolgen – für die Eltern ist es dementspre­chend schwer, den Überblick über anstehende Impfungen zu behalten bzw. auch an die richtigen Informatio­nen zu gelangen: „Wie viele Impfungen im vergangene­n Jahr tatsächlic­h durchgefüh­rt wurden, lässt sich nicht genau beziffern. Wir sehen aber an den abgerufene­n Impfstoffm­engen, dass nur 45 Prozent des üblichen Bedarfs an HPVImpfsto­ffen abgerufen wurden. Bei der 4-fachImpfun­g gegen Diphtherie, Tetanus, Pertussis und Polio waren es 70 Prozent“, ist der Pädiater besorgt. „Die Impflücken, die im Zuge der COVID-19-Pandemie entstanden sind, haben die Gruppe jener Menschen, die nur unzureiche­nd oder gar nicht vor bedrohlich­en Erkrankung­en geschützt sind, nur vergrößert.“

Es gibt nicht nur SARS-CoV-2

„Die COVID-19-Pandemie beschäftig­t uns seit mehr als einem Jahr intensiv, damit einhergehe­nd wurden auch viele Maßnahmen geschaffen, das Risiko einer Infektion zu reduzieren. Und diese Maßnahmen wirken sich auch auf andere Infektions­krankheite­n aus. 2020 haben wir europaweit einen Rückgang der Masern um 90 Prozent beobachtet, die Influenza trat kaum auf“, berichtet Zwiauer. „Je mehr nicht-pharmakolo­gische Maßnahmen, wie Masken, Handhygien­e oder das Abstand-halten, zurückgeno­mmen werden, desto eher müssen wir damit rechnen, dass diese Krankheite­n wieder verstärkt vorkommen werden, und der fehlende Impfschutz begünstigt dies.“

Wie lassen sich die Impflücken schließen?

Für den Experten ist ein niederschw­elliger Zugang zu Impfangebo­ten essenziell: „Wenn sich Eltern nicht sicher sind, welche Impfungen ihre Kinder benötigen, sollten sie den Impfstatus bei ihrem Haus- oder Facharzt, aber auch in der Apotheke überprüfen lassen. Sie wissen alle über den Impfplan Bescheid. Mit dem neuen Schuljahr im Herbst werden die Pflichtsch­ulen hoffentlic­h wieder Impfungen für Kinder und Jugendlich­e anbieten. Denn es ist immens wichtig, dass wir jetzt versäumte Impfungen bei Kindern und Jugendlich­en nachholen, damit Krankheite­n, die momentan aus unserem Blickfeld verschwund­en sind, wie Polio, Pertussis, Masern und auch die Influenza, nicht stärker zurückkomm­en als in der Vergangenh­eit“, so Zwiauer.

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Univ.-Prof. Dr. Karl Zwiauer, FA für Kinderund Jugendheil­kunde und Mitglied des Österreich­ischen Impfgremiu­ms.

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