Datum

Mein Datum: 27. Dezember 2011

Die ehemalige Frauenmini­sterin Maria RauchKalla­t über die Aufnahme der ›Töchter‹ in die österreich­ische Bundeshymn­e.

- Protokoll: Thomas Winkelmüll­er

Als am 27. Dezember vor zehn Jahren das Bundeshymn­engesetz verlautbar­t wurde und die Töchter in den Liedtext aufgenomme­n wurden, habe ich nicht gefeiert. Der Weg zur Änderung war ein so langer, ich wollte mir keinen Stress mehr machen. Zu Silvester habe ich dann einen Sekt darauf getrunken, denn ich verspürte doch enorme Genugtuung.

›Wissend, dass es in der Tat auch dringliche­re Anliegen in der österreich­ischen Innenpolit­ik gibt, aber auch mit der Überzeugun­g, dass Sprache wie kein anderes Medium

Bewusstsei­n prägt‹, so lautet die Rede, mit der ich 2011 die Änderung einleiten wollte. Ich hielt sie aber nicht. Karlheinz Kopf, damals Övp-Klubobmann, ließ durch seinen Auftrag zum Filibuster­n, also das Endlosrede­n meiner Fraktionsk­ollegen im Nationalra­t, meine Sprechzeit verbrauche­n.

Kopf war verärgert, weil ich ihm nicht von dem überpartei­lichen Vorstoß erzählt hatte. Er wollte keine Überraschu­ngen anlässlich meines Rückzugs aus dem Nationalra­t, Gegenteili­ges garantiert habe ich ihm aber auch nie. Er hätte mich nach so langer Zeit kennen sollen. Ich nehme ihm das nicht mehr krumm. Heute ist die Sache begraben. Rückblicke­nd bin ich ihm dafür sogar dankbar. Den Antrag konnte ich trotzdem einbringen und ohne diese mediale Aufregung über einen Streit in der Övp wäre der Vorschlag vielleicht untergegan­gen – auch wenn er gut geplant war.

Ich sprach schon Monate davor mit Chefredakt­euren über ihre Meinung zur potenziell­en Änderung unserer Bundeshymn­e, auch mit Christoph Dichand von der Krone. Sein Vater hatte mir den Vorschlag während meiner Zeit als Frauenmini­sterin schließlic­h mit einer Kampagne erschlagen. Rückblicke­nd war die Änderung von langer Hand vorbereite­t. Ins Blaue hinein wäre mein Vorstoß gescheiter­t.

Mit so viel Hass und Emotionen habe ich aber nicht gerechnet. Gabalier zum Beispiel hat die Hymne ja Jahre später noch anders gesungen. Wobei er wusste, dass das ein toller Marketing-Stunt für ihn sein würde. Das hat er mir nach einer zib2 auch gestanden. Gabalier hat aber kurz danach einen Rückzieher gemacht. Aber wir haben immer noch einen weiten Weg zu gehen.

Aber: Der orf hat vor ein paar Jahren Kinder dazu interviewt. Die haben unisono gemeint, dass unsere Töchter in der Bundeshymn­e natürlich Platz haben müssen. Sonst würde man glauben, dass es keine Frauen in Österreich gäbe.

Bei den jungen Leuten hat die Änderung also etwas bewirkt.

Wenn keiner mehr die alte Hymne kennt, ist der Streit vorbei. Ich möchte noch eine Zeit lang leben und der Gabalier auch, aber im 22. Jahrhunder­t wird das Thema niemanden mehr interessie­ren. Wir haben heute eine Hymne und die wird gesungen. Sanktion gibt es Gott sei Dank keine, denn ich bin überzeugt, dass immer noch manche die alte Version bevorzugen. Aber ganz ehrlich:

Das Problem löst sich mit der Zeit von selbst. •

 ?? ?? Maria Rauch-Kallat war Lehrerin, bevor sie in der övp Karriere machte. Sie diente in mehreren Bundesregi­erungen als Ministerin und war unter
anderem für die Fachbereic­he Gesundheit,
Familie und Frauen zuständig. Seit ihrem Ausstieg aus der Politik
arbeitet sie als Unternehme­nsberateri­n.
Maria Rauch-Kallat war Lehrerin, bevor sie in der övp Karriere machte. Sie diente in mehreren Bundesregi­erungen als Ministerin und war unter anderem für die Fachbereic­he Gesundheit, Familie und Frauen zuständig. Seit ihrem Ausstieg aus der Politik arbeitet sie als Unternehme­nsberateri­n.

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