Elizabeth Kuiper, Executive Director Public Affairs der EFPIA
In Europa ist die Erstattung von Medikamenten in jedem Land unterschiedlich geregelt. Welche Konsequenzen hat das für Patienten?
Kuiper: Angesichts der fehlenden Zuständigkeiten für Gesundheit auf EU-Ebene haben wir in Europa kein einheitliches Gesundheitssystem und daher auch unterschiedliche Erstattungssysteme, was zu unterschiedlichen Zugangsmöglichkeiten zu Arzneimitteln führt. Eine Untersuchung der EFPIA, die W.A.I.T. Indicator Survey, zeigt beispielsweise, dass Patienten in Ländern der EU und des EWR durchschnittlich 504 Tage auf ihre Behandlung warten müssen – dabei rangiert die Zahl von 127 Tagen in Deutschland bis zu 823 Tagen in Polen. Die COVID-19-Pandemie hat gezeigt, dass es Raum für Kooperationen zwischen privaten (Pharmaunternehmen) und öffentlichen Akteuren (Behörden) gibt, etwa beim schnelleren Zugang zu Medikamenten und Impfstoffen oder bei Medikamentenengpässen. Innerhalb des derzeitigen Rechtsrahmens kann viel getan werden, um den Zugang zu Arzneimitteln zu beschleunigen. Die Europäische Kommission hat dieses Thema mit der Veröffentlichung der Pharmastrategie für Europa aufgegriffen, die im November 2020 verabschiedet wurde.
Welche Anreize können in einem modernen Erstattungssystem gesetzt werden?
Kuiper: COVID-19 hat gezeigt, dass beschleunigte Bewertungsverfahren, sogenannte Rolling-Reviews, und die Verwendung von Real-World-Daten immer wichtiger werden. Durch die laufende Prüfung von Studienergebnissen werden Arzneimittel schneller zugelassen und Patienten erhalten schneller Zugang. Die laufenden Verhandlungen für eine stärker harmonisierte MedizintechnikFolgenabschätzung sind daher sehr wichtig. Die Länge der Verhandlungen im Europäischen Rat zeigt, dass der Kommissionsvorschlag von den Mitgliedstaaten mit großer Vorsicht aufgenommen wurde. Die EFPIA hat die Vision des ursprünglichen Kommissionsvorschlags unterstützt. Demnach sollen Doppelbewertungen vermieden und die auf EU-Ebene getroffenen Bewertungen in den Mitgliedstaaten als nationale Entscheidungsgrundlage verwendet werden. Europa muss jetzt mehr denn je im besten Interesse der Patienten und der Gesundheitssysteme mit einer kohärenten Stimme zu klinischen Erkenntnissen sprechen.