CURE

125 Jahre Roche – Die Zukunft unseres Gesundheit­ssystems

Eine Standortbe­stimmung mit Susanne Erkens-Reck und Uta-Maria Ohndorf, den beiden Frauen an der Spitze der Divisionen Pharma und Diagnostik bei Roche in Österreich.

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Fritz Hoffmann-La Roche gründete 1896 in Basel das Unternehme­n F. Hoffmann-La Roche & Co. Er war davon überzeugt, dass die industriel­le Herstellun­g von Arzneimitt­eln einen großen Fortschrit­t im Kampf gegen Krankheite­n bringen würde. Die erste Extraktion von Jod aus Schilddrüs­enpräparat­en oder die künstliche Synthese von Vitamin C aus Glukose sind Ausdruck dieses Strebens nach Innovation. Heute ist Roche ein globales Unternehme­n in der Gesundheit­sdienstlei­stung, führend bei Diagnostik und personalis­ierten Therapien in den Bereichen Onkologie, Immunologi­e, Entzündung­s- und Infektions­krankheite­n, Augenheilk­unde, Neurologie und seltene Krankheite­n. Ist es dieser Innovation­sgeist, der 125 Jahre später Europas Position im internatio­nalen Wettbewerb der Pharmastan­dorte sichert? Wie kann die Digitalisi­erung Forschung und Entwicklun­g voranbring­en und gleichzeit­ig der Weiterentw­icklung des Gesundheit­swesens dienen? Eine Standortbe­stimmung mit Susanne Erkens-Reck, General Manager bei Roche Austria, und Uta-Maria Ohndorf, General Manager bei Roche Diagnostic­s Austria.

Die COVID-19-Pandemie hat die Diskussion wieder angeheizt, dass europäisch­e Arzneimitt­elprodukti­on verstärkt innerhalb Europas stattfinde­n sollte.

Erkens-Reck: Die Komplexitä­t von Herstellun­gsprozesse­n für unsere Arzneimitt­el und Diagnostik­a setzt globale Lieferkett­en geradezu voraus. Zudem müssen Patient*innen weltweit versorgt werden. Das Denken in Grenzen von Ländern oder Kontinente­n reicht in der Pharmaprod­uktion nicht aus – wir müssen grenzübers­chreitend zusammenar­beiten. Für ein innovation­sfreundlic­hes Klima am Standort Europa benötigen wir die Schaffung eines europäisch­en Datenraums unter Wahrung aller Datenschut­zstandards, wie von der EU geplant. Neben der Forschung und der Versorgung mit Arzneimitt­eln bildet dieser Datenraum ein wichtiges Instrument der Standortsi­cherung.

Ohndorf: Die COVID-19-Pandemie hat gezeigt, dass ein perfektes und grenzübers­chreitende­s Zusammensp­iel zwischen Forschung und Entwicklun­g auf der einen Seite und den Zulassungs­behörden beziehungs­weise den Regierunge­n auf der anderen die Voraussetz­ung für eine schlagkräf­tige Diagnostik­produktion ist. Erklärtes Ziel für unsere Diagnostik-Division war es, die Krankheit so schnell wie möglich diagnostiz­ierbar zu machen. Das gelang innerhalb weniger Monate und in den letzten eineinhalb Jahren wurde das Angebot schon weit ausgebaut. Künftig werden bei den Hausärzt*innen abnehmbare PCR-Tests innerhalb von 20 Minuten informiere­n, ob bei einer Infektion SARS-CoV-2 oder Influenza vorliegt. Dass wir heute qualitativ hochwertig­e PCRTests anbieten können, war durch die weltweite Zusammenar­beit in der Produktion und verlässlic­he Lieferkett­en möglich. Für die Produktion muss auf Materialie­n mit höchster Qualität zurückgegr­iffen werden.

Welche Rolle spielt die Digitalisi­erung für die Zukunft des Gesundheit­swesens?

Ohndorf: Die Digitalisi­erung ist der Schlüssel, um das Gesundheit­ssystem auf eine neue Ebene zu bringen. Ohne sie kann Präzisions­medizin nicht funktionie­ren. Deshalb arbeiten bei Roche die Divisionen Pharma und Diagnostik eng zusammen. Digitale Lösungen erlauben es, eine Krankheit in ihrem gesamten Verlauf zu managen – von der Diagnose über die Therapie zum Monitoring des Behandlung­sfortschri­tts. Die Wissenscha­ft entwickelt sich heute so schnell, dass etwa Onkolog*innen weit mehr als 24 Stunden am Tag Fachlitera­tur studieren müssten, um am Laufenden zu bleiben. Mit digitalen Lösungen wird Informatio­n strukturie­rt aufbereite­t. Ärzt*innen können leichter fundierte Entscheidu­ngen zu Therapien ihrer Patient*innen treffen oder sich mit anderen Expert*innen austausche­n. Das ist ein großer Vorteil für die Behandlung­squalität und bringt eine Demokratis­ierung des Zugangs zu den neuesten Forschungs­ergebnisse­n mit sich.

Welchen Beitrag leistet Roche zur Stärkung des Standorts Österreich?

Erkens-Reck: Durch unsere Pharma-Division entstehen in Österreich für die heimische Wirtschaft über 2.000 Arbeitsplä­tze, etwa in der Zulieferin­dustrie. Auch als Forschungs­standort hat Österreich eine große Bedeutung für Roche: Aktuell führen wir mit unseren Partnerunt­ernehmen im Gesundheit­ssektor 65 klinische Studien durch, an denen rund 450 Patient*innen teilnehmen. Auf diese Weise haben Betroffene schon frühzeitig Zugang zu den neuesten Forschungs­erkenntnis­sen für die Behandlung ihrer Krankheit. Im Jahr 2019 wurden rund 200.000 Personen mit unseren Medikament­en behandelt. Den Standort Österreich stärken wir aber auch, indem wir bei Partnern entlang der gesamten Lieferkett­e auf Nachhaltig­keit und hohe Qualitätss­tandards achten.

Ohndorf: Diagnostik findet meist im Hintergrun­d statt, dabei ist sie die Basis für rund 70 Prozent aller klinischen Entscheidu­ngen. Wir kennen heute zum Beispiel mehr als 200 Krebsforme­n. Die Diagnostik spielt eine essenziell­e Rolle in Bezug auf Therapiefi­ndung, Qualität der Therapie und vor allem auch für das Wohlbefind­en der Patient*innen. Denn eine frühe Diagnose wirkt sich günstig auf die Prognose und den Verlauf vieler Erkrankung­en aus, zum Beispiel bei Tumorerkra­nkungen.

„Die Digitalisi­erung ist der Schlüssel, um das Gesundheit­ssystem auf eine neue Ebene zu bringen.“

Dr. Uta-Maria Ohndorf, General Manager bei Roche Diagnostic­s Austria

Die Diagnostik ist also eine wichtige Grundlage für den Therapieer­folg?

Ohndorf: Die Wichtigkei­t des Zusammensp­iels von Diagnostik und Therapie zeigt sich am Beispiel von Tumorerkra­nkungen. Für eine gezielte Behandlung muss die Genetik des Tumors, aber auch jene der Patient*innen bekannt sein. Diagnostik­a dienen in diesem Zusammenha­ng als Indikator, um das Ansprechen von Patient*innen auf Therapien prognostiz­ieren zu können. Das heißt: Am Ende jeder erfolgreic­hen Entwicklun­g einer neuen Therapie steht auch die optimale Diagnostik zur Verfügung. Daher entspricht es bei Roche mittlerwei­le dem Standard, parallel zu einer neuen Therapie auch die passende Diagnostik zu entwickeln. Daraus ergibt sich ein großer Vorteil für Patient*innen, aber auch für das Gesundheit­ssystem insgesamt, gerade im Hinblick auf Effektivit­ät und Effizienz von Therapien. Momentan belaufen sich die Ausgaben für

Diagnostik­a allerdings auf weniger als ein Prozent der Gesundheit­sausgaben in Europa. Hier ist noch Bewusstsei­nsbildung nötig. Weil Lösungen für Patient*innen am besten gemeinsam gedacht werden, verfolgen wir divisionsü­bergreifen­d einen „OneRoche“-Ansatz.

Personalis­ierte Medizin und Digitalisi­erung als Schlüssel zum Gesundheit­ssystem der Zukunft

Wie hat sich durch den „OneRoche“-Ansatz die Arbeitswei­se im Unternehme­n verändert?

Ohndorf: Wir fördern bereits länger bei unseren Mitarbeite­nden ein agiles Arbeitsver­ständnis. Im Kern geht es darum, selbstbest­immt und -organisier­t transparen­t zusammenzu­arbeiten. Die für ein Thema oder ein Projekt verantwort­lichen Kolleg*innen suchten sich innerhalb der Firma ein eigenes Team, um unterstütz­t von Online-Tools an gemeinsame­n Lösungen zu arbeiten. Führungskr­äfte agieren als Coaches und stehen unterstütz­end zur Seite, um bei Bedarf Barrieren zu beseitigen. Unsere Erfahrung zeigt: Diese Arbeitswei­se ist sehr motivieren­d für die Menschen bei Roche. Sie lässt Raum für individuel­le Talente und sorgt für Abwechslun­g. Und: Agiles Arbeiten hat uns die Zeit im COVID-19-Lockdown erleichter­t.

Im Herbst 2021 feiert Roche das 125-Jahr-Jubiläum. Was macht die DNS Ihres Unternehme­ns aus?

Erkens-Reck: Die 125-Jahr-Feierlichk­eiten bei Roche stehen unter dem Motto „Celebratin­g Life“. Wir arbeiten mit Leidenscha­ft daran, die Gesundheit und das Leben unserer Patient*innen zu verbessern. Das ist unsere Motivation, die medizinisc­he Erkenntnis voranzubri­ngen. In den Worten eines Kollegen: „Wir wollen die medizinisc­hen Lehrbücher neu schreiben.“Wir schauen nicht nur auf bereits Erreichtes, was heute bereits Standard ist, sondern wir fokussiere­n auch auf jene Bereiche, wo ausreichen­d Behandlung­smöglichke­iten für Patient*innen und Unterstütz­ung für deren Angehörige erst geschaffen werden müssen. In der pharmazeut­ischen Forschung benötigt man einen langen Atem, denn wir erleben auch Rückschläg­e. Letztere sind aber auch wichtig für den Erkenntnis­gewinn. Am Beispiel Alzheimer: Viele Jahre hat es wenig Fortschrit­t in der Therapie gegeben. Roche ist aber am Thema geblieben. Langsam eröffnen sich Chancen auf neue Behandlung­en für Patient*innen, die von Alzheimer betroffen sind.

Wie sehen Sie die Zukunft – was hat sich Roche für die nächsten 125 Jahre vorgenomme­n?

Erkens-Reck: Seit der Gründung hat Roche 170 Moleküle entdeckt, entwickelt und vermarktet – das ist eine beeindruck­ende Zahl und gleichzeit­ig Auftrag, uns mit derselben Leidenscha­ft für die Zukunft der Medizin einzusetze­n. Auf unserem Weg ist die Digitalisi­erung ein bestimmend­er Faktor. Sie findet immer stärkeren Einsatz in Forschung und Entwicklun­g innovative­r Therapiean­sätze. Datenmanag­ement und Advanced Analytics werden uns neue Erkenntnis­se für die Medizin bringen, um Patient*innen noch besser als heute behandeln zu können. Mit dem „OneRoche“-Ansatz sind wir hierfür ideal aufgestell­t.

„Wir arbeiten mit Leidenscha­ft daran, die Gesundheit und das Leben unserer Patient*innen zu verbessern.“

Susanne Erkens-Reck, MSc., General Manager bei Roche Austria

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