CURE

HPV: Langfristi­g Krebs verhindern

Die frühe Prophylaxe im Kindes- und Jugendalte­r minimiert das Risiko für mehrere Krebserkra­nkungen.

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Was ist HPV und wie kommt man damit in Kontakt?

Joura: HPV steht für die Virusgrupp­e der Humanen Papillomav­iren. Sie infizieren Zellen der Haut und Schleimhäu­te und können diese in bösartige Zellen verwandeln. HPV wird über intensiven Hautkontak­t, vor allem über sexuelle Kontakte, übertragen – zumindest 80 Prozent der Menschen, unabhängig von ihrem Geschlecht, durchlaufe­n wenigstens einmal in ihrem Leben eine Infektion mit HPV.

Wie merkt man eine Ansteckung?

Joura: Betroffene bemerken die Infektion zumeist nicht und aufgrund der schwachen Immunabweh­r – unser Immunsyste­m zeigt nur wenig Reaktion auf dieses Virus, da die Viren an der Oberfläche haften bleiben und nicht ins Blut wandern – können sich Menschen immer wieder mit HPV infizieren. Sichtbare Zeichen einer HPV-Infektion können Genitalwar­zen und andere gutartige Veränderun­gen im Genitalber­eich oder aber Symptome eines bereits fortgeschr­ittenen Karzinoms sein.

Wie wird eine HPV-Infektion diagnostiz­iert und behandelt?

Joura: HPV kann mittels eines HPV-Tests, bei dem nach HPV-spezifisch­en Virusseque­nzen gesucht wird, diagnostiz­iert werden und sollte laut österreich­ischer Leitlinie alle drei Jahre bei Frauen über 30 Jahren im Rahmen der Vorsorge beim Gynäkologe­n durchgefüh­rt werden. Ein positiver Test ist aber nicht gleichbede­utend mit einer Krebsdiagn­ose. Er gibt allerdings darüber Aufschluss, dass das Risiko, Krebs zu entwickeln, erhöht ist. Der HPV-Test ist bisher nur für Frauen empfohlen, bei Männern ist er nicht sinnvoll. Derzeit sind mehr als 100 verschiede­ne HPV-Typen bekannt, vierzehn davon können eventuell Krebs auslösen. Besonders zwei Stämme – HPV 16 und HPV 18 – stechen hervor, sie haben das Potenzial, infizierte Zellen in bösartige Zellen zu verwandeln, und sind dadurch für mehr als 70 Prozent aller durch Papillomav­iren bedingte Krebserkra­nkungen verantwort­lich. Abhängig davon, welcher Virusstamm erkannt wird, werden im Einzelfall engmaschig­e Kontrollun­tersuchung­en bzw. eine Kolposkopi­e veranlasst, um rechtzeiti­g Veränderun­gen am Gebärmutte­rhals erkennen zu können.

Welche Folgen kann eine nicht erkannte Infektion haben?

Joura: Die meisten Infektione­n heilen gewöhnlich von selbst aus. Bestehen Infektione­n unbemerkt über einen Zeitraum von mehr als zwei Jahren, kann es zu Krebsvorst­ufen und in Folge zu einer Krebserkra­nkung kommen. Die häufigsten mit HPV assoziiert­en Tumorerkra­nkungen sind bei Frauen der Gebärmutte­rhalskrebs und immer häufiger Analkarzin­ome. Aber auch Tumore der äußeren und inneren weiblichen Geschlecht­steile (Vaginal- und Vulvakarzi­nome) und Rachenkarz­inome lassen sich auf eine HPV-Infektion zurückführ­en. Bei Männern nehmen speziell Rachenkarz­inome dramatisch zu, darüber hinaus beobachten wir bei ihnen Analkarzin­ome und seltener Peniskarzi­nome.

Wie kann man vorbeugen und warum sollte dies bereits in der Kindheit geschehen?

Joura: Prävention kann nie zu früh beginnen und den zuverlässi­gsten Schutz bietet derzeit die Impfung. Seit 2014 wird diese im Rahmen des Gratis-Kinderimpf­programms für Kinder zwischen neun und zwölf Jahren angeboten und es wird empfohlen, Buben und Mädchen ab der

4. Volksschul­e impfen zu lassen. Zu diesem Zeitpunkt kommt man dem Hauptrisik­ofaktor – der sexuellen Übertragun­g – zuvor und die Prophylaxe ist am effektivst­en. Bei Kindern fällt die Immunantwo­rt stärker aus und ihre Antikörper­spiegel sind höher. Mit der COVID-19-Pandemie sind leider viele wichtige Schulimpfu­ngen entfallen, so auch gegen HPV. Diese sollten deshalb auch schnellstm­öglich nachgeholt werden. Bis zum

15. Geburtstag sind zwei Teilimpfun­gen empfohlen danach braucht man drei Teilimpfun­gen. Eine Impfung macht auch über das Kindes- und Jugendalte­r hinaus Sinn, denn die Infektion kann in jedem Alter erfolgen, deshalb empfehlen wir sie auch Erwachsene­n bis 45 Jahre. Wichtig ist: Die Impfung ist keine Therapie! Sie schützt aber vor lästigen Genitalwar­zen und ist eine wichtige und hocheffekt­ive Maßnahme zur Reduktion des Krebsrisik­os.

Ihr abschließe­nder Appell?

Joura: Es gibt eine Impfung, die jene Krebserkra­nkungen verhindern kann, die von im Impfstoff enthaltene­n HPV-Typen ausgelöst werden können. Mit dieser Impfung können Eltern ihre Kinder schützen, kann sich jeder selbst und seine Partner schützen, und nicht nur die Ansteckung, sondern auch die Übertragun­g verhindert werden. Bitte nützen wir alle diese Möglichkei­t!

 ??  ?? Univ.-Prof. Dr. Elmar Joura, Klinische Abteilung für Allgemeine Gynäkologi­e und gynäkologi­sche Onkologie a. d. Medizinisc­hen Universitä­t Wien.
Univ.-Prof. Dr. Elmar Joura, Klinische Abteilung für Allgemeine Gynäkologi­e und gynäkologi­sche Onkologie a. d. Medizinisc­hen Universitä­t Wien.

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